Die Richter des Königs (German Edition)
Beherrschung und begann den Reiter mit furchtbaren Schmähungen zu überschütten. Nachdem er ihn vom Pferd gezogen hatte, verlangte er von ihm, er solle sich zum Kampf stellen.«
»Fällt dir noch irgendetwas ein, was dir ungewöhnlich vorkam?«
»Nun ja, wenn Ihr mich so fragt«, überlegte der Diener. »Ich fand es seltsam, dass der junge Mann nicht zu seiner Pistole griff, als der andere seinen Degen zog.«
»Der Jüngere trug eine Pistole?«, fragte Trelawney verwundert. »Hast du nicht eben gesagt, er sei unbewaffnet gewesen?«
»Ich meinte damit, er hielt keine Waffe in der Hand.«
»Und du konntest aus der Entfernung erkennen, dass er eine Pistole dabeihatte?«
»Ja, er trug sie im Gürtel. Aber er benutzte sie nicht, auch nicht später, als ich den Streit nicht mehr beobachten konnte, sonst hätte ich ja einen Schuss gehört.«
Jeremy bedankte sich für die Auskunft und wandte sich mit dem Eifer eines Jagdhundes, der eine Fährte aufgenommen hatte, an den Konstabler. »Wo ist die Leiche? Ich würde sie gerne sehen.«
»Auf der anderen Seite der Straße ist eine Schenke. Dort haben wir sie aufgebahrt, bis der Leichenbeschauer kommt, um die Todesursache festzustellen.«
Trelawney blieb nichts anderes übrig, als dem Priester, der sich energisch in Bewegung setzte, in die bezeichnete Wirtsstube zu folgen. Dort trafen sie auf Edmund Berry Godfrey, der als Friedensrichter für Westminster zum Ort des Verbrechens gerufen worden war.
»Sir Orlando, Ihr interessiert Euch auch für den Mord?«, fragte Godfrey überrascht.
»Rein privat«, wehrte Trelawney ab. »Ich habe Euch meinen gelehrten Freund hier bereits vorgestellt. Er würde gerne einen Blick auf die Leiche werfen.«
»Ja, ich erinnere mich. Dr. Fauconer, nicht wahr? Der Leichnam befindet sich hier im Nebenraum. Wir warten noch auf den Leichenbeschauer. Aber geht nur und seht ihn Euch an.«
Die Neugierde trieb Godfrey hinter den beiden Männern her. Während der Richter und der Magistrat aufmerksam zuschauten, beugte sich der Arzt mit scharfem Blick über den Toten, der noch seine staubbedeckte Kleidung trug. Jeremy widmete sich zuerst dem Gesicht, an dem ebenfalls Erde haftete, ein Zeichen, dass der Ratsherr tatsächlich auf dem Bauch gelegen hatte. Mit den Fingerspitzen entfernte der Jesuit vorsichtig den Schmutz und begutachtete den dunklen Bluterguss, der am Unterkiefer zum Vorschein gekommen war. Dann drehte er den Kopf des Toten hin und her, untersuchte die Hände und öffnete schließlich Wams und Hemd, um sich die Stichwunde näher anzusehen.
Nach einer Weile wandte Jeremy sich an seine beiden Begleiter, die ihn schweigend beobachtet hatten: »Würdet Ihr mir bitte zur Hand gehen, meine Herren.«
Gemeinsam drehten sie den Leichnam auf den Bauch. Der Jesuit streifte ihm die Kleider ab und unterzog auch die Rückenwunde einer genauen Begutachtung.
»Nun, es besteht kein Zweifel, dass er tatsächlich von hinten durchbohrt wurde«, erklärte Jeremy. »Wenn Ihr genau hinseht, könnt Ihr erkennen, dass sich in der Brustwunde ein wenig Erde befindet, in der Rückenwunde aber nicht. Als die Büttel den Degen aus dem Körper herauszogen, wurde der Schmutz, der an der Klinge haftete, am Wundrand abgestreift und gelangte so ins Fleisch. Übrigens durchbohrte der Todesstoß das Herz. Der interessanteste Punkt ist freilich der Bluterguss am Kinn.«
»Inwiefern?«, fragte Trelawney.
»Weil er es mir ermöglicht, zu beschreiben, was sich in jenem Hinterhof abgespielt hat, als wäre ich selbst dabei gewesen.«
Sir Orlandos Miene blieb skeptisch, doch er konnte seine wachsende Neugier nicht verbergen.
»Ihr habt gehört, was der Diener aussagte«, begann Jeremy zu erläutern. »Sir John Deane traf auf der Straße auf Mr. Mac Mathúna. Die beiden gerieten in Streit. Der Ire ließ sich reizen, zerrte Deane vom Pferd und stieß ihn in den Hof. Er wollte Genugtuung. Daraufhin zog der Ratsherr seinen Degen, um sich zu verteidigen. Mac Mathúna trat ihm mit bloßen Händen gegenüber, obwohl er eine Pistole dabeihatte und seinen Gegner ohne weiteres hätte erschießen können.«
»Ich gebe zu, das ist merkwürdig«, sagte Trelawney.
»Umso mehr, da der Ire durch einen Sturz vom Vortag verletzt war und Degenstöße nicht so geschickt parieren konnte wie sonst. Es gelang Deane, Mac Mathúna am Arm zu verwunden. Nichtsdestotrotz wurde er kurz darauf von dem Iren entwaffnet. Dieser warf den Degen fort und gebrauchte weiterhin seine Fäuste.«
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