Die Reiter der Sarmaten
Schläge hintereinander. Ich war durch seine Augen gewarnt und schaffte es, nicht zurückzuzucken. Es war keine wirklich bösartige, gehässige Geste – aber er würde das nicht getan haben, wenn mein Eingeständnis, daß die Rüstung nicht undurchdringlich war, ihn nicht geärgert hätte. »Es war beinahe wie ein Axthieb«, sagte er und steckte sein imaginäres Schwert wieder weg. »Mit einer weniger guten Rüstung würdest du mit Sicherheit das Bein verloren haben. Einen Mann in dieser Rüstung zu verwunden ist fast unmöglich.«
Ich sah die Szene wieder vor mir, wie ich im Schlamm lag und der Daker mit seinem Zweihänder mein Bein zerschmetterte. Arshak glaubte immer noch an seine Unverwundbarkeit. Das ist überhaupt das Problem bei der gepanzerten Kavallerie, das war auch das Problem für unser ganzes Volk gewesen. Wenn wir geglaubt hätten, wir könnten den Krieg mit den Römern verlieren, hätten wir ihn nie angefangen.
»Ein langer Speer, als Wurfspieß oder Lanze gebraucht, kann ebenfalls hindurchgehen«, fuhr ich fort. »Und ein Katapultbolzen. Und ein von einem hunnischen Bogen abgeschossener Pfeil.«
»Der hunnische Bogen!« höhnte Gatalas. »Immer erzählen uns die Männer, die nach Osten geritten sind, wie gut und wie stark der hunnische Bogen ist. Wenn er wirklich so gut ist, warum hast du nicht einen gekauft, als du im Osten warst?«
»Ich besaß einen. Ich habe ihn verloren, als ich von dem dakischen Zweihänder verwundet wurde. Aber ich habe ihn im Krieg benutzt, wenn ich überhaupt mit dem Bogen kämpfte – was nicht oft vorkam. Wir kämpften ja meist mit Lanze und Schwert, weil es ehrenvoller ist. Wenn diese hunnischen Bogen sich weiter im Westen und auch in unserem Land durchsetzen sollten, sind die Tage der gepanzerten Reiterei gezählt.«
»Es ist wirklich eine sehr gute Rüstung«, sagte Severus, taktvoll das Thema abschließend. »Ich nehme allerdings an, man braucht ein großes, starkes Pferd, um das alles zu tragen.«
So kam das Gespräch dann auf Pferde – die Römer waren vor allem von unseren Nisäern beeindruckt – und dann auf die Jagd und dann auf Bogen und Lanzen und Krieg. Ich beteiligte mich sehr wenig an dem Gespräch; mein Bein schmerzte, und ich war erschöpft. Wir aßen den Ochsenbraten mit Karotten und Lauch und tranken dazu Wein. Das Feuer zischte vom Regen.
»Was mich verblüfft«, sagte Comittus, als wir bei den Äpfeln und den mit Honig gerösteten Nüssen angelangt waren, »das ist, wie sehr die Art eurer Truppenorganisation der unseren ähnlich ist.«
»Eine Legion zum Beispiel?« fragte Arshak mit ausdrucksloser Stimme. Comittus bemerkte die Ironie der Frage nicht. Ein sarmatischer Drache hat so gut wie nichts mit einer römischen Legion gemein.
»Nein, nein, ich denke an die Ala der Auxiliarreiterei«, antwortete Comittus, der keineswegs dieser alberne Dummkopf war, für den Arshak ihn hielt. »Eure Drachen haben fünfhundert Mann; unsere alae quingenariae haben ebenfalls fünfhundert Mann. Ihr unterteilt die Drachen in Schwadronen zu dreißig Mann; wir unterteilen die alae in turmae zu dreißig Mann. Eure Schwadronsführer entsprechen unseren Dekurionen. Es ist genau die gleiche Organisation. Habt ihr uns, oder haben wir euch kopiert?«
»Ich möchte wetten, daß wir beide die Parther kopiert haben«, sagte Severus. »Sie haben ebenfalls eine schwere Reiterei, die in Drachen gegliedert ist. Ich habe das in einem Buch gelesen. Und die Sarmaten haben früher im Osten gelebt, in der Nähe der Parther.«
»Zur Zeit der Königin Tirgatao«, sagte Arshak, »haben wir gegen beide, die Parther und die Römer, gekämpft. So heißt es jedenfalls in unseren Liedern.«
Ich schaute zu Boden. Ich mochte es nicht, daß der Name meiner Frau erwähnt wurde, auch wenn sie nicht gemeint war, sondern die Königin, nach der sie benannt war.
»Und wie ging die Sache aus?« fragte Comittus interessiert.
»Sie hat ihr Volk zum Sieg geführt und fiel in der siegreichen Schlacht.«
»Kämpfen denn eure Frauen im Krieg mit?« fragte Severus.
»Jetzt nicht mehr«, antwortete Arshak. »Aber in den Tagen der Großmütter unserer Großväter schon. Es gibt bei uns viele Lieder über die Heldenköniginnen. In der damaligen Zeit konnte eine Frau nicht heiraten, bevor sie nicht einen Feind ihres Stammes getötet hatte.« Er zuckte die Achseln. »Damals war das für sie leichter zu schaffen, denke ich. Man war nicht so schwer gerüstet wie heute. Die meisten unserer Frauen
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