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Die Reiter der Sarmaten

Die Reiter der Sarmaten

Titel: Die Reiter der Sarmaten Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Gillian Bradshaw
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über die nächsten Schritte zu beraten.
    Eukairios wartete im Büro des Lagerkommandanten; die drei Ausfertigungen der auf Pergament geschriebenen Urkunde lagen ordentlich gerollt und verschnürt auf dem Schreibtisch. »Aha, das geheimnisvolle Dokument!« bemerkte Longus ironisch, aber seine Stimme klang müde und apathisch. »Hoffentlich nicht noch eine unangenehme Überraschung, Ariantes.«
    Ich schüttelte den Kopf. »Es ist Eukairios’ Freilassung. Wie viele Zeugen haben wir hier im Stabsquartier?«
    Facilis lachte. »Ich habe es doch geahnt«, sagte er. »Eukairios hätte sich schon vor Monaten einen roten Hut kaufen können.«
    »Einen roten Hut?« fragte ich verblüfft.
    »Den Hut des Freigelassenen«, erklärte Longus. »Er setzt ihn auf, wenn der Rechtsakt besiegelt ist, und jedermann weiß so, daß er ihm gratulieren kann. Ein spitzer roter Hut. Wie Eurer, aber nicht ganz so steif und ohne Ohrenklappen.«
    »Wie meiner?« fragte ich entsetzt. Hatte ich einen Hut getragen, der mich als freigelassenen Sklaven kennzeichnete?
    »O Götter, Ariantes, habt Ihr das nicht gewußt?« frotzelte Longus, der seine deprimierte Stimmung vergaß. »Nein, vermutlich nicht. Niemand hat gewagt, darüber eine Bemerkung zu machen.«
    Ich nahm den Hut angewidert ab. Facilis und Longus lachten.
    »Ariantes, niemand außer ein Verrückter hätte Euch je für einen Freigelassenen gehalten«, versicherte Longus, der merkte, daß seine Frotzelei nicht die erwartete Wirkung zeigte. »Niemand. Sich Euch als Sklaven vorzustellen – das ist wie in dieser Komödie, wo der Gott Apollo als Strafe zum Sklaven eines thrakischen Esels gemacht und von diesem herumkommandiert wird. Und dieser Hut hat überhaupt nicht die richtige Form – es ist bloß die rote Farbe.«
    Ich schüttelte den Kopf. Ich würde mir einen Hut in einer anderen Farbe kaufen müssen. »Brauchst du einen roten Hut?« fragte ich Eukairios.
    Er bemühte sich, ein ernstes Gesicht zu zeigen. »Ja, Herr. Ich hatte mir keinen gekauft, weil ich befürchtete, das könnte mir Unglück bringen.«
    Ich reichte ihm meinen. »Laß uns die Formalitäten hinter uns bringen, dann kannst du ihn aufsetzen.«
    Er entrollte die Urkunde und las sie vor, und ich unterzeichnete alle drei Ausfertigungen (setzt Euer Zeichen hierhin, Herr, und ich schreibe darunter ›schreibunkundig‹), und nach mir unterschrieben als Zeugen Facilis, Longus, vier Asturier, die zum Stab gehörten, und Leimanos, der hergekommen war, um zu sehen, ob ich zurück war. Dann setzte Eukairios den Hut auf, wurde rot wie ein Mädchen, das gerade seinen ersten Kuß bekommen hat, und alle schüttelten ihm die Hand und gratulierten ihm.
    Als er zu mir kam, ergriff er mit beiden Händen meine Hand, küßte sie und legte sie an seine Stirn. »Ich danke Euch«, flüsterte er, »Patron.« Er zitterte vor Freude.
    Ich war danach nicht in der Stimmung, mit Facilis weiter über Druiden zu diskutieren oder mir auf Fragen von Longus ausweichende Antworten auszudenken. Ich sagte Eukairios, er solle sich einen schönen Tag machen, und teilte den anderen mit, daß ich Pervica einen Besuch abstatten würde. Ich wollte ihr meinen Traum erzählen. Leimanos verließ mit mir das Stabsgebäude.
    Als wir die Via Decumana hinunter zum Südtor ritten, fiel mir wieder ein, daß ich heute ja noch eine andere wichtige Angelegenheit zu erledigen hatte.
    »Leimanos«, sagte ich, »hat Banaspados dir alles berichtet, was in Eburacum und auf der Flußau-Farm geschehen ist?«
    Die plötzliche Anspannung seiner Muskeln irritierte sein Pferd so sehr, daß es nervös die Ohren zurücklegte. »Ja, mein Fürst«, antwortete er ruhig. »Es tut mir leid, daß wir dich nicht besser beschützt haben.«
    »Ich habe keinerlei Beschwerde gegen dich. Ich fragte, weil ich einen Boten nach Condercum schicken will.«
    Er sah mich an und lächelte, aber ich konnte sehen, wie die Knöchel seiner Hände, die die Zügel hielten, weiß wurden. Eine Beleidigung seines Kommandeurs, auch wenn sie nicht direkt, sondern mittelbar über dessen Verlobte erfolgte, war auch eine Verletzung seiner eigenen Ehre. Er hatte genug von diplomatischer Zurückhaltung, von Rücksicht auf die Römer, von Geheimnissen und Verschwörung. Er wollte Kampf, er wollte, daß die Schmach gerächt wurde. Aber er wußte, daß Arshak ein gefährlicher Gegner war, und er hatte Angst um mich.
    »Mein Fürst«, sagte er leise und inständig, »darf ich dich bitten, daß du mich schickst?«
    Er wußte,

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