Die Rettung
vorschob. Außerdem ging ihr Atem viel zu schnell, als dass sie ihn hätte täuschen können.
»Leg das Schwert weg, Daghda!«, rief Morrighan ihm zu. »Lass sie sagen, was sie zu sagen hat.«
Daghda runzelte die Stirn. »Du willst dem each-uisge wirklich zuhören?«
Morrighan zuckte nur die Schultern. Daghda ließ sein Schwert sinken und kehrte zu seinem Platz zurück. Die Fee wandte sich an Morrighan. »Lass Dylan endlich in Frieden!«
»Du meinst wohl, ich soll dich in Frieden lassen.«
»Ich habe ihm beigebracht, die Magie zu nutzen, um hinter deine Absichten zu kommen. Es ist meine Schuld, nicht seine.«
»Und du wirst dafür genauso bestraft wie er. Er ist kein Kind mehr, Sinann, ebenso wenig wie du, auch wenn du dich oft genug wie eines verhältst. Er wusste genau, was er tat. Er bediente sich der Macht, und nun muss er die Konsequenzen tragen. Du hast ihn doch sicherlich auch gelehrt, dass die Macht auf den, der sie nutzt, zurückschlagen kann? Ihm war klar, welches Risiko er einging.«
»Er hat genug gelitten.«
Das entlockte der roten Fee ein böses Lachen. »Weil er eine Weile ohne den unschätzbaren Rat seiner zahmen Sidhe auskommen musste? Glaubst du nicht, dass du dich und deine Kräfte weit überschätzt?«
Sinann sprang auf und flatterte in die Luft, was unklug von ihr war. Daghda gehörte zu den Wenigen, die wussten, wie sehr Morrighan alle geflügelten Wesen beneidete. Sogar von seinem Platz auf der Wurzel aus konnte er das giftige Funkeln sehen, das in ihre Augen trat, als sie auf die schwirrenden Flügel der weißen Fee starrte.
Sinann gab nicht nach. »Dylan hat ein großes Ziel vor Augen. Du hast dich da in etwas eingemischt, wovon du nichts verstehst. Vielleicht ist er irgendwann einmal mächtiger als wir alle zusammen.«
Morrighan sprang auf und kam ärgerlich auf Sinann zu. »Niemand ist mächtiger als die Sidhe. Wir haben einst die Erde beherrscht.«
»Das ist lange her. Jetzt wird es Zeit, dass wir uns an den Gedanken gewöhnen, die Geschehnisse nicht mehr nach unserem Belieben lenken zu können. Unsere Herrschaft ist vorbei.«
Daghda fuhr erschrocken zusammen. Er ahnte, dass Morrighan gleich die Beherrschung verlieren und kurzen Prozess mit dem lästigen Eindringling machen würde. Gerade öffnete er den Mund, um die weiße Fee zu warnen, als es schon zu spät war, Morrighan hatte bereits eine Hand gehoben und einen Blitz in Sinanns Richtung geschleudert, der diese gegen die Wand der Höhle warf. Sie sackte in sich zusammen und blieb reglos am Boden liegen.
Daghda erhob sich und beugte sich über sie, um sie zu untersuchen.
»Habe ich sie getötet?« Morrighan klang nicht so, als ob die Antwort sie sonderlich interessierte.
»Nein, sie atmet noch. Zwar sehr schwach, aber sie wird am Leben bleiben.«
»Och«, bemerkte Morrighan lapidar, bevor sie sich wieder ihren Kräutern widmete.
Nach ein paar Minuten regte sich Sinann und setzte sich mühsam auf. Daghda kniete neben ihr nieder. Ohne auf Morrighan zu achten, sagte er: »Geh jetzt. Dieses Mal lasse ich dich noch am Leben. Aber komm nie wieder. Und versuche nicht mehr, mit deinem Sterblichen in Verbindung zu treten. Du kannst nichts mehr für ihn hm. Dein Dylan ist schon so gut wie tot. Also gib endlich auf.«
Ein böses Licht glomm in Sinanns Augen auf. Sie starrte ihn mit einer Wut an, die die Morrighans noch übertraf, und zischte leise: »Ich denke gar nicht daran, mein Bester!« Im nächsten Moment sprang sie auf und schwirrte davon.
»Bleib hier!« Daghda setzte ihr nach, Morrighan folgte ihm, aber ohne Flügel kamen sie beide nicht schnell genug voran.
So schnell ihre Beine sie zu tragen vermochten, jagten sie den schmalen unterirdischen Tunnel entlang, von dem mehrere kleinere Höhlen abzweigten. In jeder davon sahen sie die unverschämte weiße Fee ihre Habseligkeiten durchwühlen. »Du!« Daghda stürzte sich auf sie, doch sie flog pfeilschnell davon, flatterte in die nächste Höhle und lachte jedes Mal, wenn sie ihm entwischte, hell auf, was ihn zur Weißglut trieb.
Dann stieß sie plötzlich einen triumphierenden Schrei aus. Daghda und Morrighan stürzten in Morrighans Allerheiligstes. Richtig, da stand die weiße Fee neben einer aufgeklappten Truhe voller Juwelen und inspizierte den Inhalt genau.
Als sie herumfuhr und ihre beiden Verfolger erblickte, wurden ihre Augen groß, dann schnippte sie mit den Fingern und verschwand.
»Pack sie!« Morrighan schäumte vor Wut. Hastig suchte sie den Raum ab,
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