Die Richter des Königs (German Edition)
Aufstellungen verschiedener Ausgaben, die sorgfältig zusammengerechnet worden waren, aber nichts, was mit dem Mord zu tun haben könnte.
Als Nächstes wandte sich Jeremy dem Schubladenkasten zu. Das obere Fach war verschlossen. »Weißt du, wo der Schlüssel ist?«, fragte der Priester den nervös an der Tür verharrenden Diener.
»Ich glaube, Sir John trug ihn immer bei sich.«
»Hm, bedauerlich. Er könnte jetzt weiß Gott wo sein.«
Nach kurzer Überlegung nahm Jeremy einen der gerahmten Stiche von der Wand und zog mit einem kräftigen Ruck den Nagel heraus.
»Nicht doch!«, protestierte Henry erschrocken. »Man wird merken, dass jemand hier war.«
»Ich stecke ihn zurück, wenn ich fertig bin«, erwiderte Jeremy beschwichtigend. Dann machte er sich daran, die Spitze des Nagels ein wenig zurechtzubiegen, und führte sie in das Schloss der Schublade ein.
»Und Ihr wollt kein abgefeimter Dieb sein, Sir?«, wunderte sich der Lakai. »Wo habt Ihr gelernt, Schlösser aufzubrechen?«
»Nun, um ehrlich zu sein, mache ich so etwas zum ersten Mal. Aber ich habe gehört, dass Einbrecher auf diese Weise vorgehen. Na, wer sagt’s denn. So schwierig ist das gar nicht.«
Jeremy öffnete die Schublade und begann sie zu durchsuchen. In seiner Angst, entdeckt zu werden, wurde der Diener bereits ungeduldig, als Jeremy ein gefaltetes Stück Papier auffiel. Sofort musste er an die Nachricht denken, die damals Alan in eine Falle gelockt hatte. Mit einem Gefühl der Erregung nahm er das Papier aus der Schublade und entfaltete es. Eine kurze Nachricht stand darauf geschrieben:
»Wenn Ihr wissen wollt, wie weit es der irische Spitzbube gebracht hat, der Euch vor einiger Zeit um Euren Degen erleichterte, findet Euch morgen früh um halb sechs Uhr gegenüber von Hartford House am Strand ein. Kommt allein, oder Ihr erfahrt nichts.«
Es gab keine Unterschrift.
»Ich wusste es!«, stieß Jeremy triumphierend hervor. »Ich wusste, dass es eine Botschaft gab. So lockte der Mörder den Ratsherrn dorthin.«
»Verflucht! Ich glaube, man hat uns entdeckt«, flüsterte Henry plötzlich, als Schritte auf der Treppe erklangen.
»Wer ist da?«, rief eine Stimme. »Henry, bist du das? Was tust du mitten in der Nacht in der Schreibstube?«
»Das ist Master William, der älteste Sohn«, zischte der Diener panisch. »Was soll ich ihm sagen? Oh, zum Henker, er wird uns verhaften lassen, wenn er Euch hier sieht.«
Jeremy sprang hastig neben ihn an die Tür. »Schnell, dreh den Schlüssel um. Und nun komm! Wir klettern zum Fenster hinaus in den Garten. Von dort kannst du durch die Küche zurück ins Haus und den Unschuldigen spielen.«
Ohne eine Antwort abzuwarten, öffnete Jeremy einen Fensterflügel und blickte nach unten. Es war nicht sehr tief. Man konnte gefahrlos hinunterspringen. Während der Jesuit sich durch das Fenster schob, wurde von außen an die Tür gehämmert. »Macht sofort auf! Oder wir holen euch mit Gewalt, Diebesgesindel!«
Jeremy landete in ein paar Blumentöpfen, die unter dem Fenster standen. »Komm schon!«, rief er ungeduldig nach oben.
Kurz darauf erschien Henrys rechtes Bein und schließlich der Rest seines Körpers. Auch er wagte nach kurzem Zögern den Sprung, stolperte und wäre beinahe gefallen, doch der Priester fing ihn geistesgegenwärtig auf. Sie wandten sich zur Hintertür, die in die Küche führte, doch auch von dort drangen bereits Stimmen an ihre Ohren.
»Ich bin verdammt! Durch Eure Schuld!«, klagte Henry und warf Jeremy einen wütenden Blick zu.
»Komm mit mir«, entschied dieser spontan. »Ich werde dir eine neue Anstellung vermitteln.«
Der kleine Kräutergarten war von einer mannshohen Mauer umgeben. Dahinter lag eine Gasse, ihr einziger Fluchtweg. Jeremy stieß sich mit aller Kraft vom Boden ab und wuchtete sich auf den Rand der Mauer. Als er die Beine auf die andere Seite gezogen hatte, streckte er die Hand aus und rief: »Greif zu! Ich helfe dir rauf.«
Nur mit Mühe gelang es dem Priester, den ungelenken Lakaien zu sich auf den Mauerrand zu ziehen. Inzwischen waren Master William und zwei weitere Diener aus der Küche in den Garten gestürmt und hatten sie entdeckt. »Bleibt stehen, Halunken!«
Jeremy ließ sich auf der anderen Seite hinabgleiten und zog Henry mit sich. Er konnte nicht riskieren, dass der Lakai zurückblieb und seinen Namen ausplauderte. Man würde ihn sofort wegen Einbruchs verhaften und in den Kerker werfen.
Bei der Landung auf dem unebenen Pflaster der Gasse
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