Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Die Ringe der Macht

Die Ringe der Macht

Titel: Die Ringe der Macht Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Horst von Allwörden , Helmut W. Pesch
Vom Netzwerk:
Pflanzen zu erheben, über sie zu triumphieren. Nein, es war anders. Es war wie bei Königen. Der Baumgürtel war der Krönungsmantel und der Schnee die Krone. Kimberon Veit stand in Gegenwart der Herrscher der Welt, die sich aus dunklen Tiefen aufschwingen zum schweigenden Haupt des Mons Archernaos, ewig thronend zwischen Himmel und Erde, des höchsten Berges südlich von Elderland und nördlich der Länder der Menschen.
    Ein Adler stieg im Aufwind der Schneefelder zu schwindelerregenden Höhen auf, ließ sich von der Luft treiben, und sein Schrei klang so fern, dass Kim fast glaubte, er käme nicht von dieser Welt. Und doch schien ihm dieser majestätische Vogel nicht mehr als der Hofnarr zu sein, der seinem Herrn einige Kunststücke vorführte. Kim schloss die Augen und ließ sich mit dem Adler emportragen, zu immer höheren Gefilden …
    »Komm, Kim!«, riss ihn eine tiefe Stimme aus seinen Träumen. »Wir müssen weiter.«
    Kim kehrte in die Wirklichkeit zurück. »Hast du das gesehen, Bubu?«, fragte er.
    »Du meinst diesen großen Haufen Felsen?«, brummte Burin. »Nicht zum ersten Mal. Es mag dir entgangen sein, aber mein Volk lebt in den Bergen.«
    »Ach, du weißt, was ich meine«, seufzte Kim voller Bewunderung. »Diese Majestät, diese Erhabenheit, diese …« Er stockte. Er konnte die richtigen Worte nicht finden und deutete einfach nur auf das Felsenmassiv, das sich vor ihnen erhob.
    »Ihr Ffolksleute scheint ja richtig schwärmerische Seelen in eurer Brust zu verbergen. Ich dachte immer, ihr seid so praktisch und voller Ordnungssinn, dass jeder wildwachsende Baum in eurem großen Garten euch entsetzlich unruhig macht. Und nun stelle ich fest, dass euer Blut so heiß ist wie das der Edelleute aus dem Süden, deren Verstand flieht, wenn Schönheit oder Liebe – oder beides – auf sie wirkt. Na ja, wenn man’s recht betrachtet, kann bei den Edelleuten des Südens nicht viel fliehen … Aber, Kimberon, ich hatte nicht gedacht, solche Seiten bei dir zu finden.«
    »Ach, du machst die ganze Stimmung kaputt«, seufzte Kim, musste dann aber doch grinsen.
    »Die Stimmung wird dir schon vom Aufstieg verhagelt werden. Und nun komm. Wir wollen sehen, dass wir vor Sonnenuntergang noch ein gutes Stück schaffen.«
    Gwrgi hatte von Marina offensichtlich die gleiche Medizin verabreicht bekommen wie Kim. Auch die für gewöhnlich verschlossene Miene des Sumpflings hatte sich aufgehellt.
    »Sie sehen beide aus, als hätten sie eine Wasserpfeife geraucht, wie sie tief im Osten des Imperiums genossen wird. Die haben da auch alle so ein weltentrücktes Grinsen auf dem Gesicht«, kommentierte Burin.
    »Ach, Bubu, du bist ein altes Lästermaul«, klagte Fabian. »Vielleicht sollten wir dir mal den Mund mit Seife auswaschen, wie es die Mütter mit ihren Kindern machen, wenn sie unanständige Wörter sagen.«
    »Und du meinst, ich würde dann nur noch reine Gedanken haben und nicht mehr über euch herziehen?«, fragte Burin.
    »Nein, aber wir könnten dir einiges heimzahlen. Immerhin weißt du doch, woraus Seife gekocht wird …«
    »Na und, ich esse doch auch sonst tote Tiere! Ich bevorzuge allerdings weniger exotische Zubereitungen; aber bitte, mir war bekannt, dass die Küche des Hofes zu Aureolis immer schon für das Verwöhnen selbst des zynischsten Gaumens berühmt war. Ich glaube allerdings, in diesem Fall bleibe ich bei der Hausmannskost, wie sie uns Frau Marina vorsetzt.«
    »Sabbelkopp«, lachte Fabian.
    So ging es weiter bis zum Abend. Kim hörte nur mit halbem Ohr zu. Immer wieder ließ er seinen Blick über die Berge schweifen. Und bei jedem Blick glaubte er etwas Neues zu entdecken. Es gab unglaubliche Variationen von Felsformationen. Hier ein Massiv, in dem man einen Kopf zu erkennen glaubte, gekrönt, wie von einem König der Altvorderenzeit. Dort Riesenfinger, die sich mahnend oder anklagend emporstreckten. Und diese Größe! In der Ferne konnte er eine Felswand erkennen, die gewiss mehr als tausend Ffuß in den Himmel ragte.
    Nach dem ersten, von Geröll überlagerten Teilstück war die alte Handelsstraße hier noch recht gut erhalten und führte zunächst in sanften Bögen, dann in immer schärferen Kehren, unterbrochen von dem einen oder anderen Plateau, den Berg hinauf. Nur gelegentlich machten Krüppelkiefern, Buschwerk oder ein Steinabbruch sie schwer passierbar; dann halfen sich die Gefährten gegenseitig, die Schmalstellen zu überwinden. Immer wieder kamen sie an verwitterten Wegsteinen vorbei, die

Weitere Kostenlose Bücher