Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Die Ritter des Nordens

Die Ritter des Nordens

Titel: Die Ritter des Nordens Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: James Aitcheson
Vom Netzwerk:
rammte ich den Dolch in den Bauch; gleichzeitig verpasste ich dem Zweiten mit der Breitseite des Schwertes eine solche Rückhand mitten ins Gesicht, dass er rücklings ins Wasser stürzte. Jetzt blieb nur noch Wulf, der deutlich weniger Mut als Muskeln besaß. Er sah mich mit schreckgeweiteten Augen an und wandte sich zur Flucht; dabei stolperte er jedoch über seine eigenen Beine. Bevor er sich wieder aufrappeln konnte, traf ihn meine Waffe am Hinterkopf.
    Der Bursche, den ich zuerst erwischt hatte, umklammerte seine grässlich zugerichteten Beine und brüllte vor Schmerz. Im nächsten Augenblick stand ich vor ihm, blickte noch einmal in seine angstgeweiteten Augen, bevor ich ihm mit der Spitze der Klinge die Gurgel aufschlitzte und ihn so zum Schweigen brachte.
    Dann war ringsum wieder alles still – bis auf das Gezeter einiger Moorhühner, die sich offenbar in ihrer Nachtruhe gestört fühlten. So stand ich da und versuchte, mein Keuchen zu unterdrücken, während ich hoffte, dass die Posten oben auf der Stadtmauer nichts von den Geschehnissen und den Schreien hier unten im Sumpf mitbekommen hatten. Doch ich hörte keine Stimmen. Die Wachen würden ohnehin bald mit anderen Dingen beschäftigt sein; denn das Feuer breitete sich jetzt rasend schnell in den fünf Schiffen aus, und die Flammen schlugen bereits oben aus den Rümpfen.
    Nun musste sich zeigen, ob mein Plan aufging. Ich betastete meine Stirn; noch war sie frei von Schweiß. Doch ich wusste nur zu gut, dass es jetzt erst richtig losging und dass noch viel Blut fließen musste, bevor diese Nacht überstanden war.

Achtundzwanzig
    •
    W ie ich es beabsichtigt hatte, blieben die brennenden Schiffe nicht lange unbemerkt, und schon bald schlugen die Posten oben auf der Mauer Alarm. Natürlich hatten die fünf Schiffe an sich keine so große Bedeutung, doch für einen Dänen war sein Schiff ebenso wichtig wie für einen Normannen das Streitross. Jetzt hing alles davon ab, was der Feind als Nächstes tun würde.
    Gottlob wurden meine Erwartungen nicht enttäuscht. Unser kleiner Trupp hatte sich inzwischen wieder vollständig versammelt: neun Franzosen und ein Engländer. Wir hatten uns im Schilf versteckt und beobachteten, wie immer neue Gruppen feindlicher Bewaffneter durch den Morast zu den Schiffen wateten und sich verzweifelt bemühten, die Flammen zu löschen. Als sie endlich begriffen, dass ihre Mühen umsonst waren, versuchten sie wenigstens noch aus den Laderäumen der Schiffe zu retten, was zu retten war. Kriegshörner erschollen, in der Stadt läuteten sämtliche Kirchenglocken Sturm und verursachten einen ohrenbetäubenden, dissonanten Lärm. Dann trafen auch schon die ersten Speerträger ein, die zur Verteidigung der Befestigungen abkommandiert waren; offenbar glaubten die Männer, dass die lichterloh brennenden Schiffe nur den Auftakt eines großen Angriffs markierten. Ihre Helme und Speerspitzen funkelten im Widerschein des Feuers. Ungläubig starrten sie in die Flammen oder hielten in der hügeligen Landschaft westlich der Stadt nach feindlichen Truppen Ausschau. Wir hingegen krochen im Schutz des Nebels auf Beferlic zu.
    Bei den Lagerhäusern und Fischerhütten direkt vor der Stadt angekommen drehten wir uns nochmals um und sahen von Weitem die Schiffe. Die Flammen hatten sie bereits verschlungen, nur noch das Gerippe der Spanten war übrig. Um uns her überall aufgeregte Stimmen, Kommandos und Hundebellen: ein Durcheinander, das die ganze Stadt abrupt aus dem Schlaf gerissen hatte. Jarle und Thane brüllten Befehle, versuchten – meist vergeblich –, ihre Gefolgsleute hinter ihren Bannern zu versammeln. Männer schwenkten Fackeln, Speere und Saxe, fuchtelten mit Schwertern und Messern und mit langstieligen Streitäxten herum, manche nur halb bekleidet, andere in Eisen- oder Lederrüstungen; sie stürzten aus den Häusern, in denen sie Quartier bezogen hatten, rannten kreuz und quer durcheinander. Dank des Aufruhrs ringsum konnten wir uns im Schatten der Häuser beinahe unbemerkt in die Stadt schleichen und näherten uns so allmählich dem Kloster, das um das Münster herum angelegt war. Angesichts der vielen Menschen, die unterwegs waren, konnten wir natürlich nicht völlig unbemerkt bleiben, und ein- oder zweimal glaubte ich schon, dass die Männer, die uns gerade entgegenkamen, Verdacht geschöpft hatten und uns ansprechen würden. Doch der Mensch sieht nur das, was er sehen will, und in jenem Augenblick hatten diese Männer offenbar

Weitere Kostenlose Bücher