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Die Regentin (German Edition)

Die Regentin (German Edition)

Titel: Die Regentin (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Julia Kröhn
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Leutsinda im Hofe, ihre zwei Töchter im Gefolge, und kaum, dass sie Bathildis’ ansichtig wurde – ob nun schmutzig oder nicht –, so war ihr willkommener Anlass gegeben, dem Gatten schändliche Worte zu sagen.
    »Mit diesem Mädchen also sprichst du, ha! Und hast für dein Weib doch niemals ein Wort. Als wäre ich Luft, behandelst du mich – um dreckigen Sklavinnen nachzukriechen! O, du erbärmlicher Schuft!«
    Nun, da sie, blass wie ein Gespenst und gefurcht wie ein altes Weiblein, selbst auf Erchinoald losging und auch die Stimme an Gewicht und Kraft verloren hatte, zeigte jener nicht alten Überdruss, sondern Mitleid.
    Er antwortete Leutsinda nicht, aber starrte Bathildis an.
    Siehst du, schien er ihr zu sagen, bald ist die Alte verblutet... dann hätte ich dich rechtmäßig zu meinem Weib machen können ... hättest du mir denn bis dahin bewiesen, dass du ein liebreizendes Mädchen wärst, das mir den Tag versüßt...
    Leutsindas Stimme wurde schwächer, noch ehe sie Bathildis vertrieben hatte. Itta hingegen presste zunächst die Lippen zu einem Strich – dem Streit der Eltern lauschend, als bereite er ihr Schmerzen – und grollte dann an ihrer Mutter statt in Bathildis’ Richtung:
    »Hau ab, Mädchen! Siehst du nicht, was du anrichtest?«
    Sie hob die Hand, um ihr wie einst eine Ohrfeige zu verpassen,doch diesmal duckte sich Bathildis wendig, und die Hand der anderen traf sie nur leicht an der Schulter.
    Gertrude hingegen, deren Blick wirr umherschoss, ohne zu wagen, sich an jemandem festzuhalten, begann wieder zu plappern, nichtig und sinnlos und ohne Ende...
    Bathildis eilte fort, um keinen mehr zu hören, freilich so zermürbt und verzweifelt und plötzlich auch wieder so ermüdet wie seit vielen Wochen nicht mehr, dass sie nicht zurück in die Küche lief, sondern in entgegengesetzte Richtung.
    Sie kannte Rueil nicht sonderlich gut, fand sich nicht so schnell zurecht wie auf der Pfalz von Paris oder Soissons, doch trotzdem hatte sie bald den Tümpel entdeckt, von dem ein kleines Bächlein fortfloss und in dem sie noch vor kurzem Wäsche gespült hatte.
    Jetzt drängte es sie, sich selbst zu waschen.
    Sie musste sich reinigen.
    Sie musste Erchinoalds gleichsam entsetzten wie höhnischen Blick abwaschen, Ittas Versuch, sie zu schlagen, Leutsindas keifende Worte.
    Ja, das alles musste sie von ihrer Haut schrubben, vor allem aber die Wut. Diese Wut galt nicht Erchinoald oder seinem Weib oder seinen Töchtern. Ihr selbst galt sie; auf sich selbst schrie sie ein, jeden Anstand vergessend: Wie konntest du so dumm sein, Erchinoalds Angebot auszuschlagen? Warum hast du dir von ihm nicht zu einem würdigen Leben verhelfen lassen? Was war es wert, ihn mit dem Hochmut einer Fürstentochter abzuweisen, obwohl du längst keine Fürstentochter mehr bist?
    Sie stöhnte auf, suchte ihrem Zorn etwas entgegenzusetzen.
    Aidan, beschwor sie seinen Namen, ich habe doch Aidans wegen...
    Da traf die Wut auch ihn.
    Was lohnte es sich, an diesen Schwächling zu denken, wo jener wohl längst gestorben war? Was war sie ihm schuldig, woer selbst doch feige zugesehen hätte, wie die Männer aus dem Norden sie geschändet hätten? Was nützte es Aidan, wenn sie hier schuftete und sich abrackerte, anstatt es sich – zum geringen Preise der Keuschheit – leichtzumachen?
    Oh, wenn diese Stimme nur schwiege! Ertränken musste sie sie, im tiefen Wasser ersäufen!
    Sie stieg mitsamt den geflickten Kleidern hinein, bis zu den Knien erst, dann bis zu den Hüften; schließlich konnte sie mit den Füßen kaum noch den Grund fühlen und ließ das ganze Haar im kühlen, reinigenden Nass versinken. Sie ahnte, dass sie später in der nassen Kleidung frieren würde und auch, wie gefährlich es war, derart tief in den Tümpel zu steigen – was wäre, wenn der Grund nachgäbe und sie ertränke?
    Oh, soll es doch so sein! Und wenn ich stürbe, es wäre mir gleich!, dachte sie hoffnungslos und begann, sich zu schrubben, bis sämtliche Haut wund und rotgerieben war, aber zumindest sauber. Den ganzen Kopf tauchte sie ins Wasser, bis selbst der Grind hinter den Ohren weichgespült und abzureiben war. Prustend tauchte sie mehrmals auf, um Atem zu holen, jedoch nicht bereit, dem Tümpel wieder zu entsteigen.
    Das Licht wurde trüber, die Dämmerung setzte ein. Sie wusste, dass sie zurückgehen musste – und fühlte sich immer noch nicht sauber. Erst als sie am ganzen Leib zitterte und ihr die Zähne klapperten, entstieg sie dem Tümpel wieder.

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