Die Reise-Bibel
ist, dass Kracht ein begnadeter Stilist und feiner Ironiker ist,
der zudem eine beispielhafte Geschmackssicherheit in der Wahl seiner Garderobe beweist. Da er außerdem schon fast überall
auf der Welt gewesen ist, dürfte er als Referenz auf der Suche nach den schönsten Orten dieses Planeten als Idealbesetzung
gelten. Empfehlenswert deshalb auch sein und Eckhart |89| Nickels Buch: ›Ferien für immer – die angenehmsten Orte der Welt‹. Während der Fertigstellung dieses Buches lebte der Unruheherd
Kracht zusammen mit seiner Gattin Frauke Finsterwälder in Buenos Aires, Argentinien. Das könnte sich aber seitdem schon wieder
geändert haben.
Lafer, Johann
So ein Fernsehkoch, der hat Ambitionen. Der Platz am Herd ist ihm zuweilen viel zu eng. Wie gut, dass der österreichische
Bauernbub Johann Lafer zwar eine erfolgreiche Karriere in der Küche machte, aber schon als Kind auch immer den Traum hatte,
Astronaut zu werden. Das hat er zwar nicht ganz geschafft, aber im Besitz eines Hubschraubers ist er immerhin, und mit dem
schafft er seine Gäste an die erstaunlichsten »Picknick«-Plätze am Rhein zu einer exklusiven Zwischenmahlzeit. Hochachtung
für diese phantasievolle Verquickung von Profession und Hobby ist Lafer gewiss, der inzwischen auf mehr als 180 Sendestunden T V-Küche pro Jahr kommt.
Langohr, Rolf
Nichts weniger als die »ultimative Reiseseite« hat der Vermessungsingenieur aus Maulbronn im Sinn: »die-weltreisenden.de«
nennt er seine Internetpräsenz, auf der ein Team aus bis heute bereits 12 Globetrottern über ihre vielfältigen Reisen um die Welt berichtet. Man kann dort sehen, wie es sich mit dem Fahrrad durch
Kalifornien fährt oder wie man in acht Monaten durch die Sahara von Marokko nach Syrien kommt. Kalender mit selbst produzierten
Fotos gibt’s ebenso wie Diavorträge oder Fotos für redaktionelle oder werbende Zwecke. Klar, das ist auch ein kommerzielles
Ding, das Langohr hier betreibt. Doch die Faszination des Reisens und nicht der starre Blick aufs Geld stehen bei den »Weltreisenden«
eindeutig im Vordergrund.
|90| Lévi-Strauss, Claude
Er räumte mit den Klischees von den Wilden und unzivilisierten Buschnegern auf: Claude Lévi-Strauss, der französische Anthropologe
und »wilde Denker«, wie ihn die ›taz‹ nannte, startete 1935 als Professor der Universität von São Paulo zu einer Expedition
zu den Caduveo-Indianern in Zentralbrasilien. 1937 folgte eine weitere, größer angelegte Expedition in die bislang völlig
unerschlossene Region im Mato Grosso, wo Lévi-Strauss die Sitten des Boro-Stammes erforschte. Diese Expeditionen sind die
Basis für seine beiden Bücher ›Die elementaren Strukturen der Verwandschaft‹ und ›Traurige Tropen‹ – beides Pfeiler einer
neuen, durch ihn begründeten »strukturalen Anthropologie«. Und das alles nur, weil ihm das Denken im stillen Kämmerlein nicht
behagte: »Ich bin Anthropologe geworden, weil ich der Philosophie entkommen wollte.« Dass ihn seine anstrengenden Expeditionen
nicht nachhaltig geschwächt haben, dürfte allein der Umstand beweisen, dass Lévi-Strauss 2008 seinen hundertsten Geburtstag
feiern durfte. Das nur für all jene, denen schon eine Reise nach Südspanien als gefährliche Bedrohung von Leib und Leben erscheint.
Und noch was: Mit Hosen hat dieser Mann nichts zu tun. Das war Levi Strauss aus Buttenheim.
Lilienthal, Otto
Zum Glück war Otto Lilienthal ein skeptischer Mensch, der der Ansicht, dass die Wissenschaft nun ein für alle Mal festgelegt
habe, dass der Mensch nicht fliegen könne, keine Beachtung schenkte. Stattdessen studierten er und sein Bruder den Vogelflug
und schraubten stets an allerlei Fluggerätschaften. Mit Erfolg: Offenbar war Lilienthal der erste Mensch, der Gleitflüge mit
einem Flugzeug absolvierte. (Wenn man mal vom »Schneider von Ulm« absieht …) Man muss sich das in etwa so vorstellen wie Woody Allens |91| lustige Flugversuche in der ›Sommernachts-Sexkomödie‹, mit dem Unterschied, dass Lilienthal bei seinen Experimenten am Fliegeberg
in Lichterfelde 1895 ein paar Zuschauer weniger hatte. Im Grunde steht jeder Tourist, der sich im 21. Jahrhundert wie selbstverständlich in einen Flieger nach Mallorca, Madeira oder Monastir setzt, bei Lilienthal in der Schuld:
Die Produktion des sogenannten Normalsegelapparates in der Maschinenfabrik Lilienthals gilt als erste Serienanfertigung eines
Flugzeuges.
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