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Die Rettung

Titel: Die Rettung Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Julianne Lee
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konnte Sinann jedoch nirgendwo entdecken.
    »Wo steckt sie?«, zischte sie. »Kannst du sie sehen, Daghda?«
    Sie erhielt keine Antwort, was so viel wie >Nein< bedeutete.
    Daghda trat zu der hölzernen, mit Eisenbeschlägen versehenen Truhe, die von Juwelen überquoll. Da gab es goldene, mit Rubinen, Saphiren und Diamanten besetzte Halsketten, Armbänder, Ringe und andere Kostbarkeiten in Hülle und Fülle. Daghda ließ den Schmuck durch die Finger gleiten. »Was hat sie genommen? Fehlt etwas?«
    Morrighan musterte ihre Schätze lange. »Nein, ich glaube, es ist alles da. Sie hatte nicht genug Zeit, um sich zu bedienen.« Prüfend wühlte sie in den Juwelen herum. »Nein, es scheint nichts zu fehlen.«
    Daghda unterdrückte einen erleichterten Seufzer. Wäre etwas von dem Gold und Silber verschwunden gewesen, hätte er sich wochenlang Morrighans Gejammer anhören müssen.
    Am Tag nach MacCorkindales Besuch wurde der größte Teil des Viehbestandes von Ciorram für die Garnison beschlagnahmt. Die Rinder hatten ein paar Wochen auf den Weiden gegrast und schon beträchtlich an Gewicht zugelegt. Noch war es zu früh, sie auf dem Markt zu verkaufen, sie würden noch keinen guten Preis erzielen, aber ein paar der schwächeren Tiere konnten bereits geschlachtet werden, damit endlich wieder frisches Fleisch auf die Tische kam.
    Die Schafe, die wie Dylans Herde auch im Winter im Freien hatten grasen dürfen, waren besser genährt und kräftiger als die meisten Highlandschafe zu dieser Jahreszeit. Bald war es so weit, dass man sie scheren musste, und danach würden einige von ihnen gleichfalls im Kochtopf enden. Die Menschen hatten frisches Fleisch länger entbehrt, als es ihrer Gesundheit zuträglich war. Mit dem Osterfest war die Fastenzeit, während der kein Fleisch verzehrt werden durfte, zu Ende gegangen, aber in den meisten Jahren wurden die ersten Rinder und Schafe erst viel später geschlachtet.
    Daher waren die Männer von Ciorram zutiefst schockiert, als eine Abordnung von Dragonern in den Burghof geritten kam und den Laird zu sprechen verlangte. Iain und Artair kamen aus der großen Halle. Ebenso neugierig wie besorgt trat Dylan, der im Küchenhof etwas Ziegenkäse gegen einen Sack Zwiebeln getauscht hatte, ebenfalls hinzu. Der Sergeant der Dragoner stieg von seinem Pferd und hielt Iain ein mit Bedfords Siegel versehenes Dokument unter die Nase.
    Der Laird las es und quittierte es mit einem abfälligen Grunzen. Sein Gesicht rötete sich vor Ärger. »Er ist hier, um sämtliche Rinder der Mathesons und die Hälfte der Schafe zu konfiszieren.« Dann brummte er leise auf Gälisch: »Vielleicht sollten wir dazu noch die Hälfte aller Ratten im Tal abliefern, damit sie sich ordentlich den Wanst voll schlagen können.« Das rief unter den anderen Clansleuten verstohlenes Gelächter hervor.
    Nie zuvor waren so viele Tiere auf einmal beschlagnahmt worden, sodass dieser Befehl allen irgendwie unwirklich erschien. Iain reichte Dylan das Dokument. Dieser überflog es und gab es an Artair weiter. Dylan hatte es die Sprache verschlagen. Irgendetwas stimmte hier nicht. Noch nicht einmal Bedford konnte so grausam sein. Außer Robin Innis und Marc Hewitt, die oben auf der Treppe standen, die zu den Baracken über den Ställen führte, waren keine weiteren Schotten zu sehen. Kaum jemand wollte in Angelegenheiten hineingezogen werden, in die Dragoner verwickelt waren. Im Burghof herrschte tiefe Stille.
    Dann begann Artair, die Engländer mit einer Flut von Flüchen und Verwünschungen zu überhäufen. Die Soldaten musterten ihn stumm; sie waren an diese gälischen Wortkaskaden, die sie nicht verstanden, schon lange gewöhnt. Die gälische Sprach, die in den Ohren der Rotröcke nur wie primitives Gebrabbel klang, wurde von ihnen ohnehin nicht ernst genommen. Die Dragoner hatten den Auftrag, das Vieh zu beschlagnahmen, sonst nichts. Artair gab den Befehl an Iain weiter, der ihn dem Sergeanten hinhielt. Dieser war ein noch junger, rotwangiger Mann, der eine für sein Alter erstaunliche Beherrschung an den Tag legte.
    »Sagt Bedford, er soll zur Hölle fahren!«, fauchte Iain.
    Der Rotrock machte keine Anstalten, das Dokument wiedei an sich zu nehmen. »Ich habe meine Befehle, Sir.«
    »Hier steht, dass auch Familien, die nur ein Schaf besitzen, es abzuliefern haben. Ihr wollt den Ärmsten hier im Tal wirklich ihren einzigen Besitz fortnehmen?«
    Die Stimme des jungen Rotrocks klang eine Spur schärfer. »Vergesst nicht, dass Ihr eine

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