Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Die Richter des Königs (German Edition)

Die Richter des Königs (German Edition)

Titel: Die Richter des Königs (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Sandra Lessmann
Vom Netzwerk:
der Tag des Herrn. Da wird sich keiner der Gerichtsschreiber stören lassen.«
    »Es muss sein!«, drängte Jeremy. »Mr. Mac Mathúna wird morgen früh gehenkt werden. Wir dürfen keine Zeit verlieren.«
    »Sicher, verzeiht mir, Pater. Wie spät ist es jetzt? Sechs Uhr? Ich lasse meine Kutsche sofort wieder anspannen.«

    Der Gerichtsschreiber, dem die Prozessakten der Old-Bailey-Sitzungen anvertraut waren, zeigte sich tatsächlich nicht besonders erfreut über die Störung des Sabbat. Murrend ließ er den Richter und seinen Begleiter ein und brachte ihnen dann gnädigerweise auch eine Kerze.
    »Wie lange werdet Ihr brauchen?«, knurrte der Amtmann unfreundlich.
    »Ich fürchte, schlimmstenfalls die ganze Nacht«, erwiderte Trelawney mit entschuldigender, aber unnachgiebiger Miene.
    Als sich der Gerichtsschreiber brummend entfernt hatte, nahmen sich Sir Orlando und Jeremy die Akten vor.
    »Wonach suchen wir?«, fragte der Richter.
    »Nach allen Prozessen, an denen Ihr, Lord Chief Justice Foster, Sir Thomas Peckham, Sir Michael Rogers, Sir John Deane und Meister Ridgeway teilgenommen haben. Ich glaube, dass der Mörder ein Unrecht rächen will, für das er Euch alle verantwortlich hält.«
    Sie verbrachten Stunden damit, dicke Stapel von Gerichtsprotokollen und Anklageschriften durchzusehen. Draußen sank die Dämmerung herab, und die beiden Männer mussten die Köpfe zusammenstecken, um das dürftige Licht der einzelnen Kerze auszunutzen. Sir Orlando lehnte sich gerade zurück, um seine brennenden Augen zu massieren, als ein Ausruf des Jesuiten ihn zusammenfahren ließ.
    »Heureka! Das muss es sein.«
    »Was?«
    »Seht her, Mylord. Es ist ganz einfach. Wir hätten schon viel früher darauf kommen können. Ihr erinnert Euch doch an den Fall, von dem Ihr mir damals erzählt habt, als Ihr mich um meine Mitarbeit batet.«
    »Das Mädchen, das vergewaltigt und so schlimm zugerichtet worden war, dass sie an ihren Wunden starb. Der Verdächtige war der Letzte gewesen, den man mit ihr gesehen hatte. Die Jury befand ihn für schuldig, und er wurde gehenkt. Doch er war unschuldig, wie sich später herausstellte. Ich habe noch heute schwere Schuldgefühle, weil ich nichts tat, um seine Hinrichtung zu verhindern.«
    »Ihr sagtet selbst, dass Ihr Euch alle des Justizmordes schuldig gemacht hättet. Nun, ich denke, unser Mörder ist derselben Ansicht. Und er will, dass Ihr dafür bezahlt.«
    Trelawney las sich die Aufstellung der am Prozess beteiligten Richter durch. »Ich erinnere mich noch, dass Sir Robert Foster den Vorsitz führte. Sir John Deane saß in seiner Funktion als Lord Mayor ebenfalls auf der Richterbank. Sir Michael Rogers vertrat als Kronanwalt die Anklage, wie es bei manchen Aufsehen erregenden Prozessen gehandhabt wird.«
    »Und Meister Ridgeway sagte im Auftrag des Leichenbeschauers aus«, ergänzte Jeremy. »Seine Beschreibung der schweren Verletzungen des Opfers beeindruckte die Jury so stark, dass sie den Angeklagten schuldig sprach, obwohl es keine stichhaltigen Beweise gegen ihn gab. Deshalb wollte man auch an Alan Rache nehmen.«
    »Ist das der einzige Fall, der in Frage kommt, oder sollen wir weitersuchen?«
    »Nicht nötig. Entsinnt Ihr Euch der letzten Worte Eures Dieners Walker, der von dem Mörder vergiftet wurde, weil er sich weigerte, zum Komplizen zu werden? Er wollte Euch vor seinem Tod noch etwas mitteilen, was Euch auf die Spur des Täters bringen sollte. Er sagte einen Namen, der wie ›Jeffrey‹ klang.«
    »Und der unschuldig Verurteilte hieß Jeffrey Edwards!«, rief Sir Orlando aus und schlug mit der Faust auf den Tisch.
    »So ist es! Wir haben also endlich das Motiv.«
    »Aber noch immer nicht den Mörder.«
    »Es muss ein Verwandter oder Freund von Edwards sein. Das wird sich herausfinden lassen. Jetzt ist es nur noch eine Frage der Zeit, bis wir ihn haben.«
    Trelawney warf einen Blick aus dem Fenster, hinter dem tiefe Nacht herrschte. »Es ist zu spät, um heute noch zum König zu gehen. Wir müssen bis morgen warten. Kommt mit zu mir, Pater. Dann können wir ohne Verzögerung in aller Frühe nach Whitehall fahren.«

    Seit Stunden stand Breandán am Fenster seiner Zelle, die Hände um die schwarzen Gitter geschlossen, und nahm das leuchtende Blau des wolkenlosen Himmels in sich auf. Das Wetter war warm und trocken geworden, und an manchen Stellen, wo die Hitze sich sammelte, flimmerte die Luft wie über einem Feuer. Die Eisenstäbe standen gerade weit genug auseinander, um eine Hand

Weitere Kostenlose Bücher