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Die Ritter des Nordens

Die Ritter des Nordens

Titel: Die Ritter des Nordens Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: James Aitcheson
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der andere in dem sumpfigen Gelände vorrückte, wo Wace und die walisischen Prinzen schon bereitstanden. Gleichzeitig nahmen unsere Bogenschützen in einer langen Reihe hinter den beiden Aufstellung. Da wir mit dem Rücken zum Fluss standen, brauchten wir zwar einen Angriff auf der Flanke nicht zu befürchten, aber unsere Situation war aussichtslos genug. Denn der Feind brauchte im Grunde nur so lange gegen unseren Schildwall anzurennen, bis unsere Moral erschöpft war, und das würde früher oder später passieren.
    Ich nahm in der ersten Reihe des Schildwalls neben Eudo meinen Platz ein – links von mir Serlo, neben ihm Turold und Pons. In aller Eile setzte ich mir den Helm auf und befestigte den Kinnriemen, bevor mir auch schon jemand von hinten einen Wurfspeer reichte.
    »Wie lange, glaubst du, können wir die Stellung halten?«, fragte Eudo, als er den Rand seines Drachenschilds über meinen schob.
    Ich wusste darauf keine Antwort, daher schwieg ich.
    »Dass ich einmal so enden würde, hätte ich nie geglaubt«, sagte er. »Ich habe immer gedacht, dass es mich mal in der Schlacht erwischt. Aber nicht, dass ich eines Tages auf so einem gottverlassenen Landstrich wie ein Tier in der Falle sitzen könnte – und das ausgerechnet noch in Wales.«
    »Wir müssen alle einmal sterben«, entgegnete ich ihm. »Und falls wir heute an der Reihe sind, sollten wir vorher wenigstens möglichst viele von denen da drüben mitnehmen.«
    Die ersten Angreifer waren jetzt kaum mehr hundert Schritte von uns entfernt. Ich beobachtete, wie sie in dem hohen Gras immer näher kamen, bis ich fast den Blutdurst in ihren Augen sehen konnte. Ein oder zwei von ihnen stolperten über die Fässer, die im hohen Gras lagen. Leider nicht so viele, wie ich gehofft hatte.
    »Haltet die Reihen geschlossen!«, befahl ich den Männern neben und hinter mir. Ich war schon völlig heiser. »Und die Schilde immer senkrecht halten. Lasst sie nicht durch! Und prägt euch eure Nebenmänner genau ein. Vielleicht ist der Feind stark, aber wir sind stärker! Wir verteidigen unser Banner – koste es, was es wolle! Wir halten die Stellung – um jeden Preis! Wir machen sie fertig, bis sie vor uns im Schmutz liegen – und dann töten wir sie!«
    Die Worte sprudelten nur so aus meinem Mund. Ein richtiger Appell klang zwar anders, aber das musste reichen.
    »Tötet sie!«, wiederholte Eudo, und ringsum stimmten die Männer in den Ruf mit ein und schlugen auf ihre Schilde, bis alle wie aus einem Mund brüllten: »Tötet sie!«
    Wenn mir noch mehr Zeit geblieben wäre, hätte ich meine Leute zwar noch vehementer angespornt, noch mehr aufgehetzt. Trotzdem: Am Ende sind Worte immer nur Worte, und heroische Parolen allein reichen nicht aus, um eine Schlacht zu gewinnen. Was jetzt zählte, waren vor allem Willenskraft, Klugheit und ein treffsicherer Schwertarm. Mir blieb nur zu hoffen, dass unser kleines Korps diese drei Bedingungen erfüllte und die eigene Angst zu überwinden vermochte. Denn so kampferprobt, so geübt die Männer im Umgang mit dem Speer, dem Schwert oder der Kampfaxt auch sein mochten, keiner von ihnen war frei von Angst.
    Ich holte tief Luft, wappnete mich, so gut ich konnte, umschloss mit den Fingern den Schaft meines Speers, spürte in der Hand die Maserung des Holzes.
    Und dann stürzten sich die Angreifer auch schon auf uns. Einige von ihnen bildeten kleine Gruppen und versuchten, die Karren wegzuziehen, die Lücken in der Mauer wieder zu öffnen, um Durchlässe für ihre Kameraden zu schaffen. Andere standen daneben und schützten die Männer mit Schilden vor den Wurfspießen, die unsere Leute aus der zweiten Reihe auf sie schleuderten. Die meisten Speere prallten von den Schilden ab oder blieben im Holz stecken, doch einer traf einen hoch aufgeschossenen Waliser mitten ins Herz. Der Mann machte ein ungläubiges Gesicht, riss den Mund auf und sackte einfach in sich zusammen. Kaum lag er am Boden, als schon ein anderer die Lücke schloss und mit einem großen Schritt über den blutüberströmten Mann hinwegstieg.
    In meinen Ohren klang der Schlachtenlärm: Männer brüllten, fluchten, heulten, starben. Wir attackierten die Angreifer, versuchten sie mit unseren Spießen über die Barrikade hinweg zu treffen, schoben die Speere durch die Ritzen und Speichen der Wagen und zielten vor allem auf die Köpfe der Waliser, da die meisten von ihnen keinen Helm trugen. Da erst begriff ich, dass der Haufen fast nur aus Bauern bestand, die zweifellos nur

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