Die Regentin (German Edition)
bist.«
»Ach Itta!«, rief Gertrude lachend, als verheiße die bloße Erwähnung dieses Namens unendliches Vergnügen.
Bathildis zuckte bei dem grellen Laut zusammen.
Nein, schwatzte Gertrude alsbald bereitwillig, Itta sei seit Tagen schon damit beschäftigt, das richtige Kleid und den richtigen Schmuck auszuwählen... für jenen großen Anlass, der in wenigen Tagen bevorstünde... Das Weihnachtsfest sei nicht damit gemeint. Kurz zuvor würde nämlich... aber wüsste sie, Bathildis, nichts davon?
»Nein, ich weiß nichts!«, gab Bathildis barsch zurück.
»Gewiss!«, rief Gertude. »’s ist ja auch so, dass man dich nie im Festsaal sieht, beim Servieren von Speisen oder Met und Wein!«
»Deine Mutter hätte keine Freude, mich bei einer Arbeit zu sehen, welche weder dreckig macht noch stinkt«, warf Bathildis freudlos ein.
»So weißt du’s also nicht«, fuhr Gertrude fort und überhörte den Einwurf. »Der König feiert den Tag seiner Geburt!«
Sie rief es so triumphierend, als wäre damit alles gesagt.
»Nun und?«, gab Bathildis zurück, obwohl sie die andere eigentlich nicht durch Fragen ermutigen wollte weiterzusprechen. »Ein solches Fest kehrt jährlich wieder. Und ist’s nicht so, dass die Priester verbieten, solchen Anlass zu feiern?«
»Sei’s drum! Es zählt auch nicht der Anlass, vielmehr dass der König im großen Kreise ein Fest hält. Das tut er nicht oft; meine Mutter sagt, er gebe sich meistens scheu. Nun aber wird’s so sein, dass alle Großen des Reichs versammelt sind... nicht nur die Männer, sondern sämtliche Familien. Und das aus gutem Grund. Ahnst du ihn?«
Bathildis zuckte die Schultern.
»Nein«, gab sie trocken zurück.
»’s ist schon seit Jahren ein Kampf. Jeder will dem König die Tochter zur Gattin anbieten. Doch jener zögert aus Angst, die jeweils andere Familie zu verärgern. Man sagt, vor allem Ebroin halte ihn von der Ehe ab – du weißt, er ist des Königs engster Freund. Gewiss hat er Angst, sein Einfluss könnte schwinden.«
Bathildis schauderte unwillkürlich, des Blickes aus roten Augen gedenkend, der sie seinerzeit getroffen hatte, als sie mit nasser Kleidung aus dem Tümpel gestiegen war.
»So sagt denn jeder, dass der König sich zieren wird, die Tochter eines mächtigen Grafen zu nehmen... freilich wird er wohl heiraten müssen, und deswegen hörte ich meine Mutter zu meinem Vater sagen, warum er nicht eine von uns beiden Mädchen nimmt.«
»Du? Du sollst des Königs Gattin werden?«
»O nein! Ich bin doch nur die Zweitgeborene. Aber Itta glaubt fest daran, und darum rüstet sie sich für das Fest mit solcher Inbrunst! Freilich – und auch darüber spricht man an allen Ecken – ist nicht gewiss, ob Ebroin dieser Plan gefällt. Zwar hat mein Vater dessen Stellung nie hintertrieben und den König stets bestärkt, dem Freund aus Kindertagen zu vertrauen. Andererseits aber gilt, dass mit solcher Wahl zugleich mein BruderLeudesius dereinst – wenn mein Vater nicht mehr ist – der neue Major Domus wäre... und das ist nicht im Sinne Ebroins!«
»Und der König... kann er nicht eine Entscheidung treffen ohne diesen Ebroin?«
Wohl nicht, ging ihr selbst die Antwort durch den Kopf – und sie erinnerte sich an die Worte, die Oda ihr zugeflüstert hatte.
»In jedem Fall sagt meine Mutter, dass dies das Letzte sei, was sie vor ihrem Tod erleben wolle: Dass Itta Braut des Königs wird«, plapperte Gertrude indessen fort. »Sag, wie meinst du, soll ich die Haare flechten zu dem Fest?«
Bathildis’ Mund verzog sich zu einem bedrückten Lächeln, sie dachte an die gebleichten, trockenen Strähnen, die ihr selbst über die Schultern fielen. Seit der Fluss gefroren war, hatte sie sie nicht waschen können – und längst fühlte sie sich unwohl in ihrer Haut.
Das fragst du mich, du dummes Mädchen?, ging ihr durch den Kopf.
Einen Augenblick lang spielte sie mit dem Gedanken, dies auch laut zu sagen, Gertrude zu beschimpfen und damit deren Empörung hervorzurufen. Vielleicht würde ihr dann das Plappern versiegen und sie stattdessen eine Strafe bekommen – eine noch schlimmere als die Ohrfeige, die ihr Itta verpasst hatte.
Ja, dachte Bathildis, wenn ich nur frech bin und ungehorsam – vielleicht wird man auch mich mit der Peitsche zu Tode prügeln wie den flüchtigen Sklaven, und alles Elend hat ein Ende.
Sie rang mit sich, traf jedoch zu spät eine Entscheidung. Ehe sie nämlich böse Worte sprechen konnte, braute sich hinter ihnen Lärm zusammen.
Weitere Kostenlose Bücher