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Die Reiter der Sarmaten

Die Reiter der Sarmaten

Titel: Die Reiter der Sarmaten Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Gillian Bradshaw
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ging ich zur Tür zurück. Auch die anderen waren herausgekommen, aber Pervica und Eukairios sahen sehr besorgt aus.
    »Wenn Ihr es wünscht, werden wir Euer Grundstück verlassen und irgendwo außerhalb den Zweikampf austragen«, schlug ich Pervica vor.
    »Nicht zu wissen, was geschieht, wäre noch ärger«, erwiderte sie deprimiert.
    Quintilius hieb mit meinem Schwert durch die Luft. Er hielt es noch immer mit beiden Händen, obwohl der Griff dafür zu kurz war und er die Hände übereinanderlegen mußte. Aber ich hatte doch den Eindruck, daß er gewohnt war, eine Waffe dieser Art zu halten. »Ihr habt Euch kein Schwert geliehen«, sagte er mit rauher Stimme.
    »Nein«, antwortete ich. »Möchtet Ihr lieber irgendeine andere Waffe?«
    »Nein, beeilt Euch! Laßt uns die Sache endlich hinter uns bringen! Borgt Euch ein Schwert!«
    Ich ging zu meinen Männern zurück und bat um einen Dolch. Ihre Augen leuchteten auf, und sie brachten einen Dolch und ein Seil herbei.
    »Bloß den Dolch«, sagte ich, und ihre fröhliche Stimmung schwand. Ein Augenblick entsetzten Schweigens trat ein, als ihnen klar wurde, daß es mir ernst war.
    »Nimm zusätzlich ein Lasso, mein Fürst, bitte!« sagte Leimanos.
    »Er ist kein Krieger«, sagte ich. »Ein Lasso und ein Dolch gegen ein Schwert, da sind die Chancen fast gleich. Das brächte keinen Ruhm. Gebt mir den Dolch, und vergeßt nicht, was ihr geschworen habt.«
    »Mein Fürst«, beharrte Leimanos, »bitte … dein Bein könnte dir Schwierigkeiten machen …«
    »Leimanos, ich rede dir nicht in Dinge hinein, die deine Ehre betreffen. Laß mich also selbst entscheiden, wie ich meine verteidige.«
    Widerwillig reichte er mir den Dolch, und ich ging zu Quintilius zurück. Er starrte mich verdutzt an. »Was soll das jetzt wieder heißen?« fragte er. »Ihr seid an mein Schwert nicht gewöhnt«, antwortete ich, »und zudem, wenn Ihr mir das zu erwähnen gestattet, etwas älter als ich. Erlaubt also, daß ich diese Nachteile ausgleiche.«
    Plötzlich fühlte ich mich überwältigend glücklich, berauscht von der alten wilden Erregung: das Leben in meiner Hand, dem Tod ins Auge blicken, ruhmvoll siegen oder ruhmvoll sterben. Daß ich dieses Gefühl in solcher Intensität noch einmal erleben würde, hatte ich nicht erwartet.
    Quintilius sah aus, als wollte er den Vorteil zurückweisen – aber er konnte sich doch nicht dazu aufraffen, und die Tatsache, daß er es nicht konnte, machte ihn noch ärgerlicher. Mit einem plötzlichen Wutschrei sprang er vorwärts und schwang das Schwert durch die Luft.
    Ich hätte ihn erdolchen können, als er sprang, aber ich wollte ihn nicht töten. Seine unorthodoxe Art zu fechten, in der keinerlei Methode zu erkennen war, machte mir etwas Sorge. Ich sprang zur Seite – nach rechts, um auf dem gesunden Bein zu landen – und einen Schritt zurück. Das Schwert kam halb herunter, hob sich wieder, und er rannte auf mich zu, es wild über dem Kopf schwingend. Ich wich erneut nach rechts aus, und als er fast auf meiner Höhe war, warf ich mich vorwärts. Er wirbelte herum; auch jetzt hätte ich das Schwert unterlaufen können, aber ich wollte vermeiden, ihn ernsthaft zu verletzen. Also machte ich einen neuen Satz nach rechts und krachte beinahe gegen die Hauswand. Ein rascher Sprung vorwärts und nach links brachte mich aus der Gefahr, aber diesmal kam ich auf dem verletzten Bein auf, und das gab einen Augenblick nach; mit aller Kraft riß ich mich hoch – und sah, daß Quintilius mein Schwert auf die Stelle heruntergebracht hatte, wo ich gerade gewesen war, und es in die Erde gerammt hatte. Ich war überrascht und einigermaßen beunruhigt wegen der Klinge. Er riß es heraus und rannte brüllend auf mich zu, das Schwert diesmal seitwärts schwingend. Ich ließ mich flach zu Boden fallen, und es zischte über meinen Kopf hinweg; Quintilius stolperte über mich und fiel. Ich rollte mich auf die Seite und kam auf die Knie hoch. Er schaffte es, sich aufzusetzen, und schwang das Schwert zurück. Ich parierte es mit dem Dolch und drückte dagegen. Die Schneide glitt an der Schwertklinge hoch, über das Blatt hinaus und ritzte ihm die Fingerrücken. Er stieß einen gellenden Schrei aus und ließ das Schwert fallen. Dann, zu meiner größten Verwunderung, ballte er die blutende Hand zur Faust und schlug sie mir mit aller Kraft ins Gesicht.
    Für einen Augenblick wurde mir rot und schwarz vor Augen, und ich hörte hinter mir den zornigen Aufschrei meiner Männer.

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