Die Reise nach Gadaron (German Edition)
beugte sich plötzlich nach vorne, als würde er bergab gehen. Doch die letzten Anhöhen der Wüste hatten sie schön längst hinter sich gelassen. „Was passiert da?“, fragte Kona.
„Das ist ganz normal“, beruhigte ihn Dorago. „Der Gigant hat jetzt das Meer erreicht und läuft auf dem abschüssigen Meeresgrund. Wie sollte er sich sonst von Kontinent zu Kontinent bewegen?“
„Geht er dabei nicht unter?“
„Nein, nirgendwo, wo der Gigant entlang läuft, ist das Meer tiefer als tausend Meter. Er bleibt mit dem Kopf immer über Wasser. Kann sein, dass wir ein paar Wellen abbekommen, aber sonst wird es keine Probleme geben.“
´Nein`, dachte Kona. ´Aber vielleicht bekommen wir die Probleme am Ziel unserer Reise. `
*
Eineinhalb Tage später zeigte sich, dass Dorago recht gehabt hatte. Der Blinde Gigant erreichte die große Stadt Doranika. Von der Schulter des Giganten aus, sahen sie die Stadt früher, als wenn sie zufuß gekommen wären. Auf den Straßen drängten sich Flüchtlinge, deren Städte von Dämonen zerstört worden waren. Sie erhofften sich Sicherheit und eine neue Heimat in den Mauern von Doranika.
´Noch mehr Menschen, die die Stadt noch ungemütlicher machen `, dachte Kona. ´Aber egal, sie können ja nichts dafür. Und ich sollte mich nicht beklagen. `
Vom Giganten he runter zu kommen, war einfacher als gedacht. Riskante Sprünge, wie der von Dorago zuvor, waren nicht nötig. Durch die Felsenhaut des Giganten, gab es genügend Vorsprünge und Spalten, an denen man bequem herabsteigen konnte. Sie schafften es, den Giganten zu verlassen, gerade, als er einen Steinwurf entfernt vom Haupttor der Festungsmauern Doranikas entlang lief. Die Freunde ignorierten die verdutzten Blicke der Menschen auf der Straße und machten sich auf den Weg zum Eingangstor. Dorago hatte sich ebenfalls angeschlossen, weil er hoffte, in der Stadt alte Bekannte zu treffen und Informationen einholen zu können. Die Bürgerwehr winkte sie durch, nachdem festgestellt wurde, dass sie keine Dämonen waren.
Die Stadt war genauso, wie Kona gedacht hatte. Überall Mensche n über Menschen, die versuchten sich gegenseitig zu übertönen, oder ihre jeweiligen Absichten mit aller Gewalt durchzusetzen. Egal, wen sie dabei
über den Haufen rennen mussten. Auch Kona und seine Freunde wurden mitgerissen. Sie wurden immer mehr in Richtung Innenstadt gedrängt, ohne dass sie etwas beeinflussen konnten.
„Wie kommen wir hier wieder raus?“, fragte Larina verunsichert.
„Gar nicht“, entgegnete Dorago. „Die Masse drängt auf der Hauptstraße zum Hauptplatz. Erst von da aus können wir gehen, wohin wir wollen. Aber am Hauptplatz liegt das Hauptquartier der Bürgerwehr. Da hin wollen wir sowieso.“
Immer weiter wurden sie ins Innere der Stadt getrieben, bis sie das Zentrum erreichten. Ein gewaltiger Platz, mit Kopfsteinpflaster versehen. Groß genug, dass sich die Tausende, die über die Hauptstraße hierher getrieben wurden, zerstreuen konnten, um sich dann in andere, kaum weniger belebte Straßen der Stadt zu verteilen. Doch für viele war das gar nicht mehr nötig. Neben dem Hauptquartier der Bürgerwehr, befand sich hier auch das Rathaus, in dem der Stadtrat tagte. Außerdem das Gefängnis, in dem Gesetzesübertreter, Unruhestifter und Betrunkene eine gewisse Zeit verbringen mussten und das Einwohnermeldeamt, in dem sich Neuankömmlinge als neue Bürger der Stadt anmelden mussten. Es gab noch einige Amüsierbetriebe, deren Beschreibung hier nicht weiter von Nöten ist, sowie eine Reihe von Behörden und Institutionen. Das Panorama des Platzes war also alles andere als übersichtlich. Notgedrungen ließ sich die kleine Gruppe in die Mitte des Platzes treiben, wo ein großes Denkmal aufgestellt war. Kona kannte es schon, hatte sich aber bisher wenig dafür interessiert. Auch jetzt wollte er sich nur oberflächlich mit der ´Platzverschwendung` auseinander setzen. Die Figur zeigte vier Krieger, die alle in eine andere Himmelsrichtung blickten. Sie standen wahrscheinlich für vier reale Krieger, die irgendwann einmal irgendetwas getan hatten. Kona lehnte sich an eine der Figuren, um, bequem stehend, einen Weg aus der Menschenmasse zu suchen. Das sollte ihm nicht gelingen, denn Salan sah ihn so entsetzt an, dass er sich nicht mehr richtig konzentrieren konnte.
„Was guckst du denn so?“, fragte Kona.
„Du stehst auf Larinas Fuß“, erwiderte Salan, wobei sein Gesichtsausdruck noch fassungsloser wirkte. Kona runzelte
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