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Die Reiter der Sarmaten

Die Reiter der Sarmaten

Titel: Die Reiter der Sarmaten Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Gillian Bradshaw
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Schramme davonträgt?«
    »Nein«, sagte er, rot werdend. »Es tut mir leid. Ich habe wohl überhaupt nicht gedacht. Aber wie …«
    »Ich kann mich nicht erinnern. Aber ich glaube nicht, daß die Einzelheiten noch viel Unterschied machen. Der Gott hat uns in Bononia gewarnt, wir sollten uns vor Lügen, vor Hinterlist und Täuschung hüten, und wir müssen uns diese Warnung zu Herzen nehmen. Mir scheint, wenn du dich Bodica nicht anschließen willst, gibt es zwei Möglichkeiten, wie du das vermeiden kannst. Die erste – das ist die, die ich wählen würde: sie nie privat sehen, niemals ein Geschenk von ihr annehmen, und jeder Botschaft, die du bekommst, mißtrauen, die durch ihre Hände gegangen sein könnte und du wirst auch mißtrauisch gegen Arshak sein müssen, da er ganz unter ihrem Einfluß steht.«
    »Und die andere Möglichkeit?«
    »Sie im Glauben lassen, daß sie dich auf ihre Seite gezogen hat, ihre Pläne herausfinden und enthüllen. Das wäre ein Weg, wie du deine Rache bekommen könntest, ohne die Männer deines Drachen zu gefährden. Aber du würdest sie belügen müssen. Sie könnte es entdecken und dich töten – oder dich vielleicht doch auf ihre Seite bringen.«
    Als ich sah, wie seine Augen aufleuchteten, wünschte ich, daß ich diese Alternative nicht erwähnt hätte. Es hätte mir klar sein müssen, daß er den gefährlicheren Weg wählen würde, wenn dieser ihm eine Chance bot, sein Ziel zu erreichen.
    »Denkst du, ich würde zu ihr überlaufen, wenn sie schuld an Gatalas’ Tod ist?« fragte er ungeduldig.
    »Ich denke daran, daß du die Römer haßt und daß sie sich sehr darauf versteht, Menschen zu überreden. Es könnte ihr gelingen, dich von etwas zu überzeugen, das du glauben möchtest.«
    »Ich bin nicht blind oder dumm«, sagte er bitter. »Als ich sie gehört habe, war ich wie in einem Nebel, ohne klar zu denken; aber wenn man mir eine Sache vernünftig auseinandersetzt, kann ich sie auch begreifen. Ich werde von jetzt an auf Fakten achten und nicht auf ein hübsches Lächeln hereinfallen. Nein. Ich werde meine Rache bekommen. Aber …«, er hielt ein, dann raffte er sich auf, »aber du mußt mir helfen. Ich habe das Gefühl, als ob ich über eine weite Ebene reite, in der es keine Orientierungsmarken gibt, und ich weiß nicht, welche Richtung ich einschlagen muß, um mein Ziel zu erreichen. Du bist ein Zepterträger, und du hast gelernt, dich auf römischen Straßen zu bewegen. Du mußt mich mit deinem Rat unterstützen.«
    Ich sagte lange nichts. Es war nicht so, daß ich ihm meinen Rat verweigern wollte, aber ich wußte nicht, wie man die Sache praktisch angehen könnte.
    »Ich weiß!« sagte er schließlich, mein Schweigen mißverstehend. »Ich habe dich beleidigt, jetzt ins Gesicht und vorher mit meinen Gedanken. Aber nicht selten habe ich auch gedacht, daß der Sechste Drache Glück mit seinem Kommandeur hat. Ich bitte dich um Verzeihung.«
    »Das brauchst du nicht«, antwortete ich. »Es geht mir um etwas anderes. Wie kann ich dir meinen Rat geben, wenn du in Eburacum bist, unter Bodicas Augen? Du würdest keine Möglichkeit haben, mich persönlich zu sprechen, ohne dein Leben aufs Spiel zu setzen, und du könntest mir nicht einmal mit Hilfe eines Legionsschreibers Briefe schicken. Aber wenn du meinen Rat wünschst, hier bin ich. Wir werden jetzt beraten, wie wir uns in der nächsten Zeit verhalten wollen, und ich werde versuchen, einen Weg zu finden, wie du mich in Zukunft erreichen kannst.«
    Wir sprachen noch längere Zeit miteinander, zuerst hier in der Gasse, dann an einem ruhigen Platz hinten in den Ställen, und wir verabschiedeten uns schließlich im vollen Einverständnis. Mein erster Eindruck von dem Mann, daß er intelligent und loyal war, hatte sich bestätigt. Ich konnte nur zu den Göttern beten, daß er auch intelligent genug war, um Bodica zu täuschen, und loyal genug, um sich nicht von ihr umdrehen zu lassen.
    Als Siyavak die Ställe verlassen hatte, blieb ich noch eine Weile auf einem Ballen Stroh sitzen. Ich war müde, vielleicht nicht so erschöpft, wie ich es am Tag vorher gewesen war, aber doch tief und grenzenlos müde. Ich hatte keine Vorkehrungen getroffen, die Nacht in Corstopitum zu verbringen, und meine Leibwache erwartete mich um die Mitte des Nachmittags bei den Ställen zurück. Der Gedanke, heute noch nach Cilurnum zurückzureiten, war deprimierend; der Gedanke, in der Stadt Quartier für die zehn Männer zu besorgen, die ich mitgebracht

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