Die Rettung
der mit den Habseligkeiten von drei Menschen voll gestopft war. Ursprünglich war die Kammer nur als Unterkunft für eine oder höchstens zwei Dienstmägde gedacht gewesen.
Dylan erhob sich zögernd. »Aye ... Nun, um ehrlich zu sein ... ich bin selbst ein bisschen überrascht.« Er nickte vielsagend zu Sarah hinüber und trat näher zu dem Leutnant. »Ich wäre Euch dankbar, wenn Ehr niemandem erzählen würdet, dass Ihr mich hier gesehen habt. Sollte der Laird davon erfahren ...«
MacCorkindale musterte ihn einen Moment lang schweigend. Leise Panik keimte in Dylan auf. Hoffentlich beabsichtigte der Leutnant nicht, ihn festzunehmen, nur um einen Erfolg vorweisen zu können. Doch dann sagte MacCorkindale langsam: »Behaltet Ihr bei Euren Liebesspielen eigentlich immer Euren Mantel an?«
Ohne nachzudenken erwiderte Dylan: »An einem kalten Winterabend schon, wenigstens so lange, bis ich mit einer willigen Frau im warmen Bett liege.« Dann dämpfte er seine Stimme ein wenig. »Ein Mann kann nicht jede Nacht alleine verbringen, das müsstet Ihr doch selbst am besten wissen.« Damit spielte er auf MacCorkindales Besuche bei Nana Pettigrew an, die sich, seit sie verwitwet war, ihren Lebensunterhalt zum größten Teil dadurch verdiente, dass sie den Soldaten aus der Garnison zu Willen war.
Der Leutnant zuckte die Schultern. »Es geht mich ja nichts an, was Ihr des Nachts treibt und wessen Dienstmägde Ihr verführt. Wart Ihr den ganzen Abend hier?«
»Ja. Dank Eurer Ausgangssperre habe ich es nicht gewagt, meine Kinder nach Hause zu bringen.« Wo waren Sile und Ciaran? Dylan rang um Beherrschung. Am liebsten hätte er Brigid gezückt und den lästigen Sassunach wie ein Schwein abgestochen. »Wir werden die Nacht hier in der Burg verbringen.« Er streckte MacCorkindale beide Hände hin und forderte ihn mit schneidender Stimme auf: »Aber wenn Ihr mich unbedingt verhaften wollt, tut Euch keinen Zwang an. Ich habe keine Frau mehr, die während meiner Abwesenheit ermordet werden könnte.«
MacCorkindale bedachte ihn mit einem giftigen Blick, verzog die Lippen und wandte seine Aufmerksamkeit dann Sarah zu, die den Tränen nahe war.
Dylan griff nach ihrer Hand und zog sie zu sich heran, dann bat er den Leutnant: »Schüchtert sie bitte nicht ein.« Sarah barg das Gesicht an seiner Schulter, und er sprach hastig weiter: »Sie hat Angst vor Euch.«
Die Augen des Rotrocks wurden schmal. »Wieso? Hat sie denn Grund dazu?«
Wieder setzte das Summen in Dylans Kopf ein. Er konnte seine Wut nur mühsam zügeln. »Englische Soldaten haben ihren unbewaffneten Mann vor ihren Augen umgebracht. Das ist wohl Grund genug, sich allein vor dem Anblick eines Rotrockes zu fürchten!«
MacCorkindale grunzte nur. »Na schön.« Er nickte seinem Begleiter zu, der begann, den kleinen Raum zu durchsuchen. Er stocherte mit dem Bajonett in dunklen Ecken und unter dem Bett herum. Schließlich zog er die Decken weg und warf sie zu Boden. Eóin und Gregor schraken hoch.
»Schlaft weiter«, beruhigte sie Dylan. »Euch geschieht nichts. Die Soldaten wollen sich nur hier umsehen.«
Die beiden Jungen streckten sich wieder auf ihrer Strohmatratze aus, und der Rotrock setzte die Durchsuchung fort. Sowie er sich vergewissert hatte, dass der Earl of Mar sich nicht in Sarahs Kammer versteckt hielt, verließ MacCorkindale mit seinem Begleiter den Raum und schloss die Tür hinter sich.
Sarah ließ sich gegen Dylan sinken und begann leise zu schluchzen. Er hielt sie fest an sich gedrückt und hörte, wie sie durch die zusammengebissenen Zähne knirschte: »Ich hasse sie. Ich hasse sie mehr, als ich sagen kann. Gott ist mein Zeuge, ich würde sie alle umbringen, wenn ich nur könnte.« Ihre Finger krallten sich in Dylans schwarzen Wollmantel. »Ich hasse sie, ich hasse sie, ich hasse sie!«
»Schon gut«, flüsterte er beschwichtigend. »Sie sind ja fort.«
Sarah hob den Kopf und wischte sich mit zitternden Fingern über das Gesicht. Dylan tupfte ihr mit einem Zipfel seines Plaids sacht die Tränen ab. Mit erstickter Stimme murmelte sie: »Aber sie kommen wieder. Sie kommen immer wieder. Sie möchten uns alle vernichten, und sie werden erst Ruhe geben, wenn keiner von uns mehr am Leben ist.«
Dylan wünschte, er könnte ihr sagen, dass sie in Zukunft nichts mehr vor der englischen Armee zu fürchten haben würde, aber dann hätte er lügen müssen. Die Verhaftungen, Enteignungen und Hinrichtungen würden noch länger als ein Jahrhundert andauern, und
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