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Die Reliquienjägerin: Historischer Roman (German Edition)

Die Reliquienjägerin: Historischer Roman (German Edition)

Titel: Die Reliquienjägerin: Historischer Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Sabine Martin
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Rechtskraft verliehen. Es war gekommen, wie er vorausgesehen hatte: Drei Tage lang hatten die Nürnberger alle Juden ermordet, derer sie habhaft werden konnten. Über fünfhundert waren es gewesen, ein Drittel der jüdischen Einwohner der Stadt. Etwa tausend hatten sich demnach retten können. Genug, um bald wieder eine Gemeinde in Nürnberg aufzubauen.
    Karl war zufrieden. Ein erträglicher Verlust, auch wenn es ihm gegen den Strich ging, dass Unschuldige hatten sterben müssen. Aber so war das Leben, so hatte Gott es bestimmt, und der Wille Gottes geschah, so oder so.
    Die Urkunde bestätigte, dass Karl den Nürnbergern verzieh. Einzig und allein Plünderer wurden hart bestraft, denn nur der Rat hatte das Recht, über das Eigentum der Juden zu entscheiden, das er von Karl übereignet bekommen hatte.
    Karl schob die Urkunde von sich weg. In seinen Träumen war ihm der heilige Wenzel erschienen. Er hatte ein Lamm geschlachtet und gesagt: »Siehe, das ist Gottes Wille. Nur er gibt Leben und nimmt es wieder.«
    Er träumte viel in letzter Zeit. Ein Traum, der ihn immer wieder heimsuchte, ließ ihm keine Ruhe: Er ging auf einer Wiese spazieren, ganz allein und nur mit dem Kaisergewand bekleidet. Der Traum musste auf die Zukunft verweisen, denn das Gewand und die übrigen Reichskleinodien waren ihm noch immer nicht übergeben worden. Doch der Traum ging noch weiter. Eine Schäferin kam auf ihn zu und nahm ihm das Gewand weg. Nackt stand er vor ihr, sie aber lachte und sagte: »Ein König willst du sein? Dann zeige es nicht mit Tand und Eitelkeit. Wenn du Gott wahrhaft als König dienen willst, tu dies als einfacher Mann. Jesus Christus hat nicht aus silbernen Kelchen getrunken, sondern aus hölzernen Bechern.«
    Karl lehnte sich zurück und legte die Fingerspitzen aneinander. Er spürte, dass Montfort ihn beobachtete, aber das scherte ihn nicht. Er musste herausfinden, was genau der Traum ihm mitteilen wollte. Ging es um die Beschaffung der Reichskleinodien? Sollte er darauf verzichten? Niemals! Solange er nicht im Besitz dieser Symbole der Macht war, lag ein Schatten der Schwäche über seiner Regentschaft. Er sollte dem Herrn dienen, indem er das äußere Zeichen seiner Herrschaft ablegte. Aber wie? Hatte es etwas mit den Reliquien zu tun? Oder mit den ›Hütern der Christenheit‹? Karl dachte an den Schwur, den er seinem Vater auf dem Schlachtfeld geleistet hatte, und an den seltsamen Brief von Graf Vita Belcredi, den sein Spion ihm vor einigen Wochen übergeben hatte.
    Er hatte den Mann zurück nach Würzburg geschickt, um in Erfahrung zu bringen, wie das Schreiben in den persönlichen Besitz des Bischofs gelangt sein konnte. Der Spion war gestern zurückgekehrt. Offenbar handelte es sich bei dem Inhalt der Truhe um Papiere eines verstorbenen Vorgängers des Bischofs, Otto II. von Wolfskeel, der sie wiederum von seinem Vorgänger, Wolfram von Grumbach, übernommen hatte. Der Bischof habe sich nie darum gekümmert. Es sei unmöglich, im Nachhinein herauszufinden, wie und vor allem wann der Brief in die Truhe geraten war. Auch der Kundschafter, den Karl nach Pasovary geschickt hatte, hatte ihm nicht weiterhelfen können. Nur eine kleine Belegschaft verwaltete die Burg, die dem Anschein nach dem Niedergang geweiht war. Es schien offensichtlich, dass sich niemand aus dem Geschlecht der Belcredis in den letzten Jahren um das Anwesen gekümmert hatte. Trotzdem war die Burg der einzige Ort, an dem eine Suche nach der Tochter und dem Schatz, den sie hütete, sinnvoll erschien. Wenn sie lebte und es eine Spur von ihr gab, dann dort.
    Karl rieb sich die Stirn. Er ignorierte das leise Räuspern von Montfort und setzte seinen Gedankengang fort. Er durfte niemanden in das Geheimnis der »Hüter der Christenheit« einweihen. Deshalb musste er selbst nach Pasovary reisen. Und zwar unverzüglich. Bevor ihn im Frühjahr andere Geschäfte davon abhielten. Allerdings war eine solche Reise in mehr als einer Hinsicht ein Wagnis.
    Eine blitzartige Erkenntnis wischte all seine Grübeleien hinweg. Der Traum! Karl musste nach Pasovary reisen, aber nicht als König, sondern als einfacher Mann, ohne Pomp – in den Gewändern eines Wagenführers oder eines Knechtes. Das war der Dienst am Herrgott, zu dem ihn der Traum aufforderte!
    »Montfort!«, rief Karl, beflügelt von der plötzlichen Erkenntnis.
    »Herr?«
    »Stellt uns eine Eskorte zusammen. Zehn Mann unserer Leibgarde, zwanzig Mann der Palastwache und weitere zwanzig Männer in zwei

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