Die Richter des Königs (German Edition)
doch dann bemerkte er die Abschürfungen an den Knöcheln von Breandáns rechter Hand. Kein Zweifel, er hatte sich geprügelt.
Der Jesuit seufzte tief. Er hatte sich solche Mühe gegeben, den Heißsporn zur Räson zu bringen und sein Selbstvertrauen zu stärken, damit er sich nicht mehr so leicht reizen ließ. Und dennoch konnte er es offenbar nicht lassen, seine Probleme mit den Fäusten zu lösen.
Jeremy hatte sich gerade entschlossen, den fruchtlosen Unterricht frühzeitig zu beenden, als unten in der Werkstatt ein Aufruhr entstand. Es gab ein lautes Poltern, gefolgt von Holzsplittern und dem Klirren von Glas. Jemand musste gewaltsam ins Haus eingedrungen sein und dabei fast die Tür aus den Angeln gerissen haben. Noch während Jeremy erschrocken lauschte, sprang Breandán mit einem Satz auf die Beine und flüchtete aus der Kammer. Er wusste sofort, dass der Überfall ihm galt.
Von einer bösen Ahnung getrieben, hastete der Jesuit ihm nach und versuchte, ihn zurückzurufen. Doch er hatte kaum die Tür erreicht, als auch schon drei kräftige Männer mit grimmigen Mienen die Treppe heraufstürmten und sogleich die Verfolgung aufnahmen. Breandán floh in die Mansarde, um von dort aufs Dach zu entkommen, doch sie holten ihn ein, bevor er das Fenster erreichte, und zerrten ihn roh zurück. Der Ire bot all seine Kraft und Geschicklichkeit auf, um sich den Fäusten seiner Angreifer zu entwinden, doch die Kammer war zu eng, als dass er alle drei abschütteln konnte. Noch immer im Griff von einem der Männer, machte er einen Ausfall in Richtung Tür und versuchte, zur Stiege zu kommen, aber sein Gegner krallte sich entschlossen an seinen Kleidern fest, bis es ihm gelang, sein flüchtendes Opfer zu Fall zu bringen. Beide Männer stürzten die Holzstiege hinab. Im Fallen konnte sich Breandán losreißen. Stöhnend rappelte er sich auf und jagte weiter die Treppe hinab, die anderen beiden Verfolger unmittelbar auf den Fersen.
Jeremy, der ihnen folgte, sah mit Entsetzen, wie sie den Iren einholten und ihm einen brutalen Stoß versetzten, der ihn die restlichen Stufen hinunterwarf. Diesmal kam Breandán nicht mehr schnell genug auf die Beine. Im Nu waren die Angreifer über ihm, packten ihn an den Armen und schleiften ihn ins Erdgeschoss. Doch ihr Opfer war noch nicht bereit, kampflos aufzugeben. In der Offizin begann der Ire erneut, sich erbittert zu wehren. Fluchend fielen die Eindringlinge über ihn her und schlugen ihn erbarmungslos zusammen.
Ohne an seine eigene Sicherheit zu denken, warf sich Jeremy zwischen sie. »Hört auf! Ihr bringt ihn um.« Er versuchte, einen der Rohlinge von Breandán zu trennen, doch der Mann stieß ihm mit aller Kraft seinen Ellbogen ins Gesicht, ohne sich auch nur umzudrehen. Der Schlag schleuderte Jeremy zu Boden, und für einen Moment wurde ihm schwarz vor Augen. Wie durch einen Nebel sah er auf einmal mehrere Gestalten eintreten. Eine herrische, dunkel dröhnende Stimme brüllte: »Lasst sofort den Mann los! Sonst werdet Ihr alle verhaftet!« Doch die Angesprochenen ließen erst von ihrem Opfer ab, als zwei weitere Männer sich ihnen drohend näherten.
Allmählich lichtete sich der dunkle Schleier vor Jeremys Augen, und er erkannte in einem der Ankömmlinge Sir Orlando Trelawney. Der Richter trat zu ihm und half ihm auf die Beine. »Seid Ihr verletzt?«
Der Jesuit fuhr sich mit der Hand über das schmerzende Gesicht. Er schmeckte Blut im Mund. »Es ist nicht so schlimm«, sagte er. »Ich danke Euch, dass Ihr gekommen seid, Sir. Sie hätten ihn sonst mit Sicherheit erschlagen.«
»Ich kam, um Euch zu schützen, nicht ihn«, bemerkte Sir Orlando ungerührt. »Euer Schützling ist ein Mörder.«
»Das Schwein hat Sir John umgebracht«, mischte sich ein weiterer Mann ein, den Jeremy bisher nicht bemerkt hatte, in dem er jedoch sofort Thomas Masters erkannte, einen von Deanes Freunden. »Ich habe mir nur das Recht eines jeden anständigen Bürgers herausgenommen, einen Strolch zu verhaften und dafür zu sorgen, dass er für seine Untat gehenkt wird.«
»Eure Diener hätten den Beschuldigten beinahe massakriert«, fuhr Trelawney den aufgeregten Kaufmann an. »Außerdem habt Ihr Euch des Hausfriedensbruchs schuldig gemacht, da Ihr es versäumtet, Euch von einem Magistrat einen Verhaftbefehl ausstellen zu lassen.«
Jeremy beugte sich betroffen über Breandán, der noch immer am Boden lag. Aus einer Wunde an seiner Schläfe floss Blut. Der Jesuit wandte sich Hilfe suchend zur Tür, doch
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