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Die Rettung

Titel: Die Rettung Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Julianne Lee
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Burg zu ihm kam; der halbwüchsige Sohn einer der Küchenmägde. »Du sollst sofort mitkommen!«, keuchte er. »Iain Mór wünscht dich zu sprechen.« Ohne auf eine Antwort zu warten rannte er wieder davon und ließ Dylan mit seinem zur Hälfte geschorenen Schaf zwischen den Knien und der großen Schere in der Hand im Pferch stehen. Er wusste, dass Dylan dem Befehl des Lairds unbedingt Folge leisten würde und hielt es daher für überflüssig, auch nur eine Minute länger zu warten.
    Seufzend beendete Dylan seine Arbeit, deckte die Vliese zum Schutz vor dem Regen, den er in der Luft riechen konnte, mit Wachstuch ab und hängte die Schere an ihren Haken an der Viehstallwand. Da der Laird ihn offensichtlich in einer offiziellen Angelegenheit zu sich befohlen hatte, legte er einen sauberen Kilt an, schnallte seinen sporran um und schob seine beiden Dolche in ihre Scheiden. Dann machte er sich auf den Weg zur Burg.
    Kurz darauf betrat er die große Halle und hielt nach Iain Ausschau, konnte ihn aber nirgendwo entdecken. Der Botenjunge, der jetzt damit beschäftigt war, neben dem Kamin Holz aufzustapeln, rief seinen Namen und zeigte auf den Gang, der zum Nordturm führte. Dort lag Iains Arbeitsraum. Der Laird saß hinter seinem Schreibtisch, als Dylan eintrat. Malcolm hockte in der Schießscharte, die als Fenster diente; sein Stab lehnte neben ihm an der Wand. Artair stand neben dem verwunschenen Gobelin. Er hatte die Arme vor der Brust verschränkt und trug einen mürrischen Gesichtsausdruck zur Schau.
    Sowie Dylan die Tür hinter sich geschlossen hatte, sagte der Laird: »Setzt euch. Alle beide.«
    Artair ließ sich auf einen kunstvoll geschnitzten, gepolsterten Stuhl vor dem Schreibtisch fallen, Dylan setzte sich wiederstrebend auf einen Hocker neben ihn. Sein Blick fiel auf den Gobelin. Ein Schauer lief ihm über den Rücken, als er sah, dass Sinanns gesticktes Ebenbild ihn mit weit aufgerissenen, entsetzten Augen anstarrte und stumm die Lippen bewegte. Leider konnte er nicht verstehen, was sie ihm mitteilen wollte, und durfte sich Iain gegenüber auch nicht anmerken lassen, was es mit diesem Gobelin auf sich hatte. Also zwang er sich, jeden Gedanken an Sinann vorübergehend zu verdrängen. Sie steckte sicherlich in großen Schwierigkeiten, aber im Moment konnte er nichts tun, um ihr zu helfen.
    Er konzentrierte seine Aufmerksamkeit auf Iain. Was konnte denn so wichtig sein, dass der Laird ihn von seinen Schafen hatte wegholen lassen?
    Iain kam direkt zur Sache. »Der Aufstand droht zu scheitern.«
    Dylan unterdrückte ein spöttisches Schnauben, nickte und bemerkte vorsichtig: »Nur sehr wenige Clans sind diesmal bereit, für die Jakobiten zu kämpfen. Sie warten darauf, dass die spanische Flotte in England landet.« Er zögerte, holte tief Atem und wagte sich dann auf dünnes Eis. »Was vielleicht nie der Fall sein wird.«
    Doch Iain schüttelte den Kopf. »Sie werden schon noch kommen«, erklärte er voller Überzeugung. »Spanien braucht dringend einen Sieg über König George. Die Flotte müsste jeden Tag in England eintreffen. Ungefähr dreihundert Spanier stehen bereits bei Eilean Donan, zusammen mit den Männern der Mac-Gregors, der MacDonalds und der anderen Clans, die die Jakobiten unterstützen. Lange kann es jetzt nicht mehr dauern, bis es zum entscheidenden Kampf kommt.«
    Artair umklammerte die Lehnen seines Stuhls und beugte sich aufgeregt vor. »Schließen wir uns ihnen an?«
    Iain nickte. »Aye. Mein Entschluss steht fest. Hier im Tal leben dreiundvierzig Männer im kampffähigen Alter. Ich werde sie persönlich in die Schlacht führen.«
    »Lass mich die Männer anführen!« Dylan hatte keine andere Wahl. Er musste alles tun, um zu verhindern, dass der Laird von Ciorram sich an den Kämpfen beteiligte, sonst würde er nach dem gescheiterten Aufstand des Verrates bezichtigt werden. Dylan schluckte hart. Wenn er bei Glen Shiel ums Leben kam, drohte seinen Kindern und seinem Clan ein sehr ungewisses Schicksal. Dennoch blieb ihm nichts anderes übrig, als sich zu erbieten, Iains Platz einzunehmen.
    Artair sah sein Angebot allerdings nicht als Opfer an. Er sprang auf und hätte dabei beinahe seinen Stuhl umgeworfen. »Einen Teufel wirst du tun!« Sein Gesicht war vor Zorn hochrot angelaufen. Kampfbereit funkelte er Dylan an.
    Dylan wollte schon nach Brigid greifen, besann sich dann aber. Inzwischen registrierte er selbst, wenn ihn diese unkontrollierbare Wut zu überwältigen drohte, und so bemühte er

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