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Die Regentin (German Edition)

Die Regentin (German Edition)

Titel: Die Regentin (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Julia Kröhn
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hatte, ihn zu unterhalten?
    In jedem Falle wuchs sein Zutrauen zu ihr und reichte bald so weit, dass er sich Rat von ihr erbat: Im neustroburgundischen Aquitanien waren die Vasconia mit Bordeaux, Agen und Saintes sowie Toulouse zu einem Amtssprengel zusammengefasst worden. Er wusste nicht, wem er sie unterstellen sollte, einem Mann, der gallorömischer oder fränkischer Herkunft war.
    »Wie wär’s mit einem solchen«, setzte Bathildis leichtfertig an, niemals sonderlich interessiert an den Problemen seiner Herrschaft, aber geübt darin zu erkennen, wann er sich von ihr mehr als Zuhören erhoffte, »wie wär’s mit einem solchen, dervon einem Gallorömer gezeugt, aber von einer Fränkin geboren wurde? Gibt es nicht genügend solcher Verbindungen zwischen den großen Adelsfamilien dieses Landes?«
    Dank ihres Ratschlags war alsbald Patricius Felix gefunden.
    »Hab Dank«, sprach der König. Sein Geist, so klar auf diese bestimmte Frage gerichtet, schien sich zu klären wie der farblose Himmel. Keinerlei Stimmen verdunkelten ihn. Er schien ein ganz gewöhnlicher Mensch zu sein, ohne absonderliche Eigenheiten – und offen für ihre Worte.
    »Ihr... Ihr müsst Euch nicht bedanken«, stammelte sie unwillkürlich und fixierte seine grauen Augen. »Aber vielleicht seid Ihr so gnädig, mir meinen Wunsch zu erfüllen, von dem ich schon einmal sprach. Ich... ich will heimkehren.«
    Seine Augen weiteten sich, als hörte er diese Bitte zum ersten Mal. Sein Blick verschleierte sich jedoch nicht, sondern blieb verständnisvoll.
    »Wenn es Frühling wird«, versprach er, und sie juchzte glücklich auf, ehe er die Worte wieder zurücknehmen konnte.
    Ihre Freude war so unmäßig, dass sie vorerst nicht verlangte, er möge sein Versprechen bekräftigen. Es war ihr, als würde sämtliche Spannung von ihr abfallen, und zugleich tobte eine Kraft durch ihren Körper, die sich selbst bei ihrem einstigen mühseligen Arbeitsalltag nicht verbraucht hatte.
    Stets war sie am Abend frisch und mochte nicht an Schlaf denken. Fast schmerzhaft war’s, ruhig zu liegen, um Gertrude nicht zu wecken, sich immer wieder vorzusagen: Der König lässt mich frei, ich kann heimkehren, ich werde alles tun, um Aidan zu finden. Ich werde ihn Wiedersehen.
    Kein einziger dieser Gedanken ließ sich nüchtern zu Ende führen. Sie gingen ihr nicht bloß durch den Kopf – sie schienen zu rennen, immer voreinander davon, stets auf der Flucht vor genauer Prüfung. Nie kam ihr in den Sinn, dass der gute Ausgang noch gefährdet sein könnte. Nie ließ sie sich ängstigen vondem Gedanken, dass Aidan vielleicht für immer verschollen bliebe, ein Sklave der Friesen, geknechtet, geschlagen, vielleicht sogar schon ermordet.
    Nein, er musste es geschafft haben wie sie; vielleicht erwartete er sie längst in der Heimat. Daran hatte sie sich all die Jahre festgehalten und aufgerichtet; alles andere war jetzt undenkbar.
    Gertrude war die Erste, die ihre Freude bemerkte, wenngleich sie sie fehldeutete. »Itta ist überzeugt, dass der König dich zum Weibe nehmen wird. Ist das wahr?«
    Bathildis lachte prustend auf, so sehr, dass sie beinahe erstickte.
    »Sag ihr, sie muss sich keine Sorgen machen!«, fegte sie die Frage weg. »Trotz allem, was sie wider mich getan hat, hat sie beste Chancen, selbst Königin zu werden!«
    Wie Itta darauf reagierte, wusste sie nicht – aber eines Tages kam die gequälte Leutsinda in Gertrudes Kammer gekrochen, um mit der einstigen Sklavin zu sprechen. Bathildis war ihr seit der Stunde, da sie Chlodwigs Interesse erregt hatte, nicht mehr begegnet. Anfangs dachte sie, Leutsinda meide sie aus Furcht, dass sie ihr die schändliche Behandlung von einst heimzahlen und beim König schlecht über sie reden könnte.
    Stattdessen starrte die Alte sie erst misstrauisch, dann höhnisch an. »Bild dir bloß nichts ein«, keuchte sie. »Heute begehrt er dich; morgen wirft er dich wieder weg!«
    Bathildis straffte ihren Rücken. »Lass mich in Ruhe! Du hast mir gar nichts mehr zu sagen!«, entgegnete sie kühl – von jenem Zusammentreffen freilich nicht lang verstimmt.
    Auch Erchinoalds Blicke – viel vorsichtiger als die seiner Gattin – konnten ihr nichts anhaben. Zwiespältig war er, schien ihr die Stellung zu missgönnen und wusste zugleich, dass es gut war, einen von ihr zufriedengestellten König vor sich zu haben.
    Nur einer vermochte ihr für wenige Stunden ernsthaft zuzusetzen.
    Sie war auf dem Weg zu Chlodwig, da Ebroin sie abpasste, bleich und

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