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Die Regentin (German Edition)

Die Regentin (German Edition)

Titel: Die Regentin (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Julia Kröhn
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und...«
    Aidan schien ihr gar nicht mehr zuzuhören, sondern neigte seinen Kopf zur Seite. Bathildis freilich vermochte nicht aufzuhören, auf ihn einzureden. Wort für Wort wiederholte sie all das, was sie in Erfahrung gebracht hatte.
    »Aidan!«, schloss sie – ob seiner Unbewegtheit in Unruhe. »Aidan, bitte! Gib nicht auf!«
    »Der Herr selbst hat uns aufgegeben... er hat uns verlassen...«
    »Nein, nein, nein! Wir weilen nicht nur unter Heiden... noch nicht! Wir müssen hoffen, dass uns jemand den Männern aus dem Norden abkauft, und dann...«
    »Dann wird man uns zu Tode schinden, mich eher als dich!«
    »Das ist nicht wahr! Du bist jung und kräftig und...«
    »Mein Vater hat gesagt, ich bin ein Feigling, der sein Schwert niemals wird gerade führen können, und er hatte recht.«
    Nicht nur, dass er sich von ihr keine Hoffnung geben ließ. Zu allem Unbill quollen durch seine geschlossenen Augen Tränen und flossen über seine Wangen, bis sie ihre Hände erreichten. Sie zuckte zurück, als wäre sie in einen giftigen Sud getaucht.
    »Du heulst wie ein Mädchen!«, schimpfte sie und begann doch selbst zu zittern, plötzlich nicht minder verzagt als er. Fast trotzig fügte sie hinzu: »Ich habe die Angreifer schon einmal überlistet! Wer sagt, dass es mir kein zweites Mal gelänge? Wir müssen nur auf alles achten... was sie tun... und wie sie es tun.«
    Immerhin richtete er sich endlich auf. Der Schaum, den er vorhin gespien hatte, klebte wie Eierschale an seinen Mundwinkeln.
    »Wenn du es sagst, Bathildis...«, ächzte er.
    Dass er ihr nicht länger widersprach, setzte ihr mehr zu als seine Schwäche und sein Weinen. Dagegen lohnte es sich anzukämpfen. Doch in der schicksalsergebenen Stimme lag nichts mehr, was sie reizte, was lebendige Empörung hervorkitzelte.
    Plötzlich fühlte sie sich nicht minder erbärmlich als er, sehnte sich danach, ohnmächtig zu werden und nicht mehr zu erwachen. Vielleicht hatte er recht, und es blieb ihnen nichts anderes mehr zu erhoffen als der Tod.
    »Ach Aidan!«, seufzte sie, sank in sich zusammen und fühlte nun Tränen über ihre Wangen laufen.
    In dem Augenblick, da sie die ihren verlor, schien er an Kräften zu gewinnen. Er hob den Krug, um ihr Wasser einzuflößen, streichelte behutsam und etwas ungelenk über ihre nassen Wangen.
    »Still, still...«, murmelte er.
    Er war nicht mehr leblos, schien sie von allen Seiten einzuhüllen, wärmend und besänftigend – und erstickend.
    Nicht weinen, dachte sie, wenn ich weine, sind wir beide verloren ...
    »Weine nur!«, sagte er. »Was bleibt uns anderes, als unser Geschick zu beklagen!«
    Wir müssen uns einen Plan ausdenken, und dann...
    »Du musst dich ausruhen und schlafen, Bathildis! Sonst können wir den morgigen Tag nicht überstehen!«
    Wir müssen kämpfen, schien von Ferne und darob gedämpft eine letzte aufrührerische Stimme zu rufen, wir müssen gegen dieses Los ankämpfen...
    »Wir müssen es erdulden!«, sprach er. »Wir müssen diese Prüfung erdulden!«
    Ihre Glieder waren wie gelähmt. Kaum konnte sie die Hand heben, um ihr tränennasses Gesicht abzuwischen. Er tat es an ihrer Stelle.
    Solange wir zusammen bleiben, dachte sie, solange wir zusammen bleiben, kann kein Unheil geschehen...
    Am nächsten Tag versteckte sich die Sonne hinter farblosen Wolken, die Menschenmenge war lichter und das lange Stehen, am Holzstamm angebunden, etwas erträglicher.
    Zu ihrem Erstaunen erkannte Bathildis ein vertrautes Gesicht in ihrer Nähe – das Mädchen mit dem Namen Bruntje.
    »Immer noch hier?«, fragte sie. »Ich dachte, eine wie dich würde man schnell verkaufen können!«
    Bruntje musterte sie mit einem freundlichen Blick, den schweigenden Aidan mit einem verächtlichen.
    »Dein Bruder scheint sich wieder erholt zu haben!«, spottete sie. »Freilich glaube ich nicht, dass er heute länger durchhält als gestern. So einen bringt man hier nicht an... dich schon eher...«
    Sie beließ es nicht bei den spöttischen Worten, sondern lachte obendrein schrill. »Ich stehe hier einzig noch«, setzte sie stolz hinzu, »weil mein Besitzer den allerbesten Preis erzielen will... nicht so wie bei euch, für die man den allerschlechtesten zu vermeiden versucht!«
    Bathildis presste die Lippen zusammen, hoffend, dass Aidan dem vorlauten Mädchen etwas entgegnen würde.
    Er tat es nicht. Nun, vielleicht war es auch besser, Bruntje nicht zu beachten. Was war sie denn anderes als eine stinkende, ungebildete Sklavin?
    Hoheitsvoll

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