Die Richter des Königs (German Edition)
London geflohen waren und nun zurückkamen, wurden von der Bevölkerung verständlicherweise mit Ablehnung und Spott empfangen. Viele der Chirurgen, Apotheker und Geistlichen der religiösen Minderheiten, die in der Stadt geblieben waren, hatten dagegen ihr Pflichtbewusstsein mit dem Leben bezahlt. Auch der Jesuit Edward Lusher, der im Roman mit Jeremy Blackshaw die Kranken besucht, starb an der Pest, als die Epidemie im September ihren Höhepunkt erreichte. In den folgenden Jahren breitete sich die Seuche noch über andere Städte Englands aus, doch nach 1680 war sie praktisch von der Insel verschwunden. In Europa hielt sie sich länger. Marseille konnte noch in den Jahren 1720 bis 1722 einen verheerenden Ausbruch verzeichnen. Die Forschung ist sich nicht im Klaren darüber, weshalb die Pest aus Europa verschwand. Heute ist sie noch in einigen Ländern Asiens, Afrikas, Südamerikas und in den USA (Kalifornien, Colorado!) heimisch (Hans Schadewaldt [Hg.], Die Rückkehr der Seuchen. Ist die Medizin machtlos?, Köln 1994, S. 23f.).
Ebenso wie die Pest wird auch das Fleckfieber durch den Biss infizierter Rattenflöhe übertragen, in erster Linie jedoch durch das Einkratzen von Läusekot unter die Haut. So tritt diese Krankheit vornehmlich dort auf, wo viele Menschen unter unhygienischen Bedingungen auf beschränktem Raum zusammenleben, wie in Gefängnissen, in Feldlagern und in den Armenvierteln (deshalb auch Hungertyphus oder Lazarettfieber genannt). Einmaliges Überstehen der Krankheit führt zu einer lang anhaltenden Immunität. Die Zustände in den Gefängnissen blieben bis in das 18. Jahrhundert hinein so katastrophal, dass sich in regelmäßigen Abständen Richter, Geschworene und Amtsträger in den Gerichtssälen mit Fleckfieber infizierten und reihenweise daran starben.
Obwohl die Gefahr der Ansteckung bekannt war, gibt es keine Hinweise darauf, dass sich zur damaligen Zeit ein Mörder dieses Wissens bediente, um seine Opfer zu töten. Es existieren jedoch Zeugnisse aus der Zeit der Großen Pest von London, in denen davon die Rede ist, dass Kranke absichtlich Gesunde anhauchten oder mit Eiter aus den Pestbeulen beschmutzte Binden in die Häuser ihrer Nachbarn warfen, um sie anzustecken.
Neben dem Stuartkönig Charles II., dem Lord Chancellor Hyde, dem Herzog von Buckingham und dem französischen Gesandten de Cominges sind auch die erwähnten Richter mit Ausnahme von Sir Orlando Trelawney und Baron Thomas Peckham historische Personen. Lord Chief Justice Sir Robert Foster starb, während er in Westengland die Assisen abhielt; dass er vergiftet wurde, ist jedoch meine Erfindung. Sein Nachfolger Sir Robert Hyde starb tatsächlich in seinem Arbeitszimmer im Serjeants’ Inn an Apoplexie. Da dieser Begriff damals aber für jede Art von plötzlichem Zusammenbruch verwendet wurde, lässt sich nicht sicher sagen, dass die Ursache seines Todes wirklich ein Schlaganfall war. Im Jahre 1673 während der Prozession der Richter zur Westminster Hall wurde Richter Twisden, einem Augenzeugenbericht zufolge, von seinem Pferd abgeworfen, zog sich dabei allerdings keine größere Verletzung zu. Dieser Vorfall führte dazu, dass die Richter mit der Tradition brachen und sich in der Folgezeit auf den Einsatz ihrer Kutschen beschränkten. Der Ratsherr Sir John Deane und seine Freunde sind fiktiv.
Charles II. war für seine vielen Mätressen berüchtigt. Barbara Palmer, Lady Castlemaine, und Frances Stewart sind authentisch. Ich habe ihm mit Amoret St. Clair eine weitere Mätresse an die Seite gegeben, was er mir aber sicher nicht übel nehmen wird.
Weitere historische Personen sind der Henker Jack Ketch, der Zunftmeister der Barbier-Chirurgen Richard Wiseman, der Jesuit Edward Lusher, der Student George Jeffreys und der Friedensrichter Edmund Berry Godfrey. George Jeffreys machte tatsächlich Karriere. Er stieg in kürzester Zeit zum Lord Chief Justice des Königlichen Gerichtshofs (Lord Chief Justice of the King’s Bench) und schließlich unter Charles’ Nachfolger James II. zum Lord Chancellor auf. Damit wurde er zum mächtigsten Mann im Staat, sozusagen zum Premierminister.
Jeffreys’ Bemühungen um Mary Peckham, die keine historische Person war, sind erfunden. Jeremy Blackshaws Warnung an den Studenten George Jeffreys, besser auf seine Gesundheit zu achten, ist sozusagen ein Vorgriff auf dessen tragisches Ende. Er starb mit nur fünfundvierzig Jahren nach langem qualvollem Siechtum an einem
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