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Die Reliquienjägerin: Historischer Roman (German Edition)

Die Reliquienjägerin: Historischer Roman (German Edition)

Titel: Die Reliquienjägerin: Historischer Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Sabine Martin
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nicht berührt werden, egal in welcher Form sie vorlag.
    Bohumir und Engelbert eilten herbei.
    Sie hob die Hände. »Nichts von Bedeutung. Es ist nur …« Mit dem Zeigefinger deutete sie auf das heilige Buch. »Die fünf Bücher Mose. Eine Thora!«
    »Eine Thora? Aber es ist ein Buch und keine Rolle. Wie kann das sein?«, fragte von der Hardenburg.
    Rebekka zuckte mit den Achseln. »Ich weiß es nicht. Es muss eine Abschrift sein. Aber wie kommt eine Thora hierher?«
    Bohumir machte Anstalten, ihr zu helfen. »Ihr dürft sie nicht anfassen, jedenfalls nicht mit den bloßen Händen, soviel ich weiß. Aber ich darf es.«
    Rebekka besann sich einen Moment. »Es ist keine echte heilige Thora«, sagte sie dann. »Ich bin nur erschrocken.« Sie kam Bohumir zuvor und hob das Buch wieder auf. Sie wog es in der Hand. »Wie kommt die Abschrift einer Thora hierher in die Bibliothek einer christlichen Burg?«
    Der Ordensritter und Bohumir schüttelten gleichzeitig die Köpfe und wechselten einen Blick. Rebekka unterdrückte ein Schmunzeln. Es sah aus wie einstudiert.
    »Dieser Ort ist eine Schatzkammer des Wissens«, sagte Engelbert von der Hardenburg. »Soweit ich das erkenne, beherbergt sie Schriften aus aller Herren Länder.« Er seufzte. »Das ist wunderbar, doch es macht uns unsere Aufgabe nicht gerade leichter. Irgendwo hier muss der Schlüssel zu unserem Rätsel zu finden sein.« Er zeigte auf die Regale. »Wir werden Tag und Nacht arbeiten. Wir müssen jedes Buch und jede Schriftrolle auf Hinweise absuchen. Und am besten beginnen wir auf der Stelle.« Von der Hardenburg wartete nicht auf eine Antwort, sondern wandte sich um, zog einen dicken Folianten aus dem Regal und setzte sich damit auf eine der Truhen.
    Rebekka drehte sich einmal im Kreis. Es würde Monate dauern, alles durchzublättern, Jahre, es zu lesen. Und es war keineswegs sicher, dass sie hier des Rätsels Lösung finden würden.
***
    Der Mönch verbeugte sich vor Fulbach. »Eine weitere Taube, Ehrwürden.«
    »Danke, mein Bruder«, erwiderte Fulbach und winkte den Mann heran. »Gib sie mir, dann kannst du gehen.«
    Der Mönch legte die Taube auf Fulbachs Tisch und verschwand.
    Fulbach strich mit dem Zeigefinger über das Gefieder. Engelbert von der Hardenburg hielt sich für besonders schlau, glaubte, mit einem billigen Trick die Falken umgehen zu können. Jede Taube trug neben einer Nachricht, die in die Schwanzfedern eingenäht war, eine kleine Glocke am rechten Fuß. Das Gebimmel sollte die Falken vertreiben. Das gelang bei normalen Falken, aber nicht bei denen, die Fulbach abgerichtet hatte. Er hatte sie nicht nur an den Lärm gewöhnt, seine Falken hörten die Glöckchen über tausende Fuß hinweg und erlegten so zielsicher jede Taube. Bis jetzt war ihnen keine einzige entgangen, denn ordentlich, wie von der Hardenburg nun einmal war, hatte er jede Nachricht aufsteigend nummeriert.
    Fast einen halben Tag früher als von der Hardenburg und seine Leute war Fulbach hier in dem kleinen Kloster Navesti eingetroffen, das nur eineinhalb Meilen nördlich von Pasovary lag. Sie hatten die Pferde gewechselt, so waren sie schneller vorangekommen. Zehn Brüder lebten im Kloster Navesti, geführt wurde es von dem ältesten, der dem Fürstabt bereitwillig Unterkunft gewährte.
    Fulbach entfernte vorsichtig die Nachricht aus den Federn. Das Pergament war hauchdünn, die Schrift so klein, dass er sie kaum erkennen konnte. Natürlich war der Text wieder verschlüsselt. Der Jude hatte einige Zeit gebraucht, den ersten Brief zu entziffern: eine Verschiebung des Alphabets. Und zwar eine komplizierte, bei der die Buchstaben mehrfach verschoben wurden. Trotzdem gab es bessere Verschlüsselungen. Engelbert von der Hardenburg und der König ahnten offenbar nicht, wie dicht Fulbach ihnen auf den Fersen war. Umso besser. So konnte er zuschlagen, wenn sie am wenigsten damit rechneten und vor allem wenn sie die Zahlenkolonnen entschlüsselt hatten, die ihm der Jude freundlicherweise überlassen hatte.
    Eigentlich brauchte er den Mann nicht mehr. Er war ein unnützer Esser. Bei der nächsten Gelegenheit sollte Jaroslav ihn irgendwo in den Wäldern aussetzen, nicht ohne ihm vorher die Achillessehnen zu durchtrennen. Die Wölfe würden sich freuen und den Juden auf Nimmerwiedersehen verschwinden lassen. Aber noch bestand die Gefahr, dass von der Hardenburg die Verschlüsselungsmethode änderte. Fulbach dachte kurz nach und traf eine Entscheidung. Er würde den Juden noch ein Weilchen

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