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Die Residenz des Doktor Rattazzi: Roman (German Edition)

Die Residenz des Doktor Rattazzi: Roman (German Edition)

Titel: Die Residenz des Doktor Rattazzi: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ugo Riccarelli
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während er sie an sich drückte, um sie zu trösten und vor dem zu beschützen, was sie nicht sehen konnte, merkte Beniamino, dass er sich gleichzeitig selbst Mut machte, dass auch er in dieser Umarmung, in Renatinas Worten, in ihren so weit von der Realität entfernten Gedanken Trost und Zuflucht finden konnte.
    Ermutigt durch diese Erkenntnis, bat er die anderen, ruhig zu bleiben und ihn allein sprechen zu lassen. Renatina vertraute er Marzi und Bruni an, sagte, sie sollten die Irren nach oben in die Schlafzimmer bringen und bei ihnen bleiben. Dann ging er zur Tür, um die Soldaten zu empfangen, die inzwischen auf dem Hof angekommen waren.
    Aus dem ersten Fahrzeug stieg ein Offizier, in der Hand eine kleine Peitsche, im Mund eine Zigarette, und hinter ihm erkannte Beniamino die vertraute Gestalt des Castellucci in der Uniform der Faschisten. Ein Schauder durchfuhr ihn, fast musste er lächeln bei dem Gedanken, wie aberwitzig und unvorhersehbar die Wege des Schicksals waren.
    »Wer ist der Verantwortliche hier?« fragte der Offizier.
    »Ich«, antwortete Beniamino in festem Ton.
    »Und wer sind Sie?« fragte der andere scharf zurück.
    »Doktor Rattazzi. Die städtische Irrenanstalt hat die hier evakuierten Patienten meiner Obhut anvertraut«, antwortete Beniamino, den Blick unverwandt auf Castelluccis Augen geheftet.
    »Gut, Herr Doktor«, sagte der Deutsche. »Wir durchkämmen dieses Gebiet auf der Suche nach Banditen. Ich hoffe doch sehr, dass ihr hier niemanden versteckt.«
    »Niemanden.«
    Der Offizier schlug sich mit der Peitsche auf den Oberschenkel.
    »Wir werden ja sehen«, sagte er und gab seinen Soldaten das Zeichen, näher zu kommen. Schon ging er auf die Tür zu, dann blieb er vor Beniamino stehen und blies ihm eine Rauchwolke ins Gesicht.
    »In den Gutshöfen von Maiano, wo noch mehr von euren Patienten untergebracht sind«, sagte er, wobei er das Wort »Patient« verächtlich betonte, »haben wir auch ein paar Juden gefunden. Bedauerlicherweise mussten wir den einen oder anderen erschießen. Ich hoffe, dass ihr hier keinem Juden Unterschlupf gewährt.«
    Der Blick des Deutschen fixierte ihn kalt.
    »Keinem«, bekräftigte Beniamino knapp.
    »Dann wird ja alles ganz einfach sein«, bemerkte der andere und schritt über die Schwelle.
    Beniamino wollte ihm folgen, als Castellucci ihn mit einer Hand zurückhielt.
    »Doktor Rattazzi, was für eine Freude, Sie kennenzulernen«, sagte er halblaut mit deutlich ironischem Unterton.
    »Du hast mir schon ein Bein und den Studienabschluss kaputtgemacht, willst du jetzt auch mein Leben?« entgegnete Beniamino schroff, während er Castelluccis Hand wegschob und auf die Küche zuging.
    Kaum war er eingetreten, verschlang ihn das Feuer der Angst. Er hatte spontan geantwortet und dem alten Kameraden sofort die ganze Last der Gefühle entgegengeschleudert, die seine Seele jahrelang bedrückt hatte. Er hatte diese Worte wie einen Schrei ausgestoßen, es war die berechtigte Forderung nach einer Entschädigung, nach etwas, womit sein Opfer vergolten werden konnte: mit Schweigen.
    Darum horchte Beniamino in den wenigen Sekunden, die er brauchte, um den deutschen Offizier in der Küche einzuholen, auf dieses Schweigen, berührte es so behutsam wie möglich und versuchte, es mit seinen Wünschen zu nähren, denn er wusste, dass es die Voraussetzung war, auf der er aufbauen musste, um seine Leute zu retten, um sich als Mann und als Arzt zu bewähren. Er flehte zu diesem Schweigen, betete es an, schürte es wie die Glut im Kohlebecken, bis er in der Küche angelangt war und sich nach Castellucci umdrehte. Er sah ihn reglos an der Schwelle stehen und Beniaminos Blick mit einer Grimasse erwidern, die ihm zeigte, dass er dieses Schweigen nicht brechen und so endlich seine alte Schuld begleichen würde.
    Der Offizier hatte seine Soldaten unterdessen mit wenigen, auf deutsch gebrüllten Befehlen durch das Haus gehetzt und sich dann am Küchentisch niedergelassen.
    »Herr Doktor«, sagte er zu Beniamino, »spielen Sie doch bitte Ihre Rolle als höflicher Gastgeber, lassen Sie ein paar Gläser Ihres guten Weines servieren und setzen Sie sich zu mir, damit wir ein wenig plaudern können.«
    Beniamino blieb einen Augenblick lang stocksteif stehen. Der spöttische Ton dieser Sätze verstärkte den Argwohn, den er bereits empfand. Die Vernunft empfahl ihm Höflichkeit, hielt es für angeraten, die Wünsche des Deutschen zu erfüllen, auf keinerlei Weise Unstimmigkeiten zu provozieren,

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