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Die Ringe der Macht

Die Ringe der Macht

Titel: Die Ringe der Macht Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Horst von Allwörden , Helmut W. Pesch
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eine neue Art von Liebe kennen, die umso süßer ist, weil sie nicht dauern kann, die von Trauer erfüllt ist und von Bitterkeit, und es bereicherte sie.
    Andere gaben sich nicht damit ab. Sie forschten weiter, auf eigene Faust. Sie fanden den Tod – und er faszinierte sie. Und sie gingen zu weit. Aus dem Tod schufen sie neues, unheiliges Leben …«
    Ein aufschwellender Schrei, der in einem Gurgeln abbrach, gefolgt von würgenden Geräuschen, wie sie kaum aus einer menschlichen Kehle kommen konnten: »… gollum …«
    »Gwrgi!« Marina war aufgesprungen. Fabian war mit einem Satz an ihrer Seite. Der Sumpfling lag auf dem Boden und zuckte wild mit den Gliedern; Schaum stand vor seinem Mund. Seine Augen waren verdreht, dass man das Weiße sah.
    »Schnell!« Fabian hatte ein Stück Holz gepackt und schob es Gwrgi zwischen die Zähne. »Ich kenne das. Es ist die Anfallskrankheit; sie kommt in meiner Familie auch vor, in manchen Generationen. Helft mir, ihn zu halten.«
    Kim eilte herbei, doch erst als Burin sich zu ihnen gesellte, gelang es ihnen, den Tobenden zu bändigen. Gwrgi zuckte noch einmal, dann versteifte sich sein ganzer Körper, und aus seinem Mund kamen gepresste Worte, als versuche er sie mit Gewalt zurückzuhalten, doch ohne Erfolg:
    »… ichhh … sehhe … dass Ennde der Zeiiit …«
    Er bäumte sich auf. Dann sackte er mit einem Mal in sich zusammen und lag still. Einen Augenblick starrten ihn alle an. War er tot? Doch dann sahen sie, dass sein Brustkorb sich regelmäßig hob und senkte, als läge er in tiefem, friedlichem Schlaf.
    »Das war kein gewöhnlicher Anfall«, sagte Marina, die ihm mit einem Tuch das Gesicht abwischte. »Ich kenne das von anderswoher. Wenn die Godin, die Priesterin der Mutter, in Verzückung verfällt, dann spricht die Göttin aus ihr …« Sie verstummte. »Ich sollte nicht davon reden. Das sind Dinge, die eigentlich nur Frauen angehen.«
    Kim stellte fest, dass er immer wieder erstaunt war, was sich hinter Marinas unscheinbarem Äußeren verbarg – bei ihr wie bei allen seinen Gefährten. Fast hatte er den Eindruck, dass er der einzige in der Runde war, der keine Geheimnisse hatte und im Großen und Ganzen ein recht gewöhnlicher Sterblicher war.
    »Ich nehme an, du hast von den Dunkelelben gesprochen«, meinte er, an Gilfalas gewandt, nur um etwas zu sagen, »und wie sie entstanden.«
    »Es waren unsere Brüder«, nickte der Elbe zustimmend. »Diejenigen, die zu weit gegangen sind. Die die Geheimnisse des Todes zu ergründen suchten. Das Licht, das ihnen innewohnte, wurde zu Feuer und Dunkelheit. Verflucht sollen sie sein!«
    »Du verstehst das nicht, Elbe«, sagte eine Stimme aus dem Hintergrund, rauh, wie von Stein, der gegen Stein reibt. Es war Gregorin, der sich die ganze Zeit nicht gerührt hatte. Reglos stand er dort im Dunkel der Bäume.
    »Aber du, ja, du verstehst es?« Gilfalas’ Stimme klang schrill.
    »Ich«, sagte Gregorin, »sehe das Ende der Zeit.« Und verfiel wieder in Schweigen.
    Da war es wieder, durchfuhr es Kim. Erneut klang Burins Bemerkung in ihm auf: Gregorin, der Träger der Schande des Zwergengeschlechts. Er blickte in die Augen des Zwerges und konnte darin ein tiefes Leid und unerfüllbare Sehnsucht lesen.
    Die Stimmung war zerstört. Zu düster waren die Gedanken geworden. Stillschweigend kam man überein, an diesem Nachmittag nicht weiterzuziehen, sondern hier im Schatten der Bäume das Lager aufzuschlagen. Früh legten die Gefährten sich nieder. Kim lag noch lange wach und lauschte dem gleichmäßigen Atmen der Freunde und Gefährten. Wenn nicht Gilfalas’ trübe Gedanken und Gregorins Worte auf sein Gemüt gedrückt hätten, wäre dieser Abend fast so gewesen, wie der junge Ffolksmann sich ein Abenteuer vorgestellt hatte.
    Das war sein letzter Gedanke, bevor auch ihn der Schlaf in seine Arme nahm. Das Wasser des Anderfalls rauschte dazu, und die Wellen des Flusses sangen ihre Melodie …
    Der Morgen begann wie gewohnt: Marina kochte Tee, während Gregorin alle mit ruppigen Bemerkungen weckte. Aber es klang nicht mehr so überheblich wie noch wenige Tage zuvor. Kim betrachtete ihren noch neuen Gefährten nachdenklich. Das Leid war aus seinem Blick verschwunden. Vielleicht hatte das Rauschen des Anderfalls auch ihm etwas Frieden gebracht. Kim ging zu dem tiefblauen Teich und wusch sich mit dem kalten Wasser. Er schien sich daran zu gewöhnen. Das harte Leben auf der Wanderschaft färbte auf ihn ab, aber trotzdem würde er es immer noch

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