Die Reise Zur Stadt Der Toten
den Leib versetzte und ihn damit nach hinten trieb. Demzufolge flog der kleine Speer unter seinem Arm durch und riß ihm nur die Hüfte auf, anstatt sein Rückgrat zu treffen.
Tyl wirbelte herum und trieb dem Na, der den Speer geworfen hatte, die seismische Sonde in den Hals. Er drückte den Feuerknopf. Mit einem lauten Knall flog der Schädel des Na von seinen breiten Schultern und landete klatschend im Wasser. Ein Regen aus Blut und Knochensplittern ging auf Deck nieder.
Yulour rollte von Etienne weg, der auf dem Rücken lag und zur Decke der Eishöhle hinaufstarrte. Vorsichtig zog er den Speer heraus. Aus der Wunde quoll Blut. Tyl erhob sich, um Lyra zu holen; aber die hatte die Explosion gehört und war aufs Deck gekommen.
Ihre Augen weiteten sich, als sie die Wunde sah. Sie verschwand sofort wieder unter Deck und kam wenige Augenblicke später mit dem Erste-Hilfe-Kasten des Bootes zurück.
Etiennes Atem ging röchelnd, während sie sich bemühte, die Blutung zu stillen. Sein Puls raste unregelmäßig.
»Was ist passiert?« fragte sie die Tsla, ohne von ihrer Arbeit abzulassen.
Tyl erklärte es ihr, während Yulour hilflos zusah. »Der da«, dabei deutete er auf die enthauptete Leiche des Na, der den Speer geworfen hatte, »war nicht tot, er tat nur so.«
Lyra sah, daß die enthauptete Leiche über den beiden anderen Leichen lag. »Er hat nicht die volle Ladung abbekommen. Er hat sich ruhig verhalten und abgewartet, bis sich eine Chance bot. Soviel Intelligenz haben die immerhin. Anderthalbmal zuviel Intelligenz, diese haarigen Bastarde.« Sie blickte zu Yulour auf. »Wirf ihn über Bord, und sei vorsichtig, daß du das Metall nicht berührst; es enthält immer noch eine Ladung, einen Geistertod.«
»Ja, Lehrer.«
Yulour zeigte seine beträchtliche Stärke, indem er die Leichen der Reihe nach aufhob und sie ins Wasser warf. Dann kam er zurück, um Etienne in die Kabine der Redowls zu tragen.
Beide Tsla sahen voll Respekt zu, wie Lyra sich um ihren Mann bemühte. Etwas später trat eine dritte Gestalt zu ihnen.
»Ich wußte nicht, was ich tun sollte und wie ich helfen könnte.« Homat sah neben den beiden Tsla sehr klein aus.
»Sei still, Homat!« Man mußte es dem Mai hoch anrechnen, daß er nichts mehr sagte, sondern stumm neben seinen größeren Gefährten stehen blieb.
Sie sahen zu, wie Lyra langsam mit einem kleinen Gerät aus Plastik über Etiennes Hüfte und Brust fuhr. Als sie fertig war und das Gerät beiseitelegte, war ihr Gesichtsausdruck finster. Etienne versuchte sie aufzumuntern, indem er lächelte; aber man merkte ihm an, daß er große Schmerzen hatte.
»Nun … Doktor?«
»Du hast innere Blutungen. Ich kann sie für den Augenblick zum Stillstand bringen. Ich fürchte nur, daß eine Arterie verletzt ist. Ich muß da etwas tun, Etienne, sonst verblutest du. Ich wünschte, ich verstünde mehr von Chirurgie.«
»Gott sei Dank tust du das nicht«, flüsterte er. »Du hast die letzten zwanzig Jahre damit verbracht, meinen Verstand durcheinanderzubringen. Jetzt fehlt gerade noch, daß du auch noch meine Innereien durcheinanderbringst.«
»Wir müssen dich zur Homanx-Station zurückbringen, damit man dich dort wieder herrichtet. Du weißt, wie gut die Thranx-Ärzte sind.«
»Ich weiß. Komisch eigentlich, wenn man bedenkt, daß sie besser sind als menschliche Chirurgen, wo sie doch überhaupt keine Knochen und all das haben. Wie lange kannst du denn die Blutung ›kurzzeitig‹ anhalten?«
Sie sah ihn nicht an. »Ich weiß nicht. Der Speer ist ziemlich tief eingedrungen, Etienne. Ich kann die Wunde versiegeln und die Blutung anhalten und dich zumachen; aber es gibt keine Garantie, daß sie nicht jederzeit wieder aufbricht. Und wenn es dazu kommt, dann weiß ich nicht, ob dein Kreislauf noch einmal einen Hitzeflicken aushält.
Der Computer sagt, du solltest so viel wie möglich ruhen.
Das läßt sich mit Medikamenten etwas unterstützen. Aber von wegen über Felsbrocken hüpfen und auf Klippen klettern! - Das kannst du vergessen, sonst reißt du dir sofort die Wunde wieder auf.«
»Ich werde ein braver kleiner Junge sein.« Das klang zwar etwas sarkastisch, aber sein schnelles Nachgeben bestätigte die Ernsthaftigkeit seiner Verletzung. Normalerweise hätte sie ihn schon festschnallen müssen, um ihn bloß dazu zu bewegen, eine Vitaminpille zu nehmen.
Sie versuchte ihn von der Verletzung abzulenken, indem sie ihm erklärte, wie der Na lange genug hatte am Leben bleiben können, um
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