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Die Regentin (German Edition)

Die Regentin (German Edition)

Titel: Die Regentin (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Julia Kröhn
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als sprächest du ein paar Brocken Latein...«
    Nicht nur seine Stimme wurde forscher. Er trat näher zu ihr, starrte von oben herab auf sie, machte Anstalten, sich auf der Bettkante niederzulassen. Bathildis vergrub sich noch tiefer im Bett, das sie plötzlich mehr eine Falle deuchte denn ein Zufluchtsort.
    »Bathildis...«, brachte sie schließlich hervor. Sie konnte nur flüstern, die Stimme war noch rau vom Fieber. »Mein Name ist Bathildis...
    Er beugte sich noch näher zu ihr, so dicht, dass sie ihn riechen konnte. Er war der erste Mensch seit langem, der nicht nach Schweiß und Schmutz stank, sondern einen süßlichen Geruch verströmte, wie nur einer es tat, der sich regelmäßig wusch und parfümierte. Trotzdem scheute sie seine Nähe, die so selbstverständlich, so besitzergreifend war. Sie grub ihren Kopf tiefer ins Kissen, presste die Hände schützend um den Leib – und schrie auf, als sie gewahrte, was sie trug: Es war dies nicht ihr zerfledderter Kittel aus Schafwolle, sondern ein Stoff, der sich weich und gleichsam glitschig anfühlte. Über jenes federleichte Kleid war ein Umhang gebunden, dessen Kragen mit Pelz gesäumt war, so flaumig, als griffe man in die Daunen von frisch geschlüpften Küken.
    Ihr Schrei verstärkte sein Lächeln – und furchte zugleich noch mehr die Falten um seine Augen, gleichso, als bereite es ihm zwar Vergnügen, mit ihr zu sprechen, als könnte er jenes aber jederzeit verlieren.
    »Nun, ich konnte dich doch nicht in deinem dreckigen, feuchten Sack belassen!«, sprach er, ein wenig neckisch, ein wenig höhnend. »Hast du jemals so ein edles Gewand besessen?«
    Das hatte sie nicht. Selbst als sie noch keine Sklavin war, hatte sie nur Kittel aus Leinen oder Schafwolle getragen. Freilichwollte sie seine Frage, mit der er offenbar prüfte, ob sie hoher Herkunft war, nicht verneinen.
    Zögernd ging sie zur Gegenfrage über: »Wo... wo bin ich? Wer seid Ihr? Wart Ihr es, der mich gerettet hat?«
    »So sollte man meinen«, entgegnete er, und sein Lächeln wurde nachsichtig, als wollte er zeigen, dass er keiner war, der auf Fragen antworten musste, aber es in diesem Fall aus Gutmütigkeit tat. »Ich war mit meinen Männern auf der Jagd, als der Schneefall einsetzte. Wir ritten zurück... und an dir vorbei. Um dich herum waren keine Fußstapfen, du hast gelegen, als wärst du direkt vom Himmel gefallen wie der Schnee, und du warst so kalt gefroren, dass alle meinten, du wärst schon hinüber. Doch deine Glieder wurden alsbald wieder biegsam und weich, kaum dass ich dich in einem Zuber mit heißem Wasser badete.«
    Bathildis blinzelte. Das Schauen strengte sie an. Doch am meisten setzte ihr zu, wie sich der Magen zusammenkrampfte, ihr speiübel wurde.
    In einem Zuber... mit heißem Wasser...
    Es war nicht nur ein Traum oder eine Fieberfantasie gewesen. Er hatte sie tatsächlich entkleidet, gebadet... berührt... und er schien es nicht unziemlich zu finden, eher belustigend. Immer noch wusste sie, dass es klüger wäre, nüchtern zu bedenken, was sie tun sollte, wie sie mit ihm umzugehen hatte. Doch als sie ihn entsetzt anstarrte, so deuchte sie sein Gesicht nicht länger freundlich und neugierig, sondern ekelhaft lüstern, und bei der Vorstellung, was er mit ihr gemacht hatte, so sah sie das trübe Wasser vor sich, in dem Sicho gehockt hatte, als er sich das erste Mal an ihr vergriffen hatte.
    Sie grub den Kopf nicht länger ins Kissen, sondern fuhr unwillkürlich hoch – so heftig, dass sie fast mit seinem Gesicht zusammengestoßen wäre.
    »Wie konntet Ihr das tun?«, entfuhr es ihr. »Wie konntet Ihr Euch an mir vergreifen! Wisst Ihr nicht, wer ich bin?«
    Ihre Stimme war noch immer rau, doch laut genug, um zänkisch zu klingen. Mit jedem Wort verkniff er mehr die Augen.
    »Ei freilich weiß ich, wer du bist«, gab er schroff zurück. »Ein hübsch anzusehendes Mädchen. Glaubst du, ich hätte dich auf mein Pferd gehievt, wärst du eine alte Vettel?«
    »Ich bin die Tochter eines Fürsten!«, brach es aus ihr hervor.
    Er erhob sich, ein wenig ächzend, was sein Alter verriet, und blickte wieder von oben auf sie herab. »Siehst mir aber nicht aus wie eine Fürstentochter!«
    Obwohl sie ihn nicht mehr roch, schien er ihr noch näher als zuvor, sie ihm noch mehr ausgeliefert.
    Ein edler Mann. Auf der Jagd. Ein heimatloses Mädchen, das nichts besaß – außer einer anmutigen Gestalt und einem hübschen Gesicht. Sie war ihm zugefallen wie ein Gottesgeschenk, und er ergriff es

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