Die Reise nach Orb - ein Steampunk-Roman (German Edition)
züngelten Flammen hoch. Das Feuer leckte an der Hülle und setzte diese in Brand. Schon nach kurzer Zeit loderte an der Decke der Kaverne ein Feuerball und dann segelte der Ballon als brennende Fackel hinunter in die Straßenschlucht.
»Das nenne ich eine saubere Bruchlandung«, kommentierte Thomas das Geschehen. Martin wurde schlecht, wenn er sich vorstellte, was mit ihnen hätte geschehen können. Sie hatten das Schicksal wahrlich herausgefordert. Er erhob sich und blickte sich um. Die Terrasse war breit und der Gebäudeteil, der von hier bis zur Decke reichte, glich eher einem Turm. Auch die anderen Hochhäuser in Sichtweite waren in der Decke des Felsendoms verankert.
In diesem Moment ging eine Tür auf und vier eigenartige Gestalten betraten die Terrasse: ein junger Mann in Frack und Zylinder und einem reich verzierten Spazierstock sowie drei Menschen, die alle genau gleich aussahen. Die drei waren nackt und geschlechtslos und ihre Haut schimmerte metallisch blau im Licht des abstürzenden Ballons. Die drei Geschlechtslosen hatten Pistolen in den Händen, deren Läufe vorne in kleine Trichter ausliefen, der Mann im Frack hatte einen Degen gezückt.
»Ladies, Gentlemen, Sie sind unbefugt in unser Territorium eingedrungen und haben zudem noch einen Schremp mitgebracht«, sagte der Mann im Frack.
»Das tut uns leid«, entgegnete Thomas mit dem Unschuldigen-Kaninchen-Ausdruck im Gesicht. »Wir sind auf der Flucht vor den Schremp und den infizierten Mechanischen in der Stadt. Leider ist es einem Schremp gelungen, in unserem Ballon mitzufahren. Wir konnten ihn erst auf den letzten Metern loswerden.«
»Sie können nicht hierbleiben, Sie müssen gehen!«
»Das haben wir auch im Sinn, mein Herr. Wir möchten so rasch wie möglich aus Stahldorf verschwinden. Doch die Bahnlinie ist unterbrochen und wir sind daher auf der Suche nach einem anderen Weg. Vielleicht können Sie uns ja einen kleinen Tipp geben?«
»Hier oben gibt es keine Möglichkeit aus der Stadt zu gelangen und wir möchten in Ruhe gelassen werden.«
Da mischte sich Silvy ein: »Mylord, unter den Rädersklaven in der Generatorhalle der Mechanischen geht das Gerücht um, dass hier oben die alten Stahldorfer leben. Gehören Sie zu ihnen?«
»Milady, Sie sehen ja, wie alt ich etwa bin, und meine drei Begleiter sind nicht älter.«
»Ein mechanischer Schokoladenverkäufer hat uns gegenüber einen alternativen Weg aus der Stadt erwähnt. Leider ging er endgültig kaputt, bevor wir ihn zu meinem Onkel Flix Krok bringen konnten«, erklärte Martin.
Der Mann im Frack ließ den Degen sinken.
»Flix Krok? Sie suchen nach Flix Krok und er soll Ihr Onkel sein? Junger Herr, Sie sind doch kein Mechanischer!«
»Nein, ich bin einer von denen, die hier Außenweltler genannt werden. Ich bin noch nicht lange hier, im Gegensatz zu meiner Stiefmutter Isabelle. Sie hat mir gesagt, dass mein Onkel Flix Krok heiße.«
»Und wo befindet sich dieser defekte Schokoladenverkäufer jetzt?«
Martin deutete zur Balustrade. »Der ist leider unten geblieben. Wir hatten ihn auf einen Dampfkoffer geschnallt, doch als wir starteten, ist er aus der Gondel gerollt.«
Die drei Geschlechtslosen hatten ihre Trichterpistolen eingesteckt und sich um den Mann im Frack versammelt. Sie diskutierten miteinander in einer fremden Sprache, Martin verstand kein Wort. Schließlich drehte sich der Mann im Frack um und forderte: »Meine Herren, Sie müssen den Schokoladenverkäufer holen.«
»Wie sollen wir das anstellen? Das ist unmöglich«, sagte Martin. »Es gibt keinen Weg, nach unten zu gelangen. Der Ballon ist zerstört.«
»Hier in diesem Gebäude führt kein Weg nach unten, das stimmt. Aber am Ende des Felsendomes, in dem diese Stadt errichtet wurde, gibt es sehr wohl eine Möglichkeit. Wir werden Ihnen den Weg zeigen, wenn Sie uns versprechen, den Schokoladenverkäufer zu holen. In diesem Fall wären wir auch bereit, Ihnen einen Fluchtweg aus der Stadt aufzuzeigen.«
»Das ist doch ein fauler Trick, um uns loszuwerden«, sagte Thomas.
»Wir sollten auf das Angebot eingehen«, meinte Martin. »Sie hätten uns mit ihren Pistolen erledigen können, wenn sie gewollt hätten.«
»Pah, das sind ja bloß ulkige Schwarzpulverpistolen. Vorderlader, gerade gut genug für einen einzigen Schuss, bei dem ein Treffer reine Glückssache ist. Du vergisst, dass ich immer noch mein Æthergewehr habe. Notabene im Gegensatz zu dir.« In der Tat hatte Thomas immer noch sein Gewehr umgehängt, wie
Weitere Kostenlose Bücher