Die Rettung
fortan wie kapitalistische Großgrundbesitzer leben, die sie ja dann auch sind. Anschließend beginnt ein Jahrhundert, das von Vertreibungen der Hochlandbauern aus politischen oder wirtschaftlichen Gründen bestimmt ist, und das wird erst ein Ende nehmen, wenn niemand mehr da ist, der die Arbeit tun kann.«
»Trotzdem darfst du nicht zulassen, dass Artair Laird wird.«
»Vielleicht treibt Iain wirklich nur ein böses Spiel mit mir. Wenn es ihm einzig und allein darum geht, Artair eine Lektion zu erteilen, kann die Sache für mich üble Folgen haben. Was wird aus meinen Kindern, falls Artair mich umbringt? Nein, ich muss herausbekommen, was Iain tatsächlich vorhat.«
»Ich denke, darauf kommt es überhaupt nicht an. Du musst Iains Nachfolger werden, alles andere bedeutet für den Clan den sicheren Untergang. Sogar mir ist das klar!«
Dylan seufzte. Er gab es zwar nur ungern zu, aber sie hatte Recht.
Caits frühere Schlafkammer, die jetzt als Gästezimmer diente, war nach ihrer Heirat mit Dylan neu eingerichtet worden. Ihr Bett mit der Federmatratze sowie ihre Truhe hatte man in das Torfhaus im oberen Tal geschafft. In der Kammer standen jetzt ein neues, kunstvoll geschnitztes Bett mit Seidenvorhängen und ein riesiger Schrank.
Doch Dylan konnte seine Kinder nirgendwo entdecken. Ihm stockte der Atem, und kalter Schweiß trat ihm auf die Stirn.
Er nahm die Kerze vom Waschtisch und leuchtete damit voller Angst unter das Bett, weil ihm einfiel, wie der Soldat mit dem Bajonett unter Sarahs Pritsche herumgestochert hatte. »Ciaran?« Nichts. Kein Laut. »Sile?«
»Pa!« Beide Kinder tauchten plötzlich wie aus dem Nichts auf. Sie saßen nur mit ihren Nachthemden bekleidet eng aneinander geschmiegt an der Wand neben dem Bett. Der Junge hielt die Brosche mit dem Familienwappen der Mathesons in der Hand, die ihren Träger unsichtbar machte, seit Sinann sie verzaubert hatte. Sie hatte Dylan schon mehrmals das Leben gerettet und auch Ciaran beschützt, als Bedford ihn bedroht hatte. Der Kleine hatte den Talisman an sein Nachthemd gesteckt und seine Schwester in den Arm genommen, um den Zauber auf sie zu übertragen. Damit er wirkte, hatten beide Kinder ganz still sitzen müssen, und so hatten die Rotröcke sie nicht bemerkt, als sie auf der Suche nach Mar in diesen Raum gekommen waren. Sile brach in Tränen aus und rannte auf ihren Vater zu.
»Sie hat die ganze Zeit nicht geweint, Pa, ich schwöre es. Sie hat erst angefangen, als sie dich gesehen hat. Als die Soldaten kamen, war sie ganz ruhig. Ich habe ihr gesagt, dass sie nicht weinen dürfe.«
»Ich weiß, mein Sohn. Du hast gut auf deine Schwester aufgepasst.« Dylan kauerte sich auf den Boden, nahm Sile auf den einen und Ciaran auf den anderen Arm, richtete sich wieder auf und ließ sich mit beiden Kindern auf der Bettkante nieder. Beide schluchzten jetzt leise.
»Sind sie gekommen, um uns umzubringen, Pa? So wie Mutter?« Ciaran, der den Mord an Cait mit angesehen hatte, lebte in ständiger Furcht vor den Rotröcken.
»Nein, sie haben nach einem Mann gesucht. Euch wollten sie nichts tun und mir auch nicht. Ihr seid in Sicherheit.« Dylan drückte beide Kinder fester an sich. »Niemand will euch etwas zu Leide tun.«
Lange Zeit wiegte er die beiden in seinen Armen, bis das Schluchzen abebbte. Dann ließ er sie vorsichtig auf die Matratze sinken, deckte sie zu und wartete, bis sie eingeschlafen waren, bevor er leise aufstand und die Bettvorhänge zuzog.
Sinann hockte auf einem Bettpfosten und sah zu, wie Dylan zu einer der Schießscharten trat und die hölzernen Läden aufschob, um in den Burghof hinunterzuspähen. Im Fackelschein erkannte er einige Frauen, die bei den Viehpferchen standen und sich leise unterhielten. Von Ranald war nichts zu sehen. Die englischen Soldaten waren gleichfalls verschwunden. Entweder hatten sie an Mars Stelle einen der Mathesons verhaftet oder waren unverrichteter Dinge wieder abgezogen. In der Burg herrschte jedenfalls wieder Stille.
Dylan schloss die Läden und setzte sich auf einen Stuhl neben dem Feuer, um seine Stiefel, die Strümpfe und die schrecklich kratzende Wollhose auszuziehen. Seine Lider wurden schwer. Er empfand eine tiefe Erleichterung darüber, noch einmal glimpflich davongekommen zu sein. Schließlich erhob er sich, löste seinen Gürtel und ließ den roten Kilt zu Boden gleiten. Das Bündel mit den Zähnen rutschte aus seinem Hemd. Er ließ es achtlos auf dem Kleiderhaufen liegen und begann seine Hemden
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