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Die Ritter des Nordens

Die Ritter des Nordens

Titel: Die Ritter des Nordens Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: James Aitcheson
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fiel mir aus den gefühllosen Händen. Ich bekam gerade noch mit, dass mich immer mehr Männer umdrängten, dann stürzte ich zu Boden. Das Letzte, was ich sah, war Bleddyns grinsendes Gesicht über mir. Dann verschwand meine Welt in einer dunklen Wolke.

Einundzwanzig
    •
    A ls ich aufwachte, hatte ich einen unangenehmen Blutgeschmack im Mund. Meine Lippen waren trocken, und ich hatte rasende Kopfschmerzen. Ich lag auf der Seite am Boden. Mein Kettenhemd, mein Helm, mein Schild – alles war weg; ja, man hatte mir sogar das Hemd und die Schuhe ausgezogen und mir nur die Hose gelassen. Ich lag auf Steinen, die sich mir schmerzhaft in die Rippen bohrten. Als ich aufstehen wollte, stellte ich fest, dass ich an Händen und Füßen gefesselt war und mich kaum bewegen konnte. Das raue Seil scheuerte mir die Handgelenke und die Füßknöchel wund.
    Ich versuchte mich in meinem eng begrenzten Blickfeld zu orientieren. Am Rand eines Gehölzes standen einige Dutzend gesattelte Pferde, die Fußfesseln trugen, damit sie nicht weglaufen konnten. Und dann sah ich noch ein hellgelbes Banner mit einem blauzüngigen Löwen, das mir zwar bekannt vorkam, das ich in meinem Zustand aber noch nicht richtig einzuordnen wusste.
    Ich hörte wie aus weiter Ferne Stimmen, die offenbar Englisch und Walisisch sprachen. Als ich mich auf die andere Seite drehte, blickte ich in das Gesicht eines Mannes, der mich mit kalten blauen Augen musterte. Er hatte rotes Haar, ein durch schlecht verheilte Pockennarben entstelltes Gesicht und einen roten Schnauzbart. Neben ihm lag ein Helm mit einem schwarzen Federkamm.
    Und dann fiel mir alles wieder ein.
    »Na, wieder wach?«, sagte er. Sein Französisch hatte einen schweren Akzent.
    Mein Mund war so trocken, dass ich keinen Ton herausbrachte.
    »Wisst Ihr, wer ich bin?«, fragte er.
    »Bleddyn«, stieß ich hervor und musste heftig husten. »Bleddyn ap Cynfyn – der, der König von Gwynedd genannt wird.«
    Er hielt eine Lederschnur in der Hand, an der ein kleines Bronzeobjekt hing, das ich sofort erkannte. Jetzt erst fiel mir auf, dass mein Hals nackt war. Bleddyn hatte mir nämlich nicht nur das Zehenglied des heiligen Ignatius abgenommen, sondern auch das Silberkreuz, das schon seit einer halben Ewigkeit dort hing, das ich fast vor jeder Schlacht geküsst und das mir so häufig Beistand geleistet hatte.
    »Ein schönes Stück«, sagte Bleddyn, während er das Metallkästchen inspizierte. Er öffnete es und versuchte die Schriftzeichen auf dem Pergamentstreifen zu entziffern. Doch entweder hatte er schlechte Augen, oder aber er war mit der kunstvollen Schrift überfordert, wenigstens machte er das Kästchen schnell wieder zu und hängte sich die Schnur um den Hals. »Sieht ganz so aus, also ob Euer Heiliger Euch im Stich gelassen hätte, Tancred.«
    Ich schluckte, um meine Stimmbänder zu befeuchten. »Woher kennt Ihr meinen Namen?«
    Auf seinem Gesicht erschien ein Lächeln, und ich konnte seine elfenbeinweißen Zähne sehen. »Wer kennt ihn denn nicht: den großen Tancred a Dinant, den Mann mit dem Falkenbanner? Ich weiß viel über Euch, zum Beispiel, dass Ihr dabei wart, als mein Bruder in der Schlacht durch die Hand eines Mörders gefallen ist.«
    Wie es schien, eilte mir auch hier wieder ein gewisser Ruf voraus. Dann kehrte allmählich meine Erinnerung zurück. Ich sah den Waldweg wieder vor mir, unseren Rückweg, den Angriff. Wären wir doch nur nicht von der Hauptstraße abgebogen, oder hätten wir doch nur die längere Route weiter östlich über Deorbi gewählt. Wenn Robert nicht so starrköpfig gewesen wäre, hätte ich mich jetzt nicht in dieser misslichen Situation befunden.
    »Was ist mit den anderen?«, fragte ich ebenso neugierig wie ängstlich. »Sind sie tot?«
    Er zögerte kurz, wusste offenbar nicht recht, was er sagen sollte, woraus ich schloss, dass sie ungeschoren davongekommen waren. Wenigstens eine Sorge weniger, vorausgesetzt, dass ihnen wirklich nichts passiert war. Blieb nur zu hoffen, dass sie es irgendwie schaffen würden, sich nach Eoferwic durchzuschlagen.
    »Wir haben genau das bekommen, was wir wollten«, sagte Bleddyn. »Alles andere interessiert mich nicht. Tatsächlich muss ich Euch sogar dankbar sein, dass Ihr es uns so leichtgemacht habt.«
    »Leichtgemacht?«
    »Wir sind Euch schon seit Amwythic gefolgt, dem Ort, den ihr Scrobbesburh nennt. Als Ihr Euch dann auch noch für diesen Waldweg entschieden habt, wussten wir, dass Gott mit uns ist.«
    Es war also nicht

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