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Die Rettung

Titel: Die Rettung Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Julianne Lee
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konnte.
    Möge Gott verhüten, dass Morrighan je lernte, ganz nach Belieben durch die Zeit zu reisen, dachte Dylan. Über das Unheil, das die dunkle Fee anrichten würde, wollte er lieber gar nicht nachdenken. Obgleich er fest daran glaubte, dass der Lauf der Geschichte nicht geändert werden konnte und dass es Mórrighan vielleicht sogar bestimmt war, in den nächsten drei Jahrhunderten Tod und Verderben über die Menschheit zu bringen, wollte er selbst nicht unmittelbar daran schuld sein.
    »Aye, es ist mir nicht gelungen. Deswegen brauche ich dich. Du hast diesen Tag von einer Warte aus erlebt, die mir versperrt bleibt, daher frage ich dich zum letzten Mal, wie der nächste Aufstand enden wird.«
    »Nein.«
    »Wie bitte?«
    »Das werde ich dir nicht sagen.«
    »Dann weißt du es also?«
    »Von mir erfährst du nichts. Und jetzt lass mich gehen. Du verschwendest nur deine Zeit.«
    Ein böser Funke glomm in ihren dunklen Augen auf. »Ich denke, es gibt Mittel und Wege, dich zum Reden zu bringen.« Sie schnippte mit den Fingern und hielt plötzlich eine Peitsche in der Hand.
    Dylan unterdrückte ein Stöhnen. Seine Hände, die noch immer an den Handschellen rissen, wurden feucht. Fast meinte er zu spüren, wie ihm erneut die Haut in Fetzen vom Rücken gerissen wurde. Verzweifelt rüttelte er an seinen Fesseln. »Nein!«
    Morrighan drehte die Peitsche zwischen den Händen. Dylan zog ein Knie gegen den Leib, um seine Genitalien zu schützen. Nicht dort. Bitte nicht dort.
    »Rede endlich! Wer wird siegen?«
    »Nein.« Er schüttelte den Kopf, bemüht, seine aufkeimende Panik niederzukämpfen, weil er ahnte, dass er diesmal nicht die Kraft aufbringen würde, die Schläge zu ertragen, denn das, was auf dem Spiel stand, berührte ihn nur indirekt. Wenn sie ihn auspeitschte, würde er reden, und seine unsterbliche Seele würde die nächsten Jahrhunderte mit dieser Schuld leben müssen.
    »Sinann«, murmelte er. »Hilf mir, Sinann.« Lieber Gott, schick mir endlich die Fee zurück. Schick mir irgendwen. Hilf mir.
    Morrighan holte mit der Peitsche aus. Ihre Augen glitzerten vor Vergnügen.
    Die Lederschnur pfiff durch die Luft. In Todesangst brüllte Dylan: »SINANN!«
    Genau in dem Moment, als das Leder seine Haut traf und ein sengender Schmerz durch seinen Körper schoss, hörte er Sinanns Stimme. »Wach auf!«
    Am ganzen Leibe zitternd fuhr er hoch und fand sich am Lagerfeuer in Glen Shiel wieder. Er schob eine Hand unter sein Hemd und zog sie blutverschmiert wieder hervor. Eine dünne rote Linie verlief quer über seine Bauchdecke.
    Benommen blickte er sich um. »Sinann?« Seine Kameraden schliefen fest, also konnte er im Traum nicht laut aufgeschrien haben. »Sinann, bist du hier?«, flüsterte er.
    Ein plötzlicher Windstoß zerzauste sein Haar.
    »Bist du das?«
    Wieder blies ihm eine Bö ins Gesicht. Leise kichernd winkte er ab. »Okay, okay, Tink, ich hab's kapiert. Jetzt muss ich mir nur noch überlegen, wie ich dich zurückholen kann.«

20. Kapitel
    Jetzt galt es, unbemerkt und an einem Ort, wo ihn niemand störte, Kontakt zu Sinann aufzunehmen. Er konnte ja schlecht inmitten hunderter Clansleute Kräuter ins Feuer streuen und Beschwörungsformeln murmeln. Die folgenden Nächte schlief er unruhig, obwohl er darauf baute, dass Sinann ihn wecken würde, falls Morrighan einen weiteren hinterlistigen Anschlag auf ihn verübte. Schließlich gelang es ihm eines Nachts, sich unbemerkt davonzustehlen, um den Versuch zu wagen, sich mit der weißen Fee in Verbindung zu setzen. Er schlug den Weg hinauf in die Hügel ein, weil er es für unwahrscheinlich hielt, dass sich einer seiner Kameraden dorthin verirrte.
    Ein leichter Windstoß traf seine rechte Wange, woraufhin er sich nach links wandte. Er nahm an, dass Sinann ihm auf diese Weise den Weg wies, zumindest hoffte er es. Schon bald hatte er sich weit genug vom Lager und den Wachposten entfernt, um sein Vorhaben in Ruhe durchführen zu können. Zwar riskierte er jetzt, als Deserteur verhaftet zu werden, aber er war sicher, sich noch vor Sonnenaufgang ins Lager zurückschleichen zu können.
    Schließlich gelangte er auf eine große Lichtung inmitten dreier mächtiger Felsen, die zudem von dicht beieinander stehenden knorrigen Fichten und Eichen umgeben war. Dylan entfachte unter den Baumkronen ein kleines Feuer. Das dichte Laub würde verhindern, dass der Rauch im Lager am Fuß des Hügels bemerkt wurde.
    Die Nacht war mild; der Sommer stand unmittelbar bevor. Am Rand der

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