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Die Regentin (German Edition)

Die Regentin (German Edition)

Titel: Die Regentin (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Julia Kröhn
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Bathildis flehentlich und schrie noch lauter den Psalm.
    »Conturbatus sum a voce inimici et a tribulatione peccatoris...«
    Endlich blieb der Mönch stehen. Es war freilich nicht gewiss, ob es wegen ihres Schreiens geschah, denn er drehte sich nicht sogleich um, sondern sprach mit einem der Nebenstehenden. Bathildis zögerte, ihn zu unterbrechen, wiewohl es schwer war, Geduld aufzubringen. Unwillkürlich zog sie an ihren Fesseln, die so fest waren, dass sämtlicher Blutfluss gehemmt wurde und sich ihre Finger schon lange taub anfühlten.
    Bruntje indessen war ihrem Blick gefolgt und hatte erkannt, wem das klägliche Rufen galt.
    »Rufst du nach dem Mönch?«, fragte sie. »Den kenne ich! Der lässt sich seit einigen Tagen hier volllaufen!«
    Sie rümpfte verächtlich die Nase.
    »Weißt du, wie er heißt?«, fragte Bathildis hastig.
    »Wenn ich mich nicht täusche, ist er ein Sachse, und sein Name ist Answin. Freilich meine ich, dass es nicht viel Sinn...«
    »Bruder Answin! Bruder Answin! Helft uns!«, gellte Bathildis quer über den Platz. Manch misstrauische Blicke fielen auf sie. Es war nicht üblich, dass Gefangene so viel Kräfte hatten, um zu schreien. Einer der blonden Riesen erhob sich bedrohlich, als wollte er zeigen, wie schnell er ihr diese auszutreiben gedachte.
    Doch endlich hatte sie ihr Ziel erreicht; der Mönch drehte sich um und schirmte mit einer Hand seine Augen ab, um zu erspähen, wer da nach ihm gerufen hatte.
    Er sah nicht aus wie jene gottgeweihten Männer, die Bathildis vom Kloster ihrer Kindheit kannte. Jene waren alt und ausgezehrt gewesen, sehr blass und sehr mager. Jener Bruder Answin jedoch war klein und grobschlächtig, und der Wanst, der sich unter der grauen Kutte blähte, glich dem einer bald Gebärenden. Die Haut seines Gesichts war wächsern gelb, nur auf den Wangen tanzten rote Flecken, und die Nase war fast blau ob der vielen kleinen Äderchen, die sich wie Würmer unter der Oberfläche krümmten.
    Doch wenn er auch nicht aussah wie ein Priester – so schien er sich endlich wie ein solcher zu verhalten: Er stellte sich Bathildis’ flehentlichem Blick nicht länger blind, desgleichen nicht taub für ihre Stimme, sondern kam mit platten Füßen zu ihr hergewatschelt.
    »Versteht Ihr mich, Bruder Answin? Versteht Ihr meine Sprache?«, fragte sie noch über die Entfernung einiger Schritte hinweg.
    Er antwortete nicht, aber in seinem Gesicht breitete sich zumindest kein Unverständnis aus. Anders als sein schwerfälliger Leib waren seine Augen flink, huschten über sie und Aidan und schienen alsbald zu gewahren, dass jene beiden sich von grobschlächtigen, hart arbeitenden Bauern unterschieden.
    »Dein Name?«, fragte er schließlich.
    Bathildis seufzte erleichtert und nannte mehr als diesen. Sie erzählte von ihrem Vater Thorgil und dessen schändlichem Tod, von ihrer Erziehung im Kloster und dem Überfall der Männer aus dem Norden. Schließlich stieß sie Aidan an, damit auch jener etwas hinzufügen konnte – von dem entsetzlichen Unrecht, das ihnen, den Fürstenkindern, da widerfuhr, dass sie wie Vieh behandelt wurden.
    Aidan regte sich nicht – jedoch nicht von der schlaffen Gleichgültigkeit und Erschöpfung der letzten Tage gehemmt. Als sie ihm einen kurzen Seitenblick zuwarf, las Bathildis Verachtung in seinem Gesicht.
    Welch schäbiger Mönch!, dachte er sich wohl. Aufgedunsen, fett, versoffen!
    Sie ärgerte sich darüber. Solch strengen Maßstab anzulegen war unangemessen, wenn doch er, Bruder Answin, der Erste war, der sich für ihr Geschick interessierte. Zumindest schien es so, denn er unterbrach sie nicht, sondern hörte aufmerksam zu und ließ den wachen Blick wandern, ohne dass der Dunst von Met, der seiner Kutte nachhing, seine Stirn umwölkte.
    »Bitte!«, rief Bathildis schließlich. »Bitte! Wir kommen aus bester Familie... der König von Northumbrien selbst wird sich erkenntlich zeigen, wenn Ihr...«
    Sie kam nicht weiter. Bruder Answin schien genug gehört zu haben, hob die Hand und winkte ab. Mit gleicher Langsamkeit, mit der er vorhin zu ihr geschwankt war, wandte er sich an einen der blonden Krieger.
    Das sind doch Heiden!, wollte Bathildis ihm zurufen. Sie verstehen unsere Sprache nicht!
    Doch schon befand sich Bruder Answin in einem eifrigen Gespräch, antwortete auf die kehligen Laute des Nordmannes mit munterem Singsang, fast ein wenig zu hoch für einen Mann. Trotzdem schien der andere zu verstehen, ließ ihn reden und antwortete erst, als der

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