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Die Rettung

Titel: Die Rettung Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Julianne Lee
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auf und rannte zu ihrem Vater, um ihm ihre zartlila Beute zu zeigen. Dylan bestaunte das Ei gebührend und trug ihr dann auf, es in ihren Korb zu legen. Sile gehorchte, dann stürmte sie, so schnell die kurzen Beinchen sie tragen wollten, von neuem davon, um noch mehr Eier zu ergattern.
    Dylan und Sarah sahen ihr nach. Lächelnd bemerkte er: »Das erinnert mich an die Zeit, als ich noch ein kleiner Junge war. Jedes Jahr wurde eine große Ostereierjagd veranstaltet. Die ganze Stadt traf sich, und ungefähr tausend Kinder schwirrten überall herum und suchten Eier.« Langsam ging er Sile hinterher, um aufzupassen, dass ihr nichts geschah.
    »So viele kleine Kinder gab es in eurem Dorf?« Sarah schien starr vor Staunen.
    Dylan verwünschte sich insgeheim für seinen Ausrutscher. »Sie ... äh ... sie kamen von überall her, weißt du? Aus der ganzen Umgebung. Es war immer ein großes Fest, da wollte niemand fehlen.«
    Sarah nickte. »Eine Zusammenkunft, ich verstehe.«
    »Ja, so etwas Ähnliches.«
    »Wie schön, dass so viele Menschen jedes Jahr den weiten Weg auf sich genommen haben.«
    Er lächelte. »Ja, da waren schon fanatische Eierjäger dabei.«
    Jetzt musste auch Sarah lächeln. Es tat Dylan gut, sie so unbeschwert zu sehen.
    Als das warme Wetter anhielt, begann wenig später das erste frische Gras auf den Weiden rund um Dylans Tal und dem darunter liegenden Glen Ciorram zu sprießen. Die Mathesons holten ihr Vieh aus den Ställen. Nach einem langen Winter mit kaum ausreichend Futter zum Überleben mussten die bis auf die Knochen abgemagerten schwarzen Rinder mit sanfter Gewalt auf die Wiesen gezerrt werden. Dort würden sie bleiben, bis die tiefer gelegenen Weiden abgegrast waren, im Juli wurden sie dann auf die höher gelegenen shielings getrieben, wo die jungen Leute aus dem Dorf sie hüten mussten. Auf den Hochweiden wuchs das Gras zwar nur spärlich, aber es würde ein paar Monate reichen, und währenddessen konnten die unteren Weiden sich er-holen, bis die Rinder vor Wintereinbruch ein zweites Mal daraufgetrieben wurden.
    An sonnigen Tagen stieß Dylan jetzt die hölzernen Fensterläden seines Hauses weit auf, musste sie aber nach Sonnenuntergang wieder schließen, weil die Nächte noch sehr kalt waren.
    Obwohl die Schikanen seitens der Dragoner deutlich nachgelassen hatten, herrschte Spannung zwischen ihnen und den Mathesons. Ranalds Tod war ungesühnt geblieben, was den Clansleuten ein ständiger Dorn im Auge war. Zunächst hielten sie sich zurück, denn sie wussten, dass jeder Versuch, Wiedergutmachung einzufordern, für sie ein tödliches Nachspiel haben konnte. Aber die Zeit verstrich, der Unmut wuchs, und immer mehr Männer beklagten mehr oder weniger offen die Schande, den Engländern den Mord ungestraft durchgehen lassen zu müssen.
    Eines Tages wurde ein Dragoner gesichtet, der zu Fuß mit seinen Waffen und seinem Sattelzeug beladen von seinem Patrouillenritt auf der Nordseite des Tales zurückkehrte. In Windeseile verbreitete sich das Gerücht, jemand habe auf dem Pfad in den bewaldeten Hügeln ein tiefes Loch gegraben und es mit Ästen und Laub bedeckt. Das Pferd des Dragoners war hineingeraten, hatte sich das Bein gebrochen, und sein Reiter war gezwungen gewesen, es zu erschießen und zu Fuß zur Garnison zurückzumarschieren.
    Keiner der Mathesons gab zu, das Loch gegraben zu haben, aber jeder wusste, dass es Artair gewesen war. Tormod und Dùghlas wurden der Mittäterschaft verdächtigt. Der dumme Streich erzürnte Dylan, doch er schwieg, weil der restliche Clan sich hochzufrieden zeigte. Die Soldaten waren nach diesem Zwischenfall noch reizbarer und unberechenbarer als zuvor, doch die Matheson-Männer durften den Kopf wieder etwas höher tragen. Dylan hoffte, dass sich der Zorn des Clans danach ein wenig gelegt hatte.
    Die Lage verschlimmerte sich jedoch drastisch, als jemand eines Nachts in die Garnison einbrach und sich mit dem gesamten Vorrat an englischem Weizenmehl davonmachte.
    Diesmal beteuerte auch Artair seine Unschuld, doch das half ihm nichts, als die Dragoner kamen, um ihn, Iain Mór, Malcolm und Dylan zu verhaften.
    Die Rotröcke warfen alle vier in den Kerker der Garnison und ketteten dann jeden am Knöchel an der langen Eisenstange fest, die quer durch die Zelle verlief. Der alte Malcolm litt sichtliche Schmerzen, denn er war von den Soldaten grob zu Boden gestoßen worden. Er lehnte mit geschlossenen Augen an der feuchten Wand und stöhnte leise.
    »Hast es diesmal wohl ein

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