Die Rettung
Entschädigung für Euer Vieh erhalten werdet.« Sein Ton verriet, dass er überzeugt war, die Aussicht auf Geld werde die Schotten dazu bewegen, sich leichten Herzens von ihren Tieren zu trennen. Auch schien er zu glauben, der Laird sei zu ungebildet, um die in Bedfords Befehl detailliert aufgeführten Bedingungen zu verstehen. Dylan biss die Zähne zusammen und wandte sich ab. Er wusste, dass fast alle Mathesons im Tal - eigentlich fast alle Schotten im ganzen Land - weitaus gebildeter waren als der durchschnittliche Engländer, »Er soll zur Hölle fahren, sage ich! Unser Vieh bekommt er nur über meine Leiche!« Iains Nasenflügel bebten, als ihm der Ernst der Lage bewusst wurde. Die Rotröcke beabsichtigten tatsächlich, den Clan verhungern zu lassen!
Außer einem leichten Blinzeln zeigte der Sergeant keine Reaktion. »Es tut mir Leid, Sir, aber ich sehe mich gezwungen, meine Befehle notfalls auch unter Anwendimg von Gewalt auszuführen. Wenn Ihr Euch auch weiterhin weigert, meinen Anordnungen Folge zu leisten, werde ich Euch verhaften lassen, Sir.«
»Ihr könnt doch nicht im Ernst verlangen, dass ich Euch unser gesamtes ...«
»Korporal, legt an!« Der Rotrock, der rechts neben dem Sergeanten stand, hob seine Muskete und zielte auf Iains Kopf.
Die Schotten erstarrten. Artair verstummte. Eine Weile herrschte gespanntes Schweigen.
Dann sagte der Sergeant mit der herablassenden Nachsicht, die die Engländer bis zur Vollendung beherrschten: »Ich sehe, wir sind uns einig. Ihr wisst, was Ihr zu tun habt. Ich erwarte, dass Ihr morgen Mittag die Tiere abliefert. Meine Männer werden vor den Toren der Burg kampieren, bis der Auftrag ausgeführt ist.«
Mit gedämpfter Stimme wandte er sich an den Korporal: »Wegtreten!« Der Dragoner gehorchte.
Iain sagte tonlos: »Die Höfe einiger meiner Pächter liegen einen Tagesmarsch von hier entfernt!«
Der Sergeant überlegte einen Moment, dann nickte er. »Schön. Also übermorgen. Guten Tag.« Er stieg auf sein Pferd und verließ mit seinen Männern den Burghof.
Iain erklärte, es habe keinen Sinn, die Viehübergabe hinauszuzögern, das würde die Rotröcke nur zusätzlich verärgern. Aber er wies die Burgwache an, den Bauern sofort beim Scheren der Schafe zur Hand zu gehen und dabei keine Zeit zu verlieren. Die Wolle, die an dem einen Tag geschoren werden konnte, würde im Besitz der Mathesons bleiben. Noch am selben Tag wurden die Tiere der Dorfbewohner zusammengetrieben und Boten zu den außerhalb gelegenen Gehöften gesandt.
Am nächsten Tag kam Sarah zu Dylans Hof, um nachzuschauen, wie die Arbeit voranging. Dylan und Coinneach waren gerade damit beschäftigt, die Herde mithilfe der Hunde zu teilen. Sorgfältig untersuchten sie jedes Schaf und entschieden dann, welches bleiben und welches in den Mägen der Soldaten enden würde. Es hatte wenig Sinn, die schwächeren Tiere zu behalten. Diese wurden hastig geschoren; ein dünnes Vlies war immer noch besser als gar keines.
Es war schon spät, als sie endlich mit dem Aussortieren und Scheren der Schafe fertig wurden. Coinneach, Doirinn und Fionn blieb kaum noch genug Zeit, die geschorenen Schafe und Dylans sämtliche Rinder vor Einbruch der Dunkelheit zur Burg zu treiben. Schweren Herzens sah Dylan ihnen nach, bevor er das Pferchgatter schloss. Sarah trat zu ihm, sagte jedoch nichts.
Dylans Magen krampfte sich zusammen, als er daran dachte, mit welcher Mühe er ein paar Cheviots mit den Hochlandschafen gekreuzt und so eine neue, widerstandsfähigere Rasse gezüchtet hatte. Und nun sah es so aus, als müsse auch der Rest semer Herde geschlachtet werden, um das Überleben des Clans zu sichern. Im Sommer würde im ganzen Tal kein einziges lebendes Schaf mehr zu finden sein. Ohnmächtige Wut überkam ihn ob seiner Hilflosigkeit. Es gab kein Entrinnen aus dem Würgegriff der Sassunaich. Er kam sich vor, als sei er gezwungen, einen nicht enden wollenden Kampf zu führen, den er letztendlich nicht gewinnen konnte.
»Der Clan wird es überstehen«, sagte Sarah leise. »Die Engländer können uns nicht besiegen. Niemals.«
Dylan schaute sie an, und ihn beschlich das seltsame Gefühl, sie habe seine Gedanken gelesen. Er wollte ihr schon eine Antwort geben, doch dann zögerte er. Würde sie ihn verstehen? Sie war Schottin, aber sie war auch eine Frau. Sie durfte von den Männern des Clans Schutz erwarten, und ihr konnte keine Schuld an deren Versagen gegeben werden. So beschloss er, lieber den Mund zu halten, aber jetzt
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