Die Reliquie von Buchhorn
wird versuchen, dich zu schnappen. Und dann sind wir da und kaufen uns den Kerl.« Er hieb mit der flachen Hand auf den Tisch. »Nun, was sagt ihr? Eckhard?«
Eckhard nippte an dem schalen Bier. »Das könnte funktionieren. Und ich sehe keinen anderen Ausweg.«
»Aber damit versuchen wir Gott!«, keuchte Rodericus. In der Dunkelheit war er geisterhaft bleich.
»Dann beten wir, dass er dich beschützt. Wir sollten jetzt alle aufbrechen. Es ist Zeit für die Vesper.« Eckhard nickte Gerald auffordernd zu. »Hast du nicht gehört, Bruder Gerald?«
Wulfhard stieß ein wieherndes Lachen aus. »Genau, Bruder Gerald. Und bete für mich.«
»Und du, Wulfhard«, bemerkte Eckhard sanft, während er den Schmied am Ärmel der Kutte festhielt, »du hältst dich vom Würfelspiel fern, von den Weibern und von allem, was mir missfallen könnte. Ich erwarte dich morgen zur Prim in der Weinrebe. Und ich erwarte Pünktlichkeit.«
Wulfhard stieß einen übertriebenen Seufzer aus. »Schon gut, schon gut. Ich werde keinen Anlass zu Klagen geben. He, Mädchen, bring mir noch ein Bier.«
Gerald ballte die Fäuste und schob das Kinn vor. »Ich mach mich nicht zum Gespött«, sagte er und schüttelte so heftig den Kopf, dass die Haare, die ihm von der Nacht immer noch wirr in die Stirn hingen, flogen. »Nicht noch einmal. Außerdem kann ich mich in der elenden Kutte kaum bewegen.«
»Aber der Wirt könnte stutzig werden, wenn du …«, begann Rodericus vernünftig.
Gerald fiel ihm ins Wort. »Der erkennt mich gar nicht. Und selbst wenn!« Er verstummte, als Eckhard sich von dem schmalen Bett, das er für sich beansprucht hatte, erhob.
Der Mönch nahm Rodericus die Kutte aus der Hand und hielt sie Gerald nachdrücklich hin. »Bruder Rodericus hat vollkommen recht. Zieh die jetzt an und hör auf, dich zu beschweren. Wir haben Wichtigeres zu tun.«
»Ja, Schlaf nachholen!«, fauchte Gerald. »Glaubt ihr eigentlich, ich konnte schlafen, während ihr gebetet habt? Zwei Mal!«
»Matutina und Laudes«, bestätigte Eckhard sachlich. »Wenn du schon gewacht hast wie ein Mönch, kannst du dich auch so kleiden!« Er hob den Zeigefinger, da Gerald zu einer wütenden Entgegnung ansetzte.
An der Tür klopfte es.
»Das wird Wulfhard sein.«
»Wenn der nur eine blöde Bemerkung macht, dann kracht es!«, schwor Gerald, als er sich unbeholfen die Kutte über den Kopf streifte. Er strich die Falten glatt, während Wulfhard das Zimmer betrat. Der Stallmeister gähnte, und unter seinen Augen lagen dunkle Schatten.
Eckhard schüttelte missbilligend den Kopf, doch er sagte nur: »Lasst uns gehen.«
Sie verließen die Kammer. Aus einigen Zimmern drang noch das Schnarchen anderer Gäste, aus einem das Gemurmel eines Betenden. Rodericus wollte eben beifällig zustimmen, als aus der Tür direkt neben ihm ganz andere Töne schallten. Er machte einen Satz zur Seite und wurde blutrot. Wulfhard lachte so schallend, dass das Paar in der Kammer für kurze Zeit innehielt.
»Jetzt kommt endlich!«, rief Eckhard ungeduldig. »Und Wulfhard, ich warne dich!«
Wulfhard wollte etwas sagen, aber Eckhards harte Augen machten ihm deutlich, dass es besser war, den Mund zu halten. Er polterte die Treppe hinunter, stieß die Tür des Gasthauses auf und atmete die frische Morgenluft. »Ich mag den Frühling.« Er blinzelte zu den weißen Wolken empor, die träge über den Himmel zogen. Die Sonne tanzte auf seinen Haaren.
Gerald versetzte ihm einen Stoß in den Rücken. »Vielleicht mag er dich ja auch.«
»Wenn nicht, kannst du ja für mich beten, Bruder«, feixte Wulfhard.
Geralds Wangen verfärbten sich, er hob die Faust, aber Eckhard kam ihm zuvor. Er packte Wulfhard an der Schulter und drehte ihn zu sich um. »Der Graf hat dich geschickt, uns zu helfen? Dann solltest du damit anfangen. Sonst könnte dir nicht gefallen, was ich ihm zu erzählen habe.«
Wulfhard wurde etwas blasser, und plötzlich waren ihm die Spuren der letzten Nacht deutlich ins Gesicht geschrieben. »Schon gut«, murrte er und machte sich los. »Was tun wir also jetzt?«
»Bruder Rodericus stellt Fragen über Bruder Warmund.«
Der junge Mönch sah hilflos die Straße auf und ab. »Wohin soll ich denn gehen? Ich meine … Altdorf ist so groß. Wo … wo ist denn der Ortskern? Die Kirche?«
Schweigend zeigte Wulfhard nach links.
Sie erreichten den Dorfplatz am Ende der Gasse, wo ein paar Mönche gerade aus der Kirche kamen. Eckhard vermutete, dass sie dort zur Prim gebetet hatten. Er
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