Die Risikoluege
ist.
Rund 18 Monate nach der Katastrophe hat die neu gegründete, für Tiefseebohrungen zuständige US-Behörde für Umweltsicherheit den britischen Ölkonzern BP und seine beiden wichtigsten Vertragspartner – Transocean und Halliburton — in insgesamt 15 Fällen der Rechtsverstöße für schuldig befunden und Strafen gegen sie verhängt. Wie hoch die Strafen ausfallen, wurde zunächst nicht bekannt. Je Anschuldigungspunkt können bis zu 35 000 Dollar pro Tag fällig werden. Damit geht es schlimmstenfalls um Summen im oberen zweistelligen Millionenbereich. Allein im zweiten Quartal 2011 — ein Jahr nach Beginn der Katastrophe – hat BP ein Nettoergebnis von 5,4 Mrd. Dollar ausgewiesen.
So wie in Deutschland nach Fukushima, so wurde infolge des Unglücks in den USA ein zunächst auf sechs Monate
befristetes Moratorium von Tiefseebohrungen beschlossen. Allerdings wurde dieses Verbot bereits zwei Monate später von einem amerikanischen Bundesgericht in New Orleans wieder aufgehoben, womit das Gericht der Klage von 32 Ölfirmen entsprach.
Schwere Vorwürfe gegen BP wurden auch vonseiten der Forschung erhoben. Ein führender US-Wissenschaftler hält BP vor, angesehene Forscher zum Schweigen bringen zu wollen. BP habe die Wissenschaftler gezielt unter Vertrag genommen, um Informationen eine Zeit lang unter Verschluss zu halten. Cary Nelson, Vorsitzender des US-Professorenverbandes AAUP, kommentierte den Vorgang im britischen Sender BBC so: »Ein wahrlich gigantischer Konzern versucht das Schweigen von Hochschullehrern in einem umfassenden Ausmaß zu erkaufen.« Ein Vorwurf, der nicht überraschend ist, weil Unternehmen auch in anderen Branchen immer wieder einmal so vorgehen.
Nach dem Halbjahresbericht 2011 sind BP durch die Umweltkatastrophe bisher Kosten von insgesamt 32,2 Milliarden Dollar (25 Milliarden Euro) entstanden, mit weiteren Kosten ist zu rechnen. Analysten schätzen die drohenden Gesamtschäden auf bis zu 70 Milliarden Dollar. Und Prozesse stehen ins Haus. Gegen das Unternehmen wurden bis Sommer 2011 mehr als 300 Zivilklagen eingereicht, und die amerikanischen Behörden ermitteln wegen zahlreicher Gesetzesverstöße. BP ist in eine existenzielle Situation geraten.
Nicht zuletzt deshalb hat nun BP seinerseits Klage gegen Transocean eingereicht: Die Bohrinsel sei nicht seetauglich gewesen, die Besatzung nicht ausreichend geschult und die Instandhaltung der Plattform vernachlässigt worden. »Die simple Tatsache ist, dass am 20. April 2010 jedes einzelne
Sicherheitssystem und Gerät sowie Mechanismen zur Quellenkontrolle auf der Deepwater Horizon versagten.«
Trotz der Katastrophe im Golf von Mexiko verkündet Transocean, dass es für das Geschäftsjahr 2010 beim Sicherheitsniveau das beste Jahr seiner Firmengeschichte verzeichnet habe. Die Zahl der tatsächlichen und möglichen Zwischenfälle auf den Ölplattformen des Unternehmens sei trotz des Unglücks auf der Deepwater Horizon so niedrig gewesen wie noch nie. O-Ton Transocean: »Dies ist ein Ergebnis unserer Bemühungen, überall und jederzeit Zwischenfälle zu vermeiden.« Was die Plattform im Golf von Mexiko anbelangt, ist Transocean dies wohl nicht gelungen.
Wie immer, wenn in der Wirtschaft ein Unternehmen den Bach runtergeht, behalten die Manager festen Boden unter den Füßen. So auch bei den hier Beteiligten.
Von der geringen Zahl der Unfälle bei Transocean profitieren laut Geschäftsbericht vor allem die Manager, da sich die Höhe ihrer Bonuszahlungen unter anderem nach den Sicherheitskennzahlen bemisst.
Gute Nachrichten auch für den scheidenden BP-Chef Tony Hayward. Obwohl die Ölpest den britischen Energiekonzern noch teurer zu stehen kommen kann, als bisher erwartet, soll er als Abfindung ein Jahresgehalt von 1,1 Millionen Pfund (rund 1,3 Millionen Euro) erhalten. Außerdem steht ihm eine Betriebsrente in Höhe von insgesamt 10,8 Millionen Pfund sowie BP-Aktien aus laufenden Vergütungsprogrammen für Führungskräfte zu.
Also auch hier: Nicht nur, dass die Betroffenen der Katastrophe wieder einmal die Verlierer sind, die Verursacher sind auch noch die Gewinner. Nun ja, irgendjemand muss ja der Gewinner sein.
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Das wahre Ausmaß einer Katastrophe zeigt sich von selbst
Der Super-GAU von Fukushima, Japan
11.3.2011
Am 11. März 2011 um 14:46 Ortszeit (06.46 MEZ) richtete ein Erdbeben der Stärke 9,0 und eine nachfolgende, knapp 40 Meter hohe Tsunami-Welle im Nordosten Japans verheerende Schäden an. Mehr als 14 000 Menschen
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