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Die Rekonstruktion des Menschen

Die Rekonstruktion des Menschen

Titel: Die Rekonstruktion des Menschen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Erik Simon (Hrsg)
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schöne Töpfe gesehen habe… Also abgemacht, du begleitest mich in die Stadt, Hinkebein. Was meinst du, ob wir’s bis zur Stadt schaffen?«
»Warum denn nicht! Klar schaffen wir’s! Zur Stadt’! Natürlich schaffen wir’s. Wo du aber solche Töpfe gesehen hast, kann ich dir sagen. Die Sonderlinge haben solche Töpfe. Die pflanzen sie nämlich nicht an, mußt du wissen, sie stellen sie aus Ton her, bei ihnen ganz in der Nähe ist doch die Tönerne Lichtung. Ich hab’ dir ja gesagt: von meinem Haus gleich links, an den zwei Steinen vorbei bis zum Pilzdorf. Im Pilzdorf lebt freilich niemand mehr, da brauchen wir ja gar nicht erst hinzugehen. Haben wir vielleicht noch keine Pilze gesehen? Auch als mein Bein noch gesund war, bin ich nie in dieses Pilzdorf gegangen, ich weiß nur, daß zwei Schluchten weiter die Sonderlinge leben. Nun ja… wir könnten schon morgen aufbrechen… Hör mal, Schweiger, wir sollten vielleicht doch nicht dort hingehn. Ich mag diese Pilze nicht. In unserm Wald, verstehst du, gibt’s wenigstens Pilze, die man essen kann, die schmecken. In ihrem Dorf aber sind die Pilze so komisch grün und riechen so schlecht. Was hast du dort verloren? Bringst uns bloß noch die Pilzflechte her. Laß uns lieber in die Stadt gehen. Das ist bedeutend angenehmer. Allerdings könnten wir wohl morgen noch nicht losgehen. Wir müßten uns nämlich mit Proviant eindecken und uns nach dem Weg erkundigen. Oder kennst du den Weg? Wenn du ihn kennst, erkundige ich mich natürlich nicht, ehrlich gesagt, hab’ ich auch keine Ahnung, wen ich danach fragen könnte. Vielleicht den Dorfältesten, was meinst du?«
»Ja, kennst du denn den Weg in die Stadt nicht selber?« fragte Candide. »Du müßtest ihn ja sogar ziemlich gut kennen. Einmal hast du die Stadt doch fast erreicht, hast nur Angst vor den Schatten gekriegt, hattest Angst, nicht allein gegen sie anzukommen…«
»Vor den Schatten hatte und hab’ ich keine Angst«, entgegnete Hinkebein. »Ich will dir sagen, wovor ich Angst hab’. Davor, wie wir beide den Weg zurücklegen sollen. Willst du vielleicht den ganzen Weg über so wenig reden wie jetzt? Ich kann so was nicht. Und dann ist da noch etwas anderes… Du darfst mir nicht böse sein, Schweiger, aber beantworte mir nur eine Frage. Wenn du’s nicht laut tun willst, dann flüstre oder nicke einfach mit dem Kopf, und wenn du selbst das nicht willst, schließ kurz das rechte Auge, das ist jetzt im Lichtschatten, niemand außer mir wird’s also sehen. Ich möchte wissen, ob du nicht doch ein ganz klein wenig im Schatten bist? Ich kann Schatten nämlich nicht gut vertragen, ich krieg’ das Zittern, wenn sie in der Nähe sind, bin ich völlig machtlos dagegen…«
»Nein, Hinkebein ich bin kein Schatten«, sagte Candide. »Ich kann sie ja selber nicht ausstehn. Wenn du aber Angst hast, ich könnte zu wenig reden – wir zwei gehn ja nicht allein los, das hab’ ich dir schon gesagt. Faust wird mitgehn und Schwanz – und noch zwei Leute aus dem Weiler.«
»Mit Faust geh’ ich nicht«, sagte Hinkebein entschieden. »Faust hat nicht auf meine Tochter aufgepaßt, obwohl er sie zur Frau genommen hatte. Sie haben ihm meine Tochter abgejagt. Ich kreide ihm nicht an, daß er sie zur Frau genommen hat, nur aufpassen auf sie hätte er müssen. Er ist mit meiner Tochter zum Weiler gegangen, und dort haben die Räuber sie ihm weggenommen. Sie lauerten ihm auf, und er hat sie hergegeben. Wie oft hab’ ich später mit deiner Nawa nach ihr gesucht, ohne sie zu finden. Nein, Schweiger, mit den Räubern ist nicht gut Kirschen essen. Wollten wir beide in die Stadt, so hätten wir keine Ruhe vor ihnen. Was andres ist’s mit dem Dickicht, dorthin können wir gehn, ohne zu zögern. Gleich morgen brechen wir auf.«
»Übermorgen«, sagte Candide. »Du gehst, ich gehe, Faust, Schwanz, und noch zwei andere aus dem Weiler gehen. Gemeinsam schaffen wir’s in die Stadt.«
»Zu sechst schaffen wir’s«, sagte auch Hinkebein überzeugt. »Allein würd’ ich natürlich nicht losziehn, aber zu sechst schaffen wir’s. Zu sechst schaffen wir’s sogar bis zu den Teufelsfelsen, nur kenn’ ich den ‘Weg dorthin nicht. Vielleicht sollten wir zu den Teufelsfelsen gehn? Ist zwar sehr weit, aber zu sechst schaffen wir’s. Oder mußt du nicht zu den Teufelsfelsen? Hör zu, Schweiger, wir schlagen uns erst mal bis zur Stadt durch, dann sehn wir weiter. Nur reichlich Proviant müssen wir mitnehmen.«
»Gut«, sagte Candide und erhob

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