Die Risikoluege
starben, wenigstens 10 000 gelten als vermisst.
Beben und etwa 14 Meter hohe Tsunami-Wellen lösten zudem am Atomkraftwerk Fukushima-Daiichi des Energiekonzerns Tokyo Electric Power Company (Tepco) einen folgenschweren Reaktorunfall aus – den größten seit Tschernobyl vor 25 Jahren.
In Bezug auf den Reaktortyp ist die Katastrophe von Fukushima mit der von Tschernobyl nicht zu vergleichen. Im Gegensatz zu dem Reaktor in Fukushima handelte es sich bei dem in Tschernobyl um einen Grafitmoderierten Reaktor, dessen Druckbehälter nicht von einem Containment (Sicherheitsbehälter) umgeben war, weswegen die radioaktiven Stoffe bei der Explosion und dem anschließenden Brand des Grafits freigesetzt wurden und ungehindert in die Umwelt gelangen konnten. Damit war die
akute Gefahr für Mensch und Umwelt in Tschernobyl größer als in Fukushima. Was die Langzeitfolgen anbelangt könnte es allerdings umgekehrt sein. Der Reaktor von Fukushima ist jedoch mit dem von Harrisburg vergleichbar, der ebenfalls über ein Containment verfügte.
Wie folgenschwer die Katastrophe von Fukushima für die Überlebenden, ihre Heimat und die Zukunft ihrer Kinder letztendlich sein wird, ist schwer zu beurteilen. Fest steht jedoch, dass der Super-GAU zu einer erheblichen radioaktiven Kontamination von Luft, Böden, Wasser und Nahrungsmitteln in der land- und meerseitigen Umgebung der Anlage geführt hat. Für etwa 150 000 Einwohner, die das Gebiet verlassen mussten, wird es keine Rückkehr mehr geben. Hunderttausende in landwirtschaftlichen Betrieben zurückgelassene Tiere verhungerten.
Als Folge der Katastrophe müssen allein in der Provinz Fukushima Lagerstätten für rund 90 Millionen Kubikmeter radioaktiv verseuchte Erde, Laub, Trümmerteile und andere Abfälle geschaffen werden. Das berichtete die Lokalzeitung Fukushima Mimpo unter Berufung auf Vizeumweltminister Hideki Minamikawa. Die Menge entspreche dem Volumen von bis zu 72 großen Baseball-Stadien, hieß es. Aber nicht nur in Fukushima, auch in sieben anderen Provinzen, in denen es radioaktiven Niederschlag gegeben hat, müssen vorübergehende Anlagen zur Lagerung verstrahlten Abfalls gebaut werden.
Die japanische Atomaufsicht hatte das Ereignis in Absprache mit dem Betreiber zunächst in die Kategorie 4 (entspricht Unfall) auf der INES-Skala eingestuft, was begrenzte Schäden am Reaktorkern und geringe Freisetzung von radioaktivem Material mit schwerer Kontamination des Personals bedeutet. Später musste sie aufgrund der
Menge an freigesetzten radioaktiven Stoffen das Ereignis – wie das von Tschernobyl – der Höchststufe 7 (entspricht katastrophaler Unfall) zuordnen. Dies bedeutet schwerste Freisetzung von radioaktivem Material, Auswirkungen auf Gesundheit und Umwelt in einem weiten Umfeld sowie gesundheitliche Spätschäden über große Gebiete, gegebenenfalls in mehr als einem Land.
Im Gegensatz zu Tepco hatte die Umweltorganisation Greenpeace allerdings von Anfang an behauptet, dass der Betreiber schon kurz nach dem Erdbeben von der Kernschmelze des AKW gewusst oder sie vermutet habe, das Ereignis also der Kategorie 7 hätte zuordnen müssen. Koichiro Nakamura, Sprecher der japanischen Agentur für Nuklearsicherheit, hatte dies ebenfalls bereits einen Tag nach dem Tsunami für möglich gehalten – einen Tag später musste er zurücktreten. Auch US-Experten hielten eine massive Kernschmelze von Anfang an für wahrscheinlich. Die beobachteten radioaktiven Isotope, sagte Kimberlee Kearfott, Professorin für Nuklearsicherheit an der Universität Michigan, ließen keinen anderen Schluss zu.
Nachdem Tepco zunächst angegeben hatte, dass bis zur Kernschmelze in Reaktor 1 15 Stunden vergangen seien, die Schmelze also auf den Tsunami-bedingten Ausfall der Kühlung des Reaktors und seiner Notsysteme zurückzuführen sei, musste der Betreiber später zugeben, dass die Kernschmelze in Reaktor 1 schon fünf Stunden nach dem Erdbeben eingetreten war, ebenso die in den Reaktoren 2 und 3, dass also die Druckkammern aller drei Reaktoren geborsten waren. Dadurch lief Kühlwasser aus, die Brennstäbe lagen blank, erhitzten sich und schmolzen. Nicht der Tsunami und die Zerstörung der Notkühlsysteme löste somit die Kettenreaktion aus, sondern das Beben selbst hatte
den Reaktorkern leckgeschlagen. Die große Explosion, die das AKW zum Erstaunen vieler Experten zerstörte, war demnach eine Folge der durch das Beben verursachten Kernschmelze.
Diese dem Laien müßig erscheinende Diskussion
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