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Die Reiter der Sarmaten

Die Reiter der Sarmaten

Titel: Die Reiter der Sarmaten Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Gillian Bradshaw
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entgegen, als ich den Speiseraum betrat.
    »Seid vielmals gegrüßt!« sagte Comittus lächelnd. »Ich freue mich, Euch so wohlauf zu sehen. Setzt Euch und frühstückt mit uns.«
    »Danke, ich habe bereits gegessen«, erwiderte ich. »Habt Ihr die Absicht, nach Corstopitum zurückzukehren?«
    »Ihr denkt doch nicht etwa daran, jetzt dahin zu reiten?« fragte Longus verblüfft.
    »Ich habe gestern einen Boten mit der Nachricht geschickt, daß ich heute kommen werde.«
    »Ihr könnt heute einen anderen mit der Botschaft schicken, daß Ihr nicht kommt«, knurrte Facilis.
    Ich zuckte die Schultern. »Reitet Ihr mit, Comittus? Oder sonst jemand von Euch?«
    »Bei allen Göttern!« rief Longus aus. »Mann, als Ihr gestern angekommen seid, hattet Ihr die Farbe eines toten Fisches, und Eure Zähne klapperten wie Kastagnetten. Es gibt nichts so Dringendes in Corstopitum, daß es nicht einen oder zwei Tage warten könnte, oder?«
    Ich zuckte wieder die Schultern. Der Gedanke an die Stunden, die ich vergessen hatte, beunruhigte mich sehr, und ich befürchtete, es könnten schreckliche Dinge in der Stadt geschehen, während ich mich in aller Ruhe in Cilurnum erholte. Sorgen machte ich mir vor allem über Siyavak und den Vierten Drachen, die streng bewacht wie Gefangene von Condercum nach Corstopitum gebracht worden waren, Opfer derselben Lügen, die Gatalas getötet hatten.
    Vielleicht würde sich alles als Hirngespinst herausstellen, aber ich wollte kein Risiko eingehen. »Ich bin durchaus in der Verfassung zu reiten«, sagte ich.
    »Das habt Ihr gestern auch behauptet«, entgegnete Comittus.
    »Und es war gestern wahr, und heute ist es das noch mehr.«
    »Ihr seid ein eigensinniger Mann«, sagte Longus.
    Über dieses Echo mußte ich grinsen, und ich überlegte verwundert, warum sie mich alle so erstaunt anstarrten.
    »Was ist los?« fragte ich.
    »Ihr habt gelächelt«, antwortete Longus.
    »Na und?«
    »So habe ich Euch noch nie lächeln sehen. Das Äußerste war ein leichtes Verziehen der Mundwinkel von der nachsichtigen ›Wennihrdasfürwitzighaltet‹-Art. Ich war zu dem Schluß gekommen, daß Lächeln unter Eurer Würde ist. Was war so komisch an dem, was ich gesagt habe?«
    Comittus fing plötzlich an zu grinsen. »Diese Frau auf der Farm hat ebenfalls gesagt, daß er eigensinnig ist, und da hat er genauso gelächelt.«
    »Eine Frau auf einer Farm?« fragte Longus mit lebhaftem Interesse. »Welche Frau auf welcher Farm? Eine junge Frau?«
    »Eine Dame«, stellte ich klar. Seine Fragerei ging mir auf die Nerven. »Die verwitwete Eigentümerin der Farm, deren Leute mich aus dem Fluß gezogen haben und deren Pflege mich ins Leben zurückgebracht hat.«
    »Jung war sie allerdings auch«, ergänzte Comittus boshaft, »und sehr hübsch dazu. Du hast recht, Gajus, dieses Lächeln habe ich bei ihm auch noch nie gesehen. Ist sie der Grund, Ariantes, daß Ihr es so eilig habt, nach Corstopitum zurückzukehren?«
    Ich verwünschte sie innerlich. Römer haben in Liebesangelegenheiten eine andere Einstellung als Sarmaten, und ich war mir selbst durchaus noch nicht darüber klar, wie es weitergehen würde mit etwas, das noch nicht mehr war als ein Interesse, ein Wiedererwachen von Begehren, das lange tot gewesen war. Aber ich wußte, daß mein eigenes Volk den Frauen weit mehr Freiheit zugesteht, als es die Römer tun. Der gute Ruf einer römischen Dame ist eine delikate Angelegenheit, und grobe Scherze im Fort konnten schlimme Folgen haben.
    »Die Dame ist eine ehrbare Frau von Rang«, sagte ich scharf. »Ich verdanke ihr mein Leben, und ich werde nicht zulassen, daß respektlos von ihr gesprochen wird. Wenn irgend jemand sie nicht mit der Ehrerbietung behandelt, die ihr gebührt, werde ich ihn zum Zweikampf herausfordern.«
    Sie brauchten einen Augenblick, um das zu verdauen. Dann lachte Facilis. Er hatte ein rauhes, bellendes Lachen, das sich unangenehm anhörte, aber sein Gesicht war freundlich. »Ich bin überzeugt, die Dame ist sittsam und höchst ehrbar«, sagte er. »Und ich nehme an, Eure Frau ist, wie alle Frauen, die Ihr in Eurer sarmatischen Heimat zurückgelassen habt, offiziell zur Witwe erklärt worden.«
    »Meine Frau ist in unserer sarmatischen Heimat von Angehörigen der Zweiten Pannonischen Kavallerieala getötet worden«, erwiderte ich scharf, »und mein kleiner Sohn mit ihr. Ihre Leichen wurden verbrannt. Sprecht nicht von ihnen.«
    Ich weiß nicht, warum ich ihnen das jetzt gerade und in dieser Weise mitteilte.

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