Die Reiter der Sarmaten
Quintilius – das nicht nur gedacht, sondern es auch gesagt, und zwar zu ihr.
»Es gibt einen anderen Grund!« sagte sie atemlos, und ich sah, daß die Sache mit dem Standesunterschied sie zwar beunruhigt hatte, daß sie jetzt aber zu dem Kernpunkt kam. »Ich will nicht, daß du, wenn du dich an deine erste Frau erinnerst, mich ansiehst und dich schämst.«
»Das würde ich nicht.«
Sie schüttelte den Kopf. »Ich weiß, du hast sie geliebt. Ich wußte das, noch bevor ich deinen Namen kannte oder wußte, wer du warst. Als du zur Küchentür taumeltest und nach ihr riefst, da konnte ich sehen, daß du sie mehr liebtest, als die meisten Menschen in ihrem ganzen Leben jemanden lieben, mehr als ich selbst jemals geliebt hatte oder geliebt worden war. Und ich bin sicher, daß sie alles das war, was Arshak von ihr gesagt hat. Ich dachte, es würde mir nichts ausmachen, als ihre Nachfolgerin den zweiten Platz einzunehmen, aber ich sehe jetzt ein, daß es ein Irrtum war; du würdest es nicht ertragen, und es würde alles zerstören. Die Kluft ist zu groß. In deiner eigenen Welt würdest du ein mächtiger Fürst sein, verheiratet mit einer Prinzessin, hier bist du ein Kavallerieoffizier, verheiratet mit der unehelichen Tochter eines Soldaten, der Witwe eines verschuldeten Farmers. Mit der Zeit würdest du anfangen, mich zu hassen.«
»Nein!«
»Ich denke, doch.«
»Pervica!« Ich hob die Arme, ergriff ihr beiden Hände und zwang sie, mich anzusehen. »Ich könnte dich nie hassen.«
Ihre Augen waren voller Tränen, aber die fest geschlossenen Lippen widersprachen ihnen beharrlich. Sie versuchte nicht, ihre Hände aus den meinen zu lösen, aber sie lagen schlaff in ihnen.
»Ich könnte dich nie hassen«, wiederholte ich. »Hör mir zu, Pervica. Ich habe in zwei Welten gelebt, der einen jenseits des Danuvius und der anderen hier. Ich war ein Fürst der Jazygen, ich bin der Kommandeur einer Kavallerieeinheit im Dienste Roms. Aber ein Teil von mir, ein wesentlicher Teil, gehört zu keiner dieser beiden Welten. Ich weiß es, denn er hat mich bei dem schwierigen Balanceakt zwischen beiden im Gleichgewicht gehalten. Er hat weder Rang noch Reichtum, weder Titel noch Ehren. Diese Dinge gehören zu jenen beiden Welten und haben sich geändert. Er hat sich nicht geändert, und deshalb konnte er seinen Weg in einem Land finden, in dem alles unbekannt war. Das ist der Teil von mir, der dich liebt. Und da er beiden Welten nichts schuldig ist und nichts verdankt, kann er die eine nicht mit der anderen vergleichen, und er kann auch nicht deinen Wert an Tirgataos Wert messen – die ich, das ist wahr, von ganzem Herzen geliebt habe.
Aber Liebe ist nicht wie Wasser in einem Schöpfeimer, der voll ist und geleert wird. Sie ist wie ein Fluß, der dort fließt, wo er einen Weg finden kann, und wenn der Weg irgendwo versperrt wird, sucht er sich einen anderen Weg zum Fließen – einen neuen Menschen zum Lieben. Ich werde nicht weniger Liebe für dich haben, weil ich sie zuerst geliebt habe. Ich könnte dich nicht hassen, Pervica. Ich könnte es nicht.«
Ihr Mund bebte, und ihre Hände umklammerten plötzlich meine Hände, dann warf sie die Arme um mich, ließ sich neben mir auf die Knie fallen und weinte an meiner Schulter, trotz aller Schuppigkeit.
Sie hörte bald auf zu weinen, und ich küßte sie und hielt sie in den Armen – und dann wischte sie sich über die Augen und schniefte ein paarmal und setzte sich auf die Fersen zurück. »Tut mir leid«, sagte sie.
»Wir werden also heiraten?« fragte ich. Ich wollte, daß jetzt alles völlig und unwiderruflich klar war. »Ja«, sagte sie fest.
»Gut.« Ich lächelte ihr aufmunternd zu.
»Ja«, wiederholte sie – »vorausgesetzt natürlich, du lebst am Hochzeitstag noch. Ariantes, ein wie guter Fechter ist Arshak?«
Ich zuckte die Schultern. »Er ist sehr gut. Besonders mit dem Speer. Du hast eine Probe davon gesehen. Aber mein Pferd ist besser trainiert, er hat dazu nicht die Geduld. Es wird ein gleichwertiger Kampf sein, und der Ausgang liegt in den Händen des Gottes. Marha ist mir bis jetzt gewogen gewesen, und ich bin nun ziemlich sicher, daß ich die Oberhand über meine Feinde gewinne.«
Und um ihr Mut zu machen, erzählte ich ihr, was in Eburacum geschehen war, und ließ nur ein paar Einzelheiten aus meiner Begegnung mit den Christen weg. Während ich sprach, spürte ich, wie meine Hoffnungen sich festigten. Bisher hatten meine Feinde unter einem Mantel der
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