Die Richter des Königs (German Edition)
Dieser Tage war es schwer, ein anderes Gesprächsthema zu finden als die Pest, wie sich die Haushälterin eingestehen musste. Sie zerbrach sich den Kopf, worüber man sonst noch reden könnte, bis ihr eine flüchtige Erinnerung in den Sinn kam. Ohne darüber nachzudenken, fragte sie: »Wenn Meister Ridgeway zurückkehrt, wird ihn Mr. Mac Mathúna begleiten?«
Jeremy, der an seinem Brot kaute, sah sie verwirrt an. »Meister Ridgeway ist nach Wales gereist, wisst Ihr das nicht mehr, Mistress Brewster?«, berichtigte er sie, als er den Bissen hinuntergeschluckt hatte.
»O ja, freilich«, entgegnete die Haushälterin lebhaft, »ich dachte nur, Mr. Mac Mathúna ist auch nach Wales gegangen, um seine Familie zu besuchen.«
Noch verwirrter und allmählich auch leicht beunruhigt runzelte Jeremy die Stirn. »Aber Mr. Mac Mathúna ist Ire. Wie kommt Ihr darauf, dass er Familie in Wales habe?«
»Sein Vater ist Ire, und er ist in Irland aufgewachsen, aber seine Mutter ist Waliserin, soweit ich mich erinnere. Ja, ich glaube, sie stammt aus einem Ort namens Machyn … Machynll … oder so ähnlich. Ich konnte diese walisischen Namen noch nie aussprechen.«
»Machynlleth?«
»Ja, ich glaube, das war es.«
Jeremy war schlagartig bleich geworden. Vor seinen Augen begann alles zu verschwimmen, und sein Herz schlug auf einmal wie wild in seiner Brust. »Wo … woher wisst Ihr das?«, brachte er mühsam hervor.
Mistress Brewster kniff überlegend die Augen zusammen. »Ich weiß es nicht mehr. Irgendjemand muss es mir erzählt haben. Vielleicht war es Mr. Mac Mathúna selbst … oder jemand anders. Ich kann mich nicht mehr erinnern.« Sie schüttelte bedauernd den Kopf.
Jeremy saß immer noch wie vom Donner gerührt da und starrte sie ungläubig an. Er wusste auf einmal nicht mehr, was er glauben sollte. Es war verführerisch, zu vermuten, dass sie etwas falsch verstanden hatte, denn sie war kein großes Licht. Aber sie hatte sehr überzeugt geklungen. Und woher sonst hätte sie den Namen des walisischen Ortes gewusst, auch wenn sie ihn nicht aussprechen konnte? Und doch schien es völlig unmöglich … Breandáns Mutter eine Waliserin? Nein, das konnte nicht wahr sein! Der Ire hatte nie eine diesbezügliche Andeutung gemacht, zumindest nicht ihm gegenüber. Wie konnte also Mistress Brewster davon wissen? Vielleicht von John, der ja mit Breandán in einer Kammer gewohnt hatte? Allerdings wäre der Geselle so ziemlich der letzte Mensch gewesen, dem Breandán etwas Persönliches anvertraut hätte. Nein, es gab nur eine Person, die wissen konnte, ob diese ungeheuerliche Behauptung der Wahrheit entsprach: Amoret! Der Ire hatte ihr vertraut und in den letzten Monaten viel Zeit mit ihr verbracht. Er musste ihr das ein oder andere über seine Familie erzählt haben.
Im nächsten Moment hielt Jeremy nichts mehr an seinem Platz. Ohne ein Wort der Erklärung stürzte er aus dem Haus und eilte zur Anlegestelle von Blackfriars. Es dauerte eine Weile, bis er ein Boot fand, denn die Fährleute hatten wie alle Londoner Angst, anderen Menschen zu nahe zu kommen, die vielleicht schon die Pest in sich trugen, auch wenn man es ihnen nicht ansah. Und so beäugte der Fährmann, der Jeremy schließlich aufnahm, seinen Fahrgast mit misstrauischen Blicken, immer nach einem Anzeichen der Krankheit suchend. Jeremy verkniff sich vorsichtshalber ein Husten, das ihm im Rachen kratzte. Der Flussschiffer würde ihn vermutlich ohne viel Federlesen in die Themse befördern, sollte er zu der Überzeugung kommen, einen von der Pest Befallenen in seinem Boot zu haben. Die Angst machte die Menschen herzlos.
Auf der Themse herrschte nicht viel Verkehr. Die Leute vermieden es entweder, ihre Häuser zu verlassen, oder sie waren bereits aufs Land gezogen. Nur in Whitehall war noch ein reges Treiben zu beobachten. Der königliche Hof machte sich zu einem gesünderen Ort auf. Die meisten Höflinge waren bereits in den letzten Tagen aufgebrochen, und bei seinem Eintreffen am Whitehall-Palast sah Jeremy auf dem Großen Hof weitere Kutschen zur Abfahrt bereitstehen. Er schlängelte sich an geschäftig umhereilenden Lakaien vorbei, die schweres Gepäck schleppten. Er war so tief in Gedanken versunken, dass er beinahe mit dem Herzog von Buckingham zusammengestoßen wäre, der gerade seine Kutsche bestieg. Der Kammerdiener Seiner Gnaden rief Jeremy noch einige Schimpfworte nach, die dieser jedoch kaum registrierte.
Der Jesuit eilte die verwinkelten Gänge entlang
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