Die Rettung
lief aus der großen Halle in den Burghof hinaus, überquerte ihn und stürmte in den Stall.
»Ciaran! Sile! Wo steckt ihr?«
Die Kinder tauchten wie aus dem Nichts auf; sie saßen auf dem wackeligen Tisch am Ende des Stalles. »Pa!« Ciaran hielt den Talisman in der Hand, den anderen Arm hatte er um Sile geschlungen. Er sprang vom Tisch und lief auf seinen Vater zu, während Sile versuchte, gleichfalls ohne Hilfe herunterzuklettern. Da ihre Beine nicht bis zum Boden reichten und sie nicht sehen konnte, wie tief sie springen musste, hielt sie sich an der Tischkante fest und brach in jämmerliches Geschrei aus. Dylan nahm Ciaran in den Arm und ging zu ihr, um sie zu retten. Ei drückte sie an sich, und Sile vergrub ihr Gesicht in seinem Mantel und fing an zu weinen, als Dylan sich mit beiden Kindern auf den Tisch setzte.
Ciaran war so aufgeregt, dass sich seine Worte beinahe überschlugen. »Pa! Die Engländer waren hier! Wir sind in den Stall hineingelaufen, und Sile wollte sich im Stroh verstecken, aber ich wollte nicht, weil die Leute immer sagen, wenn die Engländer jemanden suchen, stechen sie mit ihren Säbeln und Bajonetten in die Strohhaufen, und da haben wir uns auf den Tisch gesetzt, und als die Soldaten kamen, haben sie wirklich zuerst ihre Säbel in das Stroh gestoßen, aber bis zum Tisch sind sie gar nicht gegangen, sie konnten uns ja nicht sehen, und so haben sie uns nicht gefunden.«
Dylan klopfte ihm leicht auf die Schulter. »Gut gemacht, Sohn. Ich bin stolz auf dich.«
Sile schluchzte immer noch laut. Dylan setzte Ciaran neben sich auf den Tisch, dann nahm er seine Tochter in beide Arme, sodass sie sich in sein Plaid und seinen Mantel kuscheln konnte, wo sie sich beschützt fühlte. »Ist ja gut, Kleines«, murmelte er. »Die bösen Männer sind fort.« Allerdings hütete er sich, ihr zu versprechen, dass die Sassunaich nie wiederkommen würden. Schon die Kinder wussten, dass das nicht stimmte. Geduldig ließ er Sile weinen, und als Ciaran sie ein dummes Baby nannte, brachte er ihn mit einem mahnenden Blick zum Schweigen.
Erst als Sile nur noch leise schniefte, hüllte er sie fester in sein Plaid, erhob sich, nahm Ciaran bei der Hand und ging mit den Kindern in die große Halle zurück. Dort schickte er Grade in die Küche, um ihm etwas zu essen zu holen. Sein Magen knurrte vernehmlich, da er seit fast vierundzwanzig Stunden keinen Bissen mehr zu sich genommen hatte. Er setzte sich mit den Kindern an einen Tisch, um auf Gracies Rückkehr zu warten. Sile hatte sich inzwischen wieder beruhigt. Er trocknete ihre verweinten Augen mit seinem Hemdärmel und spielte Hoppe Hoppe Reiter mit ihr, bis sie vor Vergnügen krähte.
Robin betrat die Halle, setzte sich Dylan gegenüber an den Tisch und berichtete, welchen Schaden die Räuber im Tal angerichtet hatten. Die Häuser rund um die Burg hatte es am schlimmsten getroffen, aber auch einige weiter östlich gelegene Höfe waren der Zerstörung nicht entgangen. Sogar manche Pächter, die einen halben Tagesmarsch vom Dorf entfernt lebten, waren obdachlos geworden. Wenn sie versuchten, alle Häuser zugleich wieder aufzubauen, würde es im Winter nicht genug Brennmaterial geben, es sei denn, sie stachen den Torf in einem anderen Moor. Weiter oberhalb des Seeufers, in der Nähe der shielings, gab es noch ein kleineres Moor. Falls sich der Torf dort jedoch als unbrauchbar erwies, würden sie den kompletten Wiederaufbau entweder verzögern oder bei den benachbarten Clans Baumaterial ausborgen müssen.
Dylan bedankte sich für die Information und wies Robin an, erst einmal so viel Torf wie möglich aus dem großen Moor zu stechen. Robin eilte davon, und Dylan wandte sich dem nächsten wartenden Matheson zu.
Dùghlas wollte wissen, wann man Coinneach begraben könne.
»Sobald es dunkel ist«, lautete Dylans Entscheidimg. Nur die engsten Freunde und Familienangehörige sollten sich im Burghof einfinden, um dem Toten das letzte Geleit zu geben, sonst niemand. Dylan wollte um jeden Preis vermeiden, dass die Engländer in der Garnison gegenüber vom Friedhof auf sie aufmerksam wurden. Coinneach würde auf geweihtem Boden bestattet werden, aber in völliger Stille. Da sich ohnehin kein Priester im Tal aufhielt, der die Grabrede halten konnte, würde die Beerdigung ohne alle Feierlichkeiten vonstatten gehen. Dùghlas versprach, sich um alles zu kümmern.
Gracie brachte Dylan eine Schüssel mit gekochtem Hammelfleisch und eine Platte mit Bannocks, die Dylan sich
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