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Die Regentin (German Edition)

Die Regentin (German Edition)

Titel: Die Regentin (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Julia Kröhn
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Mönch zu Ende gesprochen hatte.
    Bathildis war erstaunt. Wiewohl der Mönch von diesem wuchtigen Mann überragt wurde, schien er keine Furcht zu haben, behandelte den anderen wie einen gewöhnlichen Menschen, anstatt ihn wie ein wildes Tier zu messen.
    »Schau, Aidan, schau, er redet mit ihnen!«
    Doch Aidan hatte sich schon wieder abgewendet.
    Nachdem es ein paar Mal hin und her gegangen war, schleppte Answin seinen schweren Leib wieder her zu ihr. Der Blick der dunklen Augen schien sich verlangsamt zu haben – als habe er genug herausgefunden, als lohne sich das wachsame Beobachten nicht länger.
    »Bitte!«, begann Bathildis wieder zu flehen. »Bitte, wer sind diese Männer... was haben sie vor? Was...«
    Erneut unterbrach er sie, indem er den Arm hob. »Wie es scheint, sind es Friesen«, murmelte er – bestätigend, was Bruntje gestern schon gesagt hatte. Seine Stimme klang nicht länger hoch und schmeichelnd wie die eines Weibes, sondern gleichgültig. »Eigentlich sind das ehrliche Kaufleute. Sind nach Britannien gesegelt, um mit den Königen deines Volkes ins Geschäft zu kommen. Brachten kostbare Glasarbeiten aus dem Rheinland mit. Auch gemünztes Silber und schwere Mörser aus edlem Stein. Nun, dies alles nahm man ihnen gern ab. Doch den vereinbarten Kaufpreis blieb man ihnen schuldig. Ein paar tüchtige Sklaven wären das gewesen.«
    Bathildis wusste nicht, warum er in derart kurzen Sätzen sprach – weil er es nicht besser konnte oder weil er maulfaul war. Überhaupt schien ihn das Stehen anzustrengen.
    »Und sie haben sich für den Betrug gerächt, indem sie freie Bauern verschleppten... und uns?«, fragte Bathildis empört.
    Auch jetzt zeigte der Mönch weder Mitleid noch Entrüstung über solches Unrecht, sondern sah sich nur nachlässig um. »Gibt’s noch andere – außer dir und diesem Kerl hier?«
    »Sie haben alle anderen Gefangenen verkauft, nur uns nicht!«, berichtete sie hastig.
    Seine Mundwinkel verzogen sich flüchtig nach oben.
    »Wundert mich nicht«, entgegnete er und schirmte erneut seine Augen mit einer Hand gegen das Licht ab.
    »Bitte!«, rief Bathildis, und sie zog erneut an den Fesseln in höchster Sorge, er könnte gehen, ohne etwas für sie getan zu haben. »Bitte helft uns!«
    Ein letztes Mal maß er sie – Bathildis etwas länger als Aidan.
    »Ich werde sehen, was sich machen lässt«, sprach er und ging.
    Die nächsten Stunden gab Bathildis das Schauen und Suchen und Beobachten erstmals auf. Wissend, dass sie nicht mehr für ihre Rettung tun konnte, lehnte sie den Kopf zurück, stützte ihn so bequem wie möglich auf und schloss die Augen. Erstmals seit langem war es ein angenehmes Dunkel – weder ein namenloses Loch, in das sie fiel, noch verstörende Schatten, die furchterregend tanzten.
    Es stand ihr frei, die Träume selbst zu wählen, und sie tat’s, indem sie all die lauten Stimmen wegdachte und einzig auf das Meeresplätschern lauschte, das unaufgeregt klang, beinahe friedvoll.
    Ob dieses vertrauten Klanges war sie nicht länger nach Quentovic verbannt, sondern heimgekehrt ins Kloster... zu jener Küste, die an lichten Tagen und in sternenklaren Nächten zu sehen war und die ein Gefühl von Weite schenkte.
    Stets war das Kloster für sie nur ein vorläufiger Bestimmungsort gewesen; jetzt ward er Heimat, die einzige, die sie je gekannt hatte. Die scheue Hereswith war in Gedanken nicht nur beste Freundin, sondern geliebte Schwester, die bösartige Godiva eine, die man gern erträgt, die Äbtissin mit den talgigen, ungewaschenen Haaren...
    Sie schreckte hoch; Aidan hatte sie angestoßen. Sie hatte nicht nur vor sich hingeträumt, sondern war auch eingenickt, erstmals ein Schlaf, der wahrhaft Kräfte schenkte. Sie fühltesich erfrischt – zumindest solange, bis sie Aidans Gesichtsausdruck bemerkte.
    »Was...?«, stieß sie aus, ihr Herz tat einen schmerzhaften Sprung.
    Ängstlich und bleich hatte er in den letzten Tagen immer dreingeschaut, das erschreckte sie nicht. Umso mehr jedoch stimmte sie bange, dass der Kummer in seinen Zügen so wach war, so lebendig: Seine Augen waren weit aufgerissen, seine Lippen bebten.
    »Was?«, stammelte sie erneut.
    Sie folgte seinem Blick und begriff anfangs nicht, was ihn derart bestürzte. Bruder Answin war wieder zurückgekehrt, sprach fuchtelnd und mit Fistelstimme mit einem der Nordmänner. Mehrmals deutete er auf Bathildis, nicht auf Aidan. Noch ehe ihr aufging, dass er manch lateinischen Brocken in seine Rede mischte und sie

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