Die Reise nach Orb - ein Steampunk-Roman (German Edition)
kannst zum Austausch einen aus Rad Vierunddreißig haben. Der fällt sowieso nächstens aus.«
»Er ist Proviant, die Hybriden aus den Rädern sind schlecht und machen uns krank.«
So war das also, begriff Martin. Die Menschen in den Treträdern waren Hybride, Menschen mit mechanischen Komponenten. Wie kam der Schremp darauf, dass er kein Hybride war? Rein äußerlich hatte er bisher keinen Unterschied zwischen normalen Menschen und Hybriden entdecken können. Auf jeden Fall nicht bei Eliane. Sollte er jetzt die Katze aus dem Sack lassen und aufdecken, dass er nicht nur ein Mensch war, sondern auch immun gegen die Hypnose der Schremp? Was würde in diesem Fall geschehen? Würde der Roboter ihn packen und in ein Tretrad sperren? Der Schremp würde nichts gegen ihn unternehmen, das schloss er aus den bisherigen Erfahrungen. Die Sechsäugigen benutzten keine physische Gewalt, sie verließen sich voll und ganz auf ihre hypnotischen Fähigkeiten. Blieb als Gegner also nur der Roboter. Welche Chancen hatte er, wenn er gegen ihn kämpfen musste oder die Flucht ergriff?
»Kommt nicht in Frage«, entgegnete der Mechanische. »Wenn die Räder stillstehen, hat unsere Fabrik keinen Strom mehr.«
»Ihr liefert aber nicht nur Strom für eure Fabrik, sondern versorgt auch die Stadt, das ist Verschwendung. Die chemischen Leuchten reichen aus.«
Dann waren die grünen Lichter in der Stadt also chemischer Natur, schoss es Martin durch den Kopf. Aber für welche Fabrik strampelten die Menschen hier unten? Was produzierten die Mechanischen im Untergrund von Stahldorf? Vielleicht Waffen oder gar Ihresgleichen?
»Die Diskussion ist beendet, basta«, hörte er da eine die Stimme eines weiteren Mechanischen hinter seinem Rücken. Es sah nicht gut für ihn aus, jetzt musste er es schon mit zwei Robotern aufnehmen. Aber es wurde noch schlimmer: Ein dritter Mechanischer kam hinter einem der Treträder zum Vorschein und gesellte sich zu ihnen. Zuerst glaubte Martin, ein Mensch komme auf sie zu und atmete erleichtert auf. Doch dann bemerkte er seinen Irrtum. Im Gegensatz zu den Mechanischen, die er bisher gesehen hatte, war dieser den Menschen ähnlich konstruiert, mit Beinen und Armen in den richtigen Proportionen und fünffingrigen Händen mit feinen Gelenken. Er war etwas größer als Martin und sein Kopf war zwar aus Metall, hatte aber menschliche Züge. Bis auf das dritte Auge mitten in der Stirn. Panik beschlich Martin. Er konnte unmöglich dieser Übermacht entrinnen. Seine Knie wurden weich und er begann zu zittern. Wäre er doch nur zuhause geblieben und mit seiner Stiefmutter zum Arzt gegangen.
Da spürte er einen Schlag auf seinem Kopf und es wurde Nacht. Als er wieder aufwachte, lag er in einem der Treträder und sein Kopf fühlte sich an, wie nach einer durchzechten Nacht. Ein Augenpaar erschien über ihm und eine Stimme sagte:
»Los, steh schon auf, wir müssen uns bewegen, sonst wird es heute nichts zu Futtern geben.«
Sie hatten ihn tatsächlich in ein Rad gesperrt, realisierte Martin. Damit war sein Schicksal wohl besiegelt. Er würde hier schuften, bis er dafür zu schwach war. Am Ende würden ihm die Schremp noch das Blut aus seinem geschundenen Körper saugen. Ihm wurde schlecht und er erbrach auf die Laufbahn des Rades.
»Jetzt kotzt du uns noch die Mühle voll. Was ist bloß mit dir los? Die Mechanischen hätten mir wenigstens einen vollwertigen Ersatz für den Alten geben können.«
Es war eine Frau, die über ihm stand und auf ihn hinab sah. Ihr dunkles langes Haar hing in wilden Strähnen herunter und sie trug einen zerrissenen Overall in einer undefinierbaren Farbe. Darin konnte Martin einen drahtigen ausgemergelten Körper erahnen. Ihre dunklen Augen glänzten aber und strahlten Kraft und Willen aus.
»Komm schon, du kannst nicht ewig hier liegen bleiben. Sonst holen dich die Schremp.«
Martin stemmte sich hoch, ihm war schlecht und schwindlig. Wieso hatten sie ihn mit einem Schlag auf den Kopf betäubt? Die Mechanischen konnten ja nicht wissen, dass er nicht unter der Kontrolle des Schremp stand. Doch dann begriff er den Grund: »Um mich der Kontrolle des Schremp zu entreißen«, murmelte er. »Der Schremp hätte nicht nachgegeben. Er wollte mich unbedingt haben.«
»Was faselst du da? Natürlich wollen die Schremp uns alle haben. Aber erst nachdem wir für die Treträder nicht mehr zu gebrauchen sind.« Die Frau begann zu laufen und das Rad drehte sich. Martin blieb nichts anderes übrig, als Schritt zu
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