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Die Ringe der Macht

Die Ringe der Macht

Titel: Die Ringe der Macht Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Horst von Allwörden , Helmut W. Pesch
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bevorzugen, den bescheidenen Komfort eines ruhigen, sesshaften Lebens zu genießen.
    Gwrgi hatte sich erhoben. Nichts an ihm verriet, dass er – wie Magister Adrion es wohl nennen würde – einen prophetischen Raptus gehabt hatte. Er benahm sich wie immer, quäkte herum und schien guter Dinge. Die anderen blickten sich an, und es bildete sich ein stilles Einverständnis, Gwrgi nichts von seiner Vision am Abend zuvor zu erzählen.
    Die Vögel Elderlands begrüßten zwitschernd den Morgen, als die Gefährten sich für den Aufbruch rüsteten. Kim schulterte gerade seinen Rucksack, als ihm plötzlich bewusst wurde, dass es ringsum still geworden war. Er blickte auf. Das Licht erschien mit einem Mal grau und fahl, als hätte sich ein dünner Wolkenschleier vor die Sonne geschoben.
    Erschrocken sahen sich die Gefährten um. Und nicht nur Kim langte nach seiner Waffe. Auch Burin befreite seine Axt von der Lederhülle.
    »Lasst uns besser aufbrechen«, sagte Fabian. »Wir sollten keinen Augenblick länger verweilen.«
    Gilfalas hob noch einmal die Augen zum Anderfall hinauf, riss sich dann aber von dem Anblick los. »Wir müssen wirklich von hier weg«, sagte er mit leisem Bedauern in der Stimme.
    Gregorin setzte sich in Bewegung und machte eine vage Bewegung in Richtung Stufe. »Da geht’s lang.«
    Kim warf einen kurzen Blick in die Runde. In den Gesichtern der anderen las er Unbehagen und die unausgesprochene Frage, ob sie bereits zu lange gezögert hatten. War der Feind ihnen wieder auf der Spur? Das Zwielicht und die Stille waren ihnen einfach nicht geheuer.
    Die Gefährten schlugen einen Bogen um den Teich herum. Den Ander durchquerten sie über eine Reihe von Felsen, die aus dem Wasser ragten, so dass Kim zu seiner Erleichterung nicht einmal nasse Füße bekam. Sie marschierten am Fuß der Stufe entlang, die um den Anderfall herum steil vom Sichelgebirge her abfiel. Die einzigen Geräusche waren ihr Atmen und ihre Schritte auf dem von Gras überwucherten Kies. Selbst der Wind in den Bäumen war verstummt.
    »Unheimlich, nicht?«, fragte Marina, und für Kim klang auch ihre Stimme seltsam gedämpft.
    »Ja«, antwortete er einsilbig.
    »Es ist, als halte die Welt den Atem an«, meinte Gilfalas. »Als warte sie auf ein bestimmtes Ereignis.«
    »Wenn das Ereignis uns in Ruhe lässt, soll’s von mir aus kommen«, knurrte Burin. »Wie weit ist es noch?«, fragte er Gregorin, und die Besorgnis in seiner Stimme war, trotz seines trockenen Kommentars zuvor, nicht zu überhören.
    »Gegen Abend, wenn wir uns beeilen, werden wir das Tor nach Zarakthrôr erreicht haben.«
    »Gut«, sagte Fabian. »Dann sollten wir uns beeilen. Ich weiß nicht, was sich hier draußen zusammenbraut, aber ich würde mich wesentlich wohler fühlen, wenn ich nicht dabei wäre.«
    »Dann spart alle euren Atem fürs Marschieren«, knurrte Gregorin. »So kommen wir zügiger voran.«
    Gregorin schlug wieder ein scharfes Tempo an, das man ihm mit seinen kurzen, stämmigen Beinen überhaupt nicht zutrauen würde. Er marschierte, als wäre er ein Zenturion in der Armee des Kaisers und Kim und die anderen Gefährten Rekruten in der Ausbildung. Fast musste Kim bei dem Gedanken schmunzeln. Der verkniffene Gesichtsausdruck, den Gregorin zur Schau trug, passte zu dieser Vorstellung wie ein Babyhintern in die Windel, wie es in Elderland hieß. Der Gedanke half Kim, sich abzulenken; denn schon bald spürte er wieder die Erschöpfung in den Knochen.
    Die unwirkliche Atmosphäre hielt an. Kein Vogel sang, und die Sonne schien immer noch durch ein Tuch zu scheinen, welches das Licht dämpfte. Die ganze Umgebung wirkte in dieser fahlen Helle seltsam deutlich und verzerrt zugleich.
    Drei Stunden waren sie wohl schon unterwegs, aber keiner wollte sich eine Rast gönnen, denn alle sehnten sich nach einem schützenden Dach über den Kopf.
    Da war ein Laut in der Stille.
    Jeder hörte ihn. Vielleicht hätte man ihn überhören können, wenn die üblichen Geräusche des Waldes ihn überdeckt hätten. Es war ein Laut, den keiner, der ihn einmal hörte, je im Leben wieder vergaß.
    Ein Heulen …
    Jeder der Gefährten – bis auf Gregorin und Gwrgi – hatte dieses Heulen schon einmal in der Ferne vernommen, als Marina sie durch das nächtliche Elderland führte. Jeder von ihnen hatte darum gebetet, diesen schrecklichen Laut nie wieder vernehmen zu müssen. Aber nun war er da. Und er kam näher.
    »Die Schattenhunde!«, entfuhr es Kim. »Azanthul und die Bolgs sind

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