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Die Reisen des Mungo Carteret

Die Reisen des Mungo Carteret

Titel: Die Reisen des Mungo Carteret Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Gisbert Haefs
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Beschreibung von Loreda nos Besitz mit festungsartigem Palast, riesigen Wäldern und Weiden, Viehherden und den Angaben »erworben 376, seither kontinuierlich vergrößert; z. Zt. ca. 1000 Angestellte (Sklaven?)«. Loredano habe sich dort in den vergangenen Jahren häufig aufgehalten. Der Planet, hieß es weiter, habe nur wenige Gesetze, keinerlei staatliche Organisation, es gebe kein Gericht und keine Anwälte, alle Aktionen, Reaktionen und Transaktionen seien unmittelbar von den Beteiligten vorzunehmen, niemals durch Mittelsmänner. Ulalume sei ein »Paradies für Kapitalisten, Großgrundbesitzer und Wirtschafts-Caudillos, mit genügend Platz für romantische Anarchisten«, die in sogenannten ›Lumpenlagern‹ in den Wäldern und Savannen hausen«. Die einzige Organisation im engeren Sinn sei eine von den »Großherren« bezahlte Söldnertruppe, die auch über armierte Raumschiffe verfüge und den Planeten vor Übergriffen durch die Piraten des Niemandslands schütze, »von denen einige durchaus zu den Großherren gehören mögen«. Die Sicherheitstruppe sorge weiterhin dafür, daß enttarnte SIC-Agenten abgeschoben oder liquidiert wür den; man betrachte die Polizei des Commonwealth grundsätzlich als Störfaktor und feindliches Element.
    Mungos Gedanken irrten ab; nicht zum ersten Mal wollten sie zügellos durch die Weiten des Niemandslands schweifen. Der Schirm des kompakt zeigte die Listen mit Details aus Loredanos Privatleben, Bilder der beiden ersten Frauen, Einzelheiten zu Ausbildung und Aufenthalt der vier Kinder, Hobbys des Milliardärs – er sammelte Erstausgaben altterranischer Autoren, was Carteret verblüffte, hatte offenbar einen Hang zur Astrologie (»letzte Dekade des Zeichens genügt nicht, ich brauche auch das Jahr und den Ort« hatte ihm ein – ausgerechnet in Rom, Terra, Euro-It lebender – Astrologe auf eine nicht ver zeichnete Anfrage in einem Hyperchat mitgeteilt), schätz te gutes Essen und gab Unsummen für Sternalraunen { * } aus. Seine derzeitige Frau, die entführte Arisha Punt, kam aus einer wohlhabenden Familie der politischen Elite von Babilu und hatte zunächst für ihn als Pressereferentin gearbeitet; inzwischen war sie an einigen Unterfirmen beteiligt, und ihre Familie besaß ebenfalls Anteile. Die Beziehungen zwischen der Familie Punt und Loredano seien allerdings nicht mehr gut. Die früheren Frauen waren großzügig abgefunden worden; für die Kinder waren Treuhandfonds eingerichtet; die Beziehungen zum Vater seien »bestenfalls neutral« …
    Es gab noch mehr Einzelheiten dieser Art, aber Mungo mochte sich nicht mehr konzentrieren. Er dachte an die Milliarden Sonnen des Niemandslands, unerforschte Sternhaufen mit unzähligen Planeten, Nachkommen menschlicher Siedler mit absonderlichen Gemeinwesen und Kulten, wenige bekannte Fremdrassen und die unzähligen noch zu entdeckenden, an die Piraten im Raum und die auf den fremden Meeren entlegener Welten. Dann überlegte er, ob nicht für seine zweite Lebenshälfte das Dasein eines freien Prospektoren erstrebenswert sein könnte – mit dem eigenen kleinen Schiff durch die unerforschten neun Zehntel der Galaxis streunen, um die unerschöpfliche Vielfalt fremder Lebensformen zu studieren, Bodenschätze oder einfach nur bewohnbare Planeten zu suchen. Aber mit seinem kargen Vermögen und den hunderttausend Drachmen von Loredano würde er allenfalls ein kleines Schiff aus dritter oder vierter Hand kaufen können, und irgendwie erschien ihm plötzlich das Haus in Jobourg mit dem Blick über uralte Hecken, Weideflächen und den Ärmelkanal erstrebenswert. ›Bücher‹, dachte er, ›Musik, Nachbarn, Calvados, amüsante oder sogar spannende Fälle, Frauen.‹
    »A propos«, sagte er dann laut, »erinnere mich daran, daß ich vor der Landung Kusine Pamela anrufe. Ich fürchte, ich brauche mal wieder ein Orakel.«
    Bis er einschlief, erwog er, was er bei einem Besuch in Atenoa sonst noch mit Pamela anstellen könnte, und sei ne Träume setzten dies fort.
    Die Sicherheitsleute nannten sich Alf, Ben, Cal und Don. Mungo fand das albern, hatte es aber hinzunehmen. Als er aus der Veränderung der Antriebsgeräusche schloß, daß die LOR XI nicht mehr im Hyperraum war und sich dem Ziel näherte, verließ er die Kabine. Cal hielt sich als einziger der vier im Salon auf, hörte sich seine Bitte an und geleitete ihn zur Zentrale.
    »Er will jemanden anrufen«, sagte er.
    Die Pilotin nickte. »Müssen Sie aber von hier aus machen«, sagte sie.

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