Die Rettung
ersten Teil seiner Felder die notwendige Erholung zu gönnen. Solange ihm der Whisky noch nicht genug einbrachte, um seine Familie zu ernähren, war der Haferanbau wichtiger, und er musste die Gersteaussaat beschränken.
Sinann ließ sich immer noch nicht blicken. Dylan fragte sich, ob sie aus irgendeinem Grund wohl böse auf ihn war und ihn mit ihrer Abwesenheit bestrafen wollte. Bei dem Gedanken mussteer kichern. Wirklich eine fürchterliche Strafe!
Am Sonntag, dem neunten April, war Ostern. Zumindest kannte Dylan das Fest unter diesem Namen, die Highlander nannten es càisg. Es war das einzige Fest, das hier auf ähnliche Weise gefeiert wurde wie im Amerika seiner eigenen Zeit, und dieses Jahr wollte er für seine Kinder ein Ostereiersuchen veranstalten. Tagelang sammelte er die Eier ein, die seine Hennen im Hof gelegt hatten, und Samstagabend färbte Sarah sie, damit Eóin, Gregor, Ciaran und Sile sie am nächsten Morgen suchen konnten. Eierfärben gehörte zu den wenigen Traditionen, die bis hin zu Dylans Generation bewahrt worden waren, und während er Sarah dabei zusah, stiegen wehmütige Erinnerungen an seine eigene Kindheit in ihm auf.
Mit einem Weidenzweig, den sie in geschmolzenes Wachs tauchte, malte sie Muster auf die weißen Schalen, dann kochte sie die Eier in mit Farn, Zwiebeln und Stechginster gefärbtem Wasser. Doch als sie Dylan dazu überreden wollte, auch einmal sein Glück zu versuchen, sträubte dieser sich heftig.
»Nein. Ich bin zu ungeschickt, ich kann noch nicht mal einen geraden Strich ziehen.« Er lehnte sich in seinem Stuhl zurück und verschränkte die Arme vor der Brust.
Sarah schnalzte leise mit der Zunge. »Du sollst ja auch keine geraden Striche malen, das sähe nicht gerade hübsch aus. Also sieh zu, dass du dieses Ei mit ein paar Kringeln oder so etwas verzierst.«
Die stille Freude, die er beim Zuschauen empfunden hatte, verwandelte sich in Verlegenheit. »Nein, wirklich, ich ...«
Sarah beugte sich vor und schenkte ihm ein warmes Lächeln. »Ich glaube nicht, dass du Angst davor haben musst, dich beim Bemalen eines Eis zu blamieren. Nicht, nachdem du keine Miene verzogen hast, als Artair beim Fußballspiel nach Kräften versucht hat, dir das Bein zu brechen.«
Dylan starrte sie ungläubig an. Es erstaunte ihn, dass ihr das überhaupt aufgefallen war. Sarah lehnte sich gleichfalls zurück, tauchte den Zweig in das flüssige Wachs und betupfte das Ei in ihrer Hand damit. Dann sagte sie mit einem leichten Kopfschütteln: »Du hast dir nichts anmerken lassen, obwohl dein Bein dir große Schmerzen bereitet haben muss. Ein weniger mutiger Mann hätte zumindest leicht gehumpelt, so wie du es an kalten Tagen tust oder wenn du müde bist. Aber an dem Tag hast du den Schmerz einfach ignoriert, und daher verstehe ich nicht, warum du dich davor fürchten solltest, ein Ei zu verzieren.« Sie hielt ihm eines hin. »Schreib die Namen der Kinder darauf, dann sehen wir mal, ob Sile ihres herausfindet.«
Da ihm keine Ausrede mehr einfiel, griff Dylan nach einem Weidenzweig, lehnte sich über den Tisch und stützte sich mit beiden Armen ab, während er mit großen Blockbuchstaben Siles Namen auf das wackelige Ei pinselte. Spaßeshalber drehte er es um und malte auf die andere Seite ein Smiley. Diese lachenden Gesichter waren zu seiner Grundschulzeit ganz groß in Mode gewesen, Heraus kam ein hellgrünes Ei mit einem etwas verzerrten Grinsen. Unwillkürlich musste Dylan lachen; das erste befreiende Lachen seit langer Zeit. Auch Sarah lächelte. Einen Moment lang vergaß Dylan die Rotröcke und den nahenden Aufstand. Er musterte seinen neuen grünen Freund zufrieden und fragte sich, ob sich wohl doch noch alles zum Guten wenden würde.
Kurz vor Sonnenaufgang versteckte er die Eier in der Nähe des Hauses.
Da die Gemeinde ohne Priester war, konnte am Ostersonntagmorgen auch keine Messe gelesen werden. Die meisten Familien im Tal, so auch Dylan, behalfen sich damit, dass sie eine Passage aus der Bibel vorlasen und gemeinsam beteten. Als Sarah mit ihren Söhnen eintraf, drückte Dylan jedem der Kinder einen kleinen Korb in die Hand und drohte ihnen schwere Strafen an, wenn sie Sile ihren Anteil wegschnappen würden, bevor er sie auf Eiersuche schickte. Die Jungen versprachen feierlich, der Kleinen die leichter zu findenden Eier zu überlassen und stürmten begeistert los. Sile trippelte eifrig hinterdrein.
Direkt im Gras am Bachrand entdeckte sie ein Ei, quiekte vor Stolz und Freude laut
Weitere Kostenlose Bücher