Die Rettung
dicker Kloß bildete sich in seiner Kehle. Sie fehlte ihm so sehr! Sie saß an ihrem gewohnten Platz am Feuer, war aber diesmal nicht mit Spinnen, Nähen oder Stopfen beschäftigt, sondern hatte die Hände still im Schoß gefaltet und sah zu ihm herüber.
Dylan sprang auf. Die Decke glitt zu Boden. Nur mit seinem Nachthemd bekleidet lief er auf sie zu, kniete vor ihr nieder und nahm eine ihrer Hände in die seinen. »Cait, nein! Das stimmt nicht.«
Cait lächelte nur. »Och, aye. Ich sehe es dir doch an. Und ich bin glücklich, dass meine Kinder eine gute Mutter bekommen werden.«
Verwirrt schüttelte er den Kopf. »Nein, Cait, du irrst dich.«
»Es wäre ein Segen. Du musst wieder heiraten.«
»Ich könnte dich niemals vergessen.« Dylan konnte den Blick nicht von ihr wenden. Wie ein Verdurstender trank er ihren Anblick in sich hinein.
Jetzt lachte sie hell auf. Der glockenklare Klang war Musik in seinen Ohren. »Natürlich nicht. Du liebst sie ja auch auf eine ganz andere Art als mich. Wir sind zwei grundverschiedene Frauen. Aber du musst wieder heiraten, schon Ciaran und Sile zuliebe. Eóin und Gregor sind auch bereits viel zu lange mit ihrer Mutter allein. Du wärst ihnen ein guter Vater. Eóin hängt sehr an dir. Und auch deinetwegen liegt mir daran, dass du Sarah heiratest.«
Dylan sah sie an. Als er begriff, was sie damit meinte, schüttelte er abwehrend den Kopf. »Ich komme sehr gut alleine zurecht. Ich brauche keine Frau, und ich will auch nicht wieder heiraten.«
Ihre Augen umwölkten sich. »Und warum nicht?«
»Weil ich Sarah nicht liebe.«
Wieder lächelte Cait. »O doch, das tust du«, sagte sie in einem Ton, der keinen Widerspruch duldete, strich ihm eine Haarsträhne aus dem Gesicht und presste ihre Hand dann gegen seine Wange. »Zumindest hast du sie sehr gern, das hast du ja selbst zugegeben.«
»Aber ich würde nicht mein Leben für sie aufs Spiel setzen.«
»Och, für die Jakobiten würdest du sterben, aber nicht für Sarah?«
»Das ist nicht dasselbe.«
»Doch. Sarah ist eine Verwandte, und du kämpfst ja für den Clan. Für unsere Kinder. Die Kinder sind unsere Zukunft, in ihnen leben wir weiter. Ciaran und Sile sind auch ein Teil von mir. Lass nicht zu, dass ihnen etwas geschieht. Es zählt nicht, wie sehr du Sarah liebst, aber du musst sie lieben, weil sie eine von uns ist. Du musst sie heiraten, denn du brauchst sie. Und sie liebt dich ja. Eine bessere Frau für dich könnte ich mir gar nicht wünschen.«
Dylan schloss die Augen. Sein Herz krampfte sich zusammen. »Ich kann ihre Liebe nicht im selben Maße erwidern, das weißt du.«
Caits Stimme klang sehr weich. »Wenn du sie nur halb so sehr lieben würdest, wie du mich geliebt hast, könnte sie sich glücklich schätzen. Warum verhärtest du dein Herz?«
»Damit niemand mehr ein Messer hineinstoßen kann.«
Dylan blickte auf, als ihm klar wurde, was er gerade gesagt hatte. Er hätte nie gedacht, dass er einmal fürchten könnte, Sarah zu verlieren, so wie er Cait verloren hatte, aber genau diese Furcht hatte all seine Gedanken an sie verdüstert. Nie wieder wollte er zulassen, dass ihm ein solcher Schmerz zugefügt werden konnte.
»Och, davor solltest du aber keine Angst haben. Nicht, wenn du versuchen willst, den Clan zu retten, wie Sinann es gesagt hat.«
Dylan lächelte und beugte sich vor, um einen Kuss auf ihre Hand zu drücken, die er noch immer festhielt. Mit der anderen drückte sie seinen Kopf auf ihr Knie, strich ihm das Haar aus der Stirn und streichelte dann seinen Bart so sanft, dass er beinahe darüber eingeschlafen wäre. Er war nie glücklicher gewesen als in den Momenten, wo er sie im Halbschlaf in den Armen gehalten hatte. »Du hättest nicht vor deiner Zeit sterben dürfen«, murmelte er. »Wir waren dazu bestimmt, zusammen alt zu werden.«
»Aye.«
»Bleib bei mir, Cait.«
»Du weißt, dass das nicht geht«, flüsterte sie. »Und ich werde auch nicht wiederkommen. Ich muss meinen Weg weitergehen, genau wie du den deinen.«
Dylan hob den Kopf und öffnete den Mund, um zu protestieren, aber noch bevor er einen Ton herausbrachte, war sie verschwunden. Seine Hände lagen auf der hölzernen Sitzfläche des Stuhles vor ihm.
Eine eisige Kälte durchströmte ihn. Er sackte auf dem Boden zusammen, stützte den Kopf auf seine Arme und blieb reglos neben dem ersterbenden Feuer sitzen.
17. Kapitel
Kurz vor Beltane war Dylan mit dem Scheren seiner verbliebenen Schafe beschäftigt, als ein Bote aus der
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