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Die Regentin (German Edition)

Die Regentin (German Edition)

Titel: Die Regentin (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Julia Kröhn
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rotäugig wie immer und mit spöttischem Gelächter auf seinen Lippen.
    »Wie ich’s mir dachte – du gefällst dem König. Gar nicht genug kann er von deiner Gesellschaft kriegen.«
    Er trat so dicht zu ihr her, wie Chlodwig selbst es nur selten von sich aus gewagt hatte. Sie spürte nicht nur seinen warmen Atem, sie roch ihn.
    Zurückweichend dachte sie, sie könnte ihn schneller loswerden, würde sie schweigen, doch er störte sich nicht daran, sondern fuhr eifrig fort.
    »Du machst es richtig, wenn du ihn nicht dazu drängst, bei dir zu liegen. Er wär auch viel zu scheu, es zu verlangen, denn er hat bislang nicht viele Weiber gehabt. Du könntest deinen Wert nicht besser steigern, als dass du deine Keuschheit in die Waagschale wirfst.«
    Bathildis schluckte trocken.
    »Es muss dir nicht unangenehm sein, dass ich so offen spreche«, spottete er gutmütig. »Ich weiß, dass du dich Erchinoald verweigert hast. Klug gemacht – wie alles andere auch. Ich helfe gerne denen, die sich durchzuschlagen wissen.«
    Er trat in jene Richtung, wohin sie ihm zu entwischen versuchte. Noch näher rückte sein Gesicht an ihres.
    »Aber ich brauche Eure Hilfe nicht!«, wehrte sie sich. Es sollte standhaft klingen und geriet quengelnd.
    Er winkte bloß gelangweilt ab. »Verlass dich nicht auf deine forsche Schönheit! Heute kannst du den König damit blenden – morgen aber wird er vielleicht zaudern, und ich werde derjenige sein, der ihm rät...«
    »Ich brauche Eure Hilfe nicht!«, wiederholte sie. »Der König hat mir erlaubt heimzukehren – ganz ohne Euer Zutun!«
    Er kniff die Augen zusammen, und erstmals gerieten jene zu dunklen Schlitzen anstelle roten Löchern.
    »Ich kenne den König besser als du«, zischte er, »ich weiß,was von ihm zu erwarten ist und was nicht. Also lüg mich nicht an!«
    Sein warmer Speichel traf ihr Gesicht, und sie wischte ihn rasch ab, als wäre er ätzendes Gift. Wiewohl dies die letzten Worte waren, die er zu ihr sprach, und er sie, kaum ausgesprochen, stehen ließ, war hernach ihre Hoffnung verwundet. Kleinlaut wurde die überhitzte Freude der letzten Tage, vorsichtig waren die Schritte, die sie am gleichen Tag noch zum König führten.
    Bangend fragte sie ihn erstmals, ob sein Versprechen noch gelte.
    »Wenn es Frühling wird«, wiederholte er, aber er sah sie nicht an dabei.
    Sie folgte seinem Blick, der sich in die Weiten eines farblosen Himmels richtete, gespiegelt von der Seine, die gleichfalls farblos war, jedoch nicht länger eisig.
    »Aber... es ist bald Frühling«, murmelte sie und fühlte sich nicht erleichtert, sondern schäbig, weil er sichtbar zusammenzuckte. »Es treiben keine Eisschollen mehr auf dem Fluss.«
    Sie dachte, er würde nie antworten, doch dann wandte er sich ihr wieder zu und nickte. Sein Mund lächelte, seine Augen aber waren blicklos wie die eines Toten.
    Eine Woche später brach sie auf, in Begleitung zweier Mönche, die der Bischof von Soissons ins ferne Irland sandte, um dort von ihren eifrigen Brüdern in Christus zu lernen und ihnen zu helfen, die verbliebenen Heiden zu bekehren.
    In ihrer Gegenwart erinnerte sich Bathildis an den Mönch Answin und dessen Hadern, nicht im heimatlichen, sicheren Kloster bleiben zu dürfen. Gleiches Hadern zeigten nämlich nun diese beiden Brüder, wiewohl es sich nicht in Ärger entlud, sondern in unendlicher Furcht.
    Sie wechselten einander ab, sich schauerliche Geschichten von jenen Vorgängern zu erzählen, die – willentlich oder unfreiwillig –zu Märtyrern geworden waren, die man entweder erschlagen oder enthauptet hätte (ein wünschenswerter, weil schneller Tod) oder die man allerhand Folter unterzogen hätte.
    »Es gibt bei den Heiden auch solche«, rief der eine aus, »welche Menschenfleisch essen!«
    Bathildis gruselte es. Gleiches hatte sie seinerzeit auch von den Friesen gehört. Trotzdem lachte sie leichtfertig auf: »Nicht auf der grünen Insel! Die Zahl der Heiden ist geschwunden. Wohl gibt es Abtrünnige dort, die sich nicht an den römischen Kalender halten, doch zu Jesus Christus bekennen sie sich wie wir. Jedes Kloster wird Euch mit Freuden aufnehmen, so wie jeden, der vom Festland kommt und der viel versprechende Geschichten mit sich führt... vielleicht sogar Bücher.«
    Die Mönche zuckten mit den Schultern, ohne sonderlich hoffnungsfrohe Gesichter zu machen. Tatsächlich war der Karren mit reicher Fracht ausgestattet, doch bald schon ergingen sie sich wieder darin, sich sämtliche Schrecknisse

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